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wird, „dafs man wegen der öfteren Anwendung des Transporteurs keine
gar grofse Genauigkeit bei dieser Arbeit suchen dürfe.“ — Fiir die rein
geometrische Konstruktion, welche zum Anträgen gegebener Winkel des Trans
porteurs nicht bedarf, hat man hier, gleichzeitig mit der folgenden Konstruktion
von Müller, zum ersten Male (abgesehen von der ganz andern Cassini’schen
Konstruktion) den gesuchten Punkt mittelst des Durchschnitts zweier geraden
Linien, in dem nun auch der Collins’sche Hülfskreis entbehrlich geworden ist.
Dasselbe Verfahren, wobei nur am Schlüsse einfacher gesagt wird: mache
CDB — ß, pflegt jetzt im Englischen „The Straîght Line Projection“ genannt
zu werden, zum Unterschiede von der alten Methode der „Projection by Circles“.
(The Sailor’s Pocket Book: By Capt. F. G. D. Bedford, R, N., 3. Edit.
Portsmouth 1877, pag. 211.)
1777, F. C. Müller. Dieselbe Konstruktion, nur noch etwas vollkommener,
indem auch ohne Transporteur die durch die Richtungen der gesehenen Ob
jekte des Feldes gebildeten Winkel zuerst auf einem besonderen Blatte kon-
struirt, und von dort auf die Figur des Mefstiaches übertragen werden, zur Er
langung des Collins’sehen Hülfspunktes. Der Titel des Müller’scheu (von der
Universitäts-Bibliothek in Tübingen entlehnten) Buches ist: „Friedi*. Christoph
Müller, vom Gebrauch der Taschenuhren zu geometrischen Messungen und
insbesondere zum Aufnehmen militärischer Situationscharten.“ Berlin und
Leipzig 1777; 215 Seiten nebät 10 Kupfertafeln. Das auf dem 'Titel bezeichnete
Uülfsmittel der Taschenuhr ist nach des Verfassers Aeufserung (pag. 50) nur
gewählt, um die Leser nicht von dem Hauptinhalte der noch später zu er
wähnenden gründlichen theoretischen und praktischen Untersuchungen des Buches
abzuschrecken; denn die Taschenuhr kommt nur ganz beiläufig (pag. 66—80)
in Betracht, theils um das Zifferblatt der Uhr in Ermangelung eiues besseren,
eingetheilten Kreises zu ungefähren Winkelmessungen zu benutzen, theils um
die Richtung der Mittagslinie mittels der Uhr ungefähr zu finden. Letzteres
geschieht dadurch, dafs die Uhr, mit der Zahl XII nach oben gehalten, unter
einem Winkel, gleich dem Komplement der Polhöhe, gegen den Horizont geneigt
wird, und der Beobachter sich dann dreht, bis der Schatten des kleinen Zapfens,
der die Zeiger trägt, in die Richtung fällt, welche der Hälfte der gegebenen
Tageszeit entspricht; dann soll der Punkt XII des Zifferblattes dem Beobachter
die Richtung des Meridians anzeigen. Der Verfasser erklärt dies auch sehr
einfach, wie damit die Taschenuhr in eine Aequinoktial-Sonnenuhr verwandelt
werde, indem der senkrecht zum Zifferblatt stehende Zapfen, welcher den
Schatten giebt, parallel zur Erdachse gerichtet wird. Die Halbirung aber der
Tageszeit ist erforderlich, weil auf dem Zifferblatte die Stundenzahlen um 30°
(statt 15° auf der Sonnenuhr) von einander entfernt stehen. Bei südlicher De
klination der Sonne wird noch (pag. 63) bemerkt, müsse man das Zifferblatt
über sich, also zur Erde gewendet halten. Dies Verfahren, als eine leichte
Regel, die Weltgegcnden mittelst der Taschenuhr ungefähr zu bestimmen, wobei
es auf eine geringe Anzahl von Graden nicht ankommt, scheint sich sogar durch
Tradition fortgepflanzt zu haben. 17 } Der Verfasser hätte noch binzufügeu können,
dafs die Taschenuhr ebenfalls zur uugefähren Schätzung einer Sonnenhöhe zu
gebrauchen sei, wenn das Zifferblatt in der Vertikalebene zur Sonne gehalten,
und der Schatten des Zapfens beobachtet wird. Man hat von demselben Ver
fasser, der zuletzt Prediger in Schwelm, auch Mitglied der Berliner Akad. d.
Wissenseh. und ein sehr gewandter Geometer war, eine trigonometrische Ver
messung der Grafschaft Mark; 18 ) ferner ein früher sehr verbreitetes Buch:
„Tafeln der Sonnenhöhen für ganz Deutschland, nebst einem in Kupfer ge
stochenen Sextanten“, Leipzig 1791, woraus jetzt noch die kompendiöser ein
gerichtete Schrift entstanden ist: „Belehrung über die Anwendung des Sextanten
zur Stellung der Uhr nach der Sonne“ von Brandegger, 4. Auf!., Ellwangen
1853, mit Beigabe eiues aus Messing sehr zweckmäfsig konstruirten, von Grad
U) Nach einer Mittheilung von Herrn Direktor Meissei wurde diese Regel ab bekannt bei
Bergleuten zu Iserlohn angetroffen.
18) Deutsche Abh. der Berliner Akad. d. W. für 1788—89, pag. 91—142. Der Plan zu
dieser Vermessung ist von Müller ansgeffthrt nach Bugges Beschreibung der Ausmessungsmethode,
welche bei den Dänischen geographischen Karten angewandt wurde.
Arm. d. Hy&r. etc., 1882, Heft IX,
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