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Ueber die Reise vonSingapore nach Europa während desSW-Monsuns.
Von Kapitän W. (Üutkese, Vorsteher <ler Hauptagentur Her Seewarte zu Bremerhaven.
(Mittheilung von der Devtschen Seewarte.)
Einem Sogeischiffe, welches in der Zeit von Mai bis Oktober die Heimreise
von Singapore anzutreten hat, stehen zwei ganz entgegengesetzte Wcgo offen,
um den SE-Passat im Indischen Ocean zu erreichen. Heide Routen haben ihre
grofsen Schattenseiten. Die Segclhandbiicher geben hinsichtlich derselben weder
positive Vorschläge, noch ertheileu sie einen Rath.
Wählt inan die Route durch die A/a/acca-Strafse, so hat man zu dieser
Jahreszeit, aufser manchen Windstillen und heftigen Böen, doch gröfstentheils
einen südlichen Wind, womit man die Reise bis Kap Atschin ziemlich rasch
machen kann. Um dann aber westlich und südlich von Kap Atschin zu kommen,
wo der SW-Monsun oft mit voller Kraft weht und ein starker Strom nach
Norden setzt, hat man oft eine beschwerliche und langwierige Reise, bevor der
SE-Passat erreicht wird.
Geht man durch die China-See südwärts und durch eine der Strafscn
nach der SwnfZa-Strafse, so hat man auf dem ganzen Wego gegen einen südlichen
resp. südöstlichen Monsun und einen nördlichen Strom auzukämpfen, wodurch
die Reise auch sehr verzögert wird.
Da ich in verschiedenen Jahren auf beiden Routen die Reise gemacht
habe, dürfte es für den Kapitän, welcher in die Lage kommt, eine Route wählen
zu müssen, von Interesse sein, eine genaue und ausführliche Beschreibung der
beiden Reisen bis zum SE-Passat im Indischen Ocean zu haben. Es sind beides
anstrengende Reisen, da jede kleine Aenderung des Windes zu jeder Zeit sofort
ausgenutzt werden mufs, wenn dies durch Wenden zu erreichen ist, ebenso
muss sofort geankert werden, selbst auf tiefem Wasser, wenn der Strom das
Schiff zurücktreibt, da man sonst in wenigen Stunden verliert, was man mit
grofser Mühe während oines halben Etmals aufgekreuzt hat. Es ist deshalb
sehr zu empfehlen, eine leichte Landfestkette mit einem leichten Anker fertig
zu haben, da Trossen auf dem felsigen Boden bei dem Strom sehr leiden und
auch ganz durchgeschnitten werden.
I. Südliche Route von Singapore durch die China-See nach der Sumla-Strafse.
1856 August 4. Nachts 4 Uhr gingen wir mit einer westlichen Böe
von Singapore unter Segel, waren jedoch kaum aus dem Bereiche der Schiffe,
als der Wind nach SE umsprang. Wir kreuzten des Nachts mit kurzen Gängen
ostwärts, wobei wir uns auf mehr als 33m (18 Fad.) Tiefe hielten, um frei von
den Jo/torr-Riffen zu bleiben. Mit Tagesanbruch peilten die Romania-Inseln
NOzO 10 Sm entfernt.
Aug. 5 u. 6. Kreuzten bei SE-Wind nach Peilungen von Pedra Branka,
Barhucit und Bintanghill aus der Strofse; am Mittag des 6. August standen
wir auf 1° 20' N-Br und 104° 43' O-Lg.
Aug. 7. Mit Tagesanbruch lief der Wind nach SW und SSW. Wir
legten das Schiff über B. B. Waren Mittags auf 0° 55' N-Br und 106° 1' O-Lg;
hatten in den letzten 24 Stunden 30 Sm Strom nach NNW. Nachmittags lief
der Wind wieder nach SSE, mäfsige Briese. Abends 8 Uhr Wind Süd, wendeten
westwärts. Nachts oft sehr flau. Legten immer über den Bug, welcher das
meiste Süd brachte.
Ang. 8. Mittags in 1° 4' N-Br und 106° 25' O-Lg, hatten eine Strom
versetzung von 42 Sm nach NNE. Nachmittags kam eine schlanke Briese aus
SSE und SE durch, womit wir am 9. und 10. südwärts kreuzten.
Ang. 11. Peilten Mittags. East Domino SSW 10 Sm entfernt. Immer
noch mäfsige südöstliche Briese, kreuzten unter der Insel Lingu nach Süden.
Abends 6 Uhr peilten die SO-Spitze derselben SSW'/iW 9 Sm entfernt. Während
der Nacht wie gewöhnlich der Wind flau.
Aug. 12. Mit Tagesanbruch fanden wir, dafs der Strom uns nach NE
versetzt hatte. Um 9 Uhr Morgens etwas mehr Wind; kreuzten bis 11 Uhr
Abends, zu welcher Zeit Windstille eintrat. Merkten am Loth, dafs der Strom
nördlich setzte, ankerten daher in 40m (22 Fad.). Fanden um 1 Uhr Nachts
nach dem Logg einen Strom von 2 Sm nach NNE.