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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 10 (1882)

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Zweck die Erforschung der Eisverhältnisse im Süden von dem sogenannten 
Oillis-Land,*') um die Möglichkeit eines Vordringens von dieser Stelle aus gegen 
Nordosten hin für eine zweite Expedition klar zu legen. 
Pas Expeditionsschiff war der „Isbjörnein völlig neues Segelschiff von 
50 Tons, welches unter der Führung des norwegischen Kapitäns Kjölsen mit 
8 Mann Besatzung eigens zu diesem Zwecke gechartert war. Die Expedition 
verliefe am 21.JuBi 1871 Tromsö; am 28. wurde in 73° 40'N-Br und 21° O-Lg 
das erste Eis angetroflfen, in welchem das Schiff vom 30. Juni bis 10. Juli fest 
lag; von diesem Tage wurde längs des Eises, bald innerhalb, bald aulserbaJb 
der Eiskante, nach Osten gesteuert, aber erst am 19. August erreichte das 
Schiff //ope-Insel (in 76'/2° N-Br und 25° O-Lg), welche sich als frei von Eis 
erwies; von hier drang der „Isbjörn“ am 21. August weiter in das Eis hinein 
und erreichte am 1. September seine höchste Breite, ca 78’/*° in 42'/*° O-Lg.*) 
Wegen der Kürze der dieser Expedition vorgeschriebenen Zeit und danach 
bemessenen Ausrüstung, ferner wegen steifen Gegenwindes aus Nord und dicken 
Nebels mufete das Schiff umkehren, wobei es fortwährend gegen schwere Stürme 
ankämpfen mufete. Am 14. September befand sich das Schiff vor Matotschkin 
Schar, passirte am 24. das Nordkap und ankerte am 4. Oktober in Tromsö.*) 
Da, wie oben erwähnt, der Hauptzweck dieser Expedition die Unter 
suchung der Eisverhältnisse in dem Meere östlich von Spitzbergen, zwischen 
dieser Insel und Nowaja-Semlja (dein Barents- oder Nowaja Senilja - Meere) 
war, so konnten die Lothungen und Tiefseetemperatur - Messungen nur als 
Nebenzweck und über den weiten von dem „Isbjörn“ durchfahrenen Raum 
zwischen 72°—78° N-Br und 18°—58° O-Lg sehr vereinzelt ausgeführt werden. 
Indessen hat Weyprecht 29 Lothungen mit TemperaturmessuDgen (an Millcr- 
Casella’schen Tiefseethermometern) genommen, welche wir hier (von West 
nach Ost geordnet) nach den Originalangaben in Petermann’s „Mittheilungen“ 
1878, pag. 345—347, nebst der vom 20. Juli 1872, in Tabelle I wiedorgeben. 
(Die fett gedruckten Zahlen bedeuten Bodentiefen.) 
Diese Lothungen ergeben zunächst, dafe das Meer zwischen der Südspitze 
von Spitzbergen, dem Nordkap Europa’s, Nowaja-Semlja und Franz Josef-Land 
ein Flachmeer ist. Die gröfete in diesem Gebiete gelothete Tiefe ist 400 m 
(s. No. 12). Wenn auch die Lothungen des „Isbjörn“ nur lückenhaft und 
unregelmässig vertheilt sind, so läfet sich doch mit einiger Sicherheit schliefeen, 
„dafe gröfeere Tiefen, als vielleicht höchstens 500m in diesem Meere nicht Vor 
kommen“ (s. a. a. 0.). 
Von Spitzbergen herab schiebt sich wie ein Keil eine Bodenerhebung, 
die in der Bären-lnsel ihren Absehlufs findet, aber wechselnde Tiefen hat. 
Die Temperaturmessungen zwischen der Bären-lnsel und Finnmarken 
(No. 2 und 3) ergeben, dafe das Bodenwasser auf dieser Strecke noch über 0° 
erwärmt ist; dies findet auch seine Bestätigung in der Temperaturmessung von 
Leigh Smith am 1. Juli 1871, welcher in 73° 27' N-Br und 20° 21' O-Lg in 
457m Bodentiefe eine Temperatur von 0,6° fand (s. diese Annalen pag. 332). 
Von dieser Linie zwischen den Meridianen von 20° — 28° Ost an sinken 
gegen Osten hin die Wassertemperaturen; unter das obere über 0® erwärmte 
Wasser schiebt sieh eiskaltes Wasser hinab, und die Schicht mit wärmerem 
Wasser (über 0°) wird immer dünner, je weiter man nach Norden und Osten 
vordringt. 
„Ueber die Lage der 0°-Isotherme geben die Messungen No. 21, 22, 24, 
25, 27—29 Aufschlufe. Sie fällt bei der südwestlichsten Lothung (No. 24) in 
142m, 2 i * * * S) li° nördlicher von dieser Stelle in 95m (No. 10) und abermals 2'/s° 
nördlicher in ungefähr derselben Länge (No. 21) in 20m. Wie rasch sie sich 
1) Der holländische Schiffskapitän Cornelis Dickzoon Gillis sichtete i. J. 1707 nicht 
weit von der Nordost-Insel von Spitzbergen ein sehr hohes Land, welches seitdem GtMis-ljand ge 
nannt wurde; bis jetzt ist aber dieses Land von keinem Seefahrer mit Sicherheit wieder erkannt 
worden. Petermann setzte es in ca SD/* 6 N-Br und 36° O-Lg (s. „Gcogr. Mitth.*, 1872, pag. 112); 
nach der von CI. Markham als richtig nachgewiesenen Karte von van Keulen mfifste Gäus-Land 
indessen in ca 80° N-Br liegen (vgl. von Hcllwald: „Inj ewigen Eis“, 1881, pag. 391). 
*) Diese Breite ist, anfser bei WettspÜzhergen, die bis 1871 von einem Segelschiff erreichte 
höchste Breite im arktischen Gebiet. 
S) S. Petermann’s „Geogr. Mitth.“, 1871, pag. 457—463.
	        
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