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bestimmen; bei Tage kann man sieb der Küste bis auf eine Seemeile nähern;
man sollte jedoch die Vorsicht gebrauchen, dafs man ein Boot zum Btigsireu
bereit hält; dieses kann auch innerhalb der Strafse bisweilen von grofsem
Nutzen sein. Der Lotse schickt sein Boot, welches übrigens zum Bugsiren auch
nicht geeignet ist, gewöhnlich fort, wenn man die Absicht kund giebt, auf der
Rhede von Banjoewangi zu ankern. Die Bali-Küste halte man bis Tanjong
Passier und steche dann quer hinüber nach der ./«»«-Küste, wo man bei der
Durchsegelung der Strafse den wenigsten Gegenstrom findet.
Um einen Lotsen erhalten zu können, sollte der Schiffsführer stets dafür
sorgen, dafs er das Lotsgeld baar an Bord hat, denn bevor nicht dieses
bezahlt ist, tritt kein Lotse den Dienst an. Kine Anweisung auf den Ablader
wird nicht angenommen, nachdem es öfters vorgekommen ist, dafs dieser die
Zahlung verweigert hat.
Hinsichtlich der Manövriruug darf man sich nicht zu sehr auf die Lotsen
verlassen. Sie benutzen nicht immer jede Gelegenheit, um die erreichte Position
festzuhalten, und dies ist oftmals mit die Ursache, weshalb die Durchsegelung
der Strafse eine so lange Zeit in Anspruch nimmt. Auch wir würden die Rhede
von Banjoewangi noch nicht am 13. Januar erreicht haben, wenn ich den Lotsen
hätte gewähren lassen. Dieselbe Erfahrung machte ein norwegischer Kapitän,
der zu gleicher Zeit mit uns in der Strafse war. Wenn nun auch ein Schiffs
führer, zum Wenigsten wenn er die Durchfahrt zum ersten Male macht, die
Hilfe eines Lotsen nicht wohl entbehren, und ein geschickter Lotse auch viel
dazu beitragen kann, dafs ein Schiff rasch hindurch kommt, so glaube ich doch,
dafs die Schiffe noch gröfseren Nutzen von einem, wenn auch nur kleinen
Schleppdampfer haben würden. Wahrscheinlich würde derselbe hier in der
Bali Strafse auch einen guten Verdienst linden.
Die Durchsegelung der Strafse kann nur mit der südlich setzenden Flutli 1 )
geschehen. Hat man Banjoewangi-Bha&Q erreicht, so sollte man stets das Ende
der Ebbe ab warten, bevor man Anker auf geht. Auch sollte man nur den Tag
zur Durchsegelung benutzen und mit Einbruch der Nacht auf der Rhede zu
Anker gehen, selbst wenn um diese Zeit die Flutli einsetzen sollte. Es ist
öfters vorgekommen, dafs Kapitäne, welche gegen die Warnung der Lotsen
bei Nacht die Durchsegelung versuchten, sich am nächsten Morgen bis nördlich
von der Strafse zurückgetrieben fanden und nun genötliigt waren, zum zweiten
Male einen Lotsen zu nehmen. Der Ankergrund an der Jana-Küste beginnt
schon bei dem grofsen Baum; man wird aber, nachdem hier geankert ist,
natürlich jede Gelegenheit benutzen, um einen weiter südlich gelegenen Anker
platz zu erreichen und solcher Weise die Reise zu befördern. Wie schon
bemerkt, mufs man dabei immer die ./«»«-Küste halten, weil in deren Nähe der
Gegenstrom am schwächsten ist. Die Durchsegelung ist am leichtesten zur Zeit
der Springfluthon; je näher dem ersten oder letzten Mondsviertel, desto weniger
Aussicht hat man, mit einer Flulh den Ausgang der Strafse zu gewinnen.
Ebenso schwierig, wie die Durchsegelung der Bali Strafse von Nord nach
Süd zur Zeit des Westmonsuus ist, soll im Ostmonsua die Durchfahrt von Süd
nach Nord sein. Hier möchte sich nach Allem, was ich in Erfahrung bringen
konnte, vielmehr die Lombok Strafse empfehlen. Wie schwierig es aber ist,
durch diese Strafse im Westmonsun von Nord uach Süd zu kommen, beweist
noch wieder der kürzlich vorgekommene Fall einer deutschen Bark, welche acht
Tage lang gegen die hier angetroffenen widrigen Umstände ankämpfte und
scliliefslich doch noch genöthigt war, wieder nach der Bali Strafse zurück
zusegeln.
(Alle Richtungen sind rechtweisend, wenn nicht ausdrücklich anders an
gegeben ist.)
1) Kapt. M. Martens (s. „Alm. d. Ilvdr. etc.“, 1881, pag. 441) bezeichnet den südlich
setzenden Strom als Ebbe, was wahrscheinlich richtiger ist.