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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 10 (1882)

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ersteren. Die längs der Nordgrenze des Golfstromes von Virginien horauf- 
koinmende» Depressionen scheinen wenig Tendenz zu besitzen, ihre Bahn nord- 
ostwärts nach Island oder gar Grönland fortzusetzen, sondern biogen der Mehrzahl 
nach am 43. Breitengrad ostwärts, wahrscheinlich weil sie gröfstentheils bei 
Zuständen auftreten, wo das Luftdruck-Maximum, das die Nördgrenze des Passats 
bildet, verhältnifsmäfsig weit südlich liegt. 
Zwei in ihrem westlichen Tkeile ziemlich stark frequentirte Zugstrafsen 
von Depressionen führen nach unserer Karte von Amerika in die Nähe des 
Kanals hinüber; diese häufig nur einseitig entwickelten und nach Norden offenen 
Wirbel sind es, welche die Schiffe auf der direkten Route zwischen dem Kanal 
und den nördlichen Häfen der Vereinigten Staaten passiren, und das Fort 
schreiten dieser Depressionen von West nach Ost bewirkt, dafs die Schiffe auf 
der Reise uach Amerika, wo sic den Depressionen entgegenfahren, weit raschere 
regp. häufigere AVechsel der Windrichtung erfahren, als auf der Rückreise, wo 
sie mit denselben in gleicher Richtung fortschreiten. Im allgemeinen Durch 
schnitt brauchen die barometrischen Minima 6 Tage, um vom TOsten nach dem 
lOten Meridian zu kommen, die transatlantischen Postdampfer 9—10 Tage. 
Doch ist die Geschwindigkeit, mit welcher steh die Minima bewegen, auf dem 
Ocean ebenso verschieden, wie auf dem Kontinente; man begreift, dafs häufig 
Dampfer, von Amerika kommend, mit Wirbelcentren längere Zeit um die Wette 
gelaufen und in manchen Fällen diese weit überholt haben, während gleichzeitig 
auf Dampfern, die ihnen entgegenkamen, so aufserordentlich rapide Schwankungen 
im Luftdruck beobachtet wurden. So z. B, gehen wir den 5.-6. Februar 1878 
auf dem westwärts gehenden Dampfer „Donau“ das Barometer in 12 Stunden 
35mm fallen uud in den nächsten 12 Stunden 26‘/ämm steigen, während in 
demselben Meerestheile auf dem ostwärts dampfenden „ Wieland“ das Barometer 
vom Nachmittag des 5. bis zum Abend des 7. anhaltend den niedrigen Stand 
von 717 bis 727mm behält, zuerst bei NE-Sturm, dann bei frischem Ostwind, 
indem der „ Wieland“ stets in geringer Entfernung vom Minimum auf der Nord- 
und Nordostseito desselben blieb. 
Die von Herrn Kapt. Hegemann in der oben citirten Arbeit ventilirte 
Frage bezüglich der Aufsuchung der nördlichen Seite der Depressionen durch 
die von Europa nach Amerika segelnden Schiffe entscheidet sich, soweit die 
beiliegende Karte ein Urtheil zu begründen vermag, dahin, dafs die Wahr 
scheinlichkeit des Antreffens östlicher Winde in den Breiten 40°—63° Nord 
auf der Mitte und dem westlichen Tkeile des Oceans am gröfsten sein dürfte 
längs einer Linie, welche die grofse Zugstrafse der Depressionen resp. die 
Meridiane 30° bis 36° West zwischen den Parallelen von 50° und 57° Nord 
schneidet; weiter nördlich wird man in der Regel unter dem Einflüsse eines 
im Norden liegenden Minimums stehen, also mit Gegenwind ebenso viel zu 
kämpfen haben, wie zwischen 40® und 50° Breite. 
Die Thatsacke, dafs die Mehrzahl der Wirbelcentren von Amerika ihren 
Weg über Grönland und Island nehmen, hat Herrn Iloffmeyer veranlafst, die 
Organisation eines telegraphischen Witterungsdienstes in Bezug auf den Nord 
atlantischen Ocean Voranschlägen, indem er nachwies, dafs wir uns aus Tele 
grammen von den Kontinenten und Inseln an und in diesem Ocean ein ziemlich 
vollständiges Bild über die augenblicklichen atmosphärischen Zustände auf dem 
selben bilden könnten, welches sowohl für die Wetterprognose in Europa, als 
für die Wahl der Routen für ausgehende Schiffe von grofser praktischer Be 
deutung werden könnte. 
Trotz der grofseu Mannigfaltigkeit der Depressionsbahnen in Europa und 
der Abwesenheit solcher Zugstrafsen daselbst, welche sich einer durchschnittlich 
ähnlich starken Frequenz erfreuen, wie jene auf dem Ocean und in Nordamerika, 
zeigen die Minima auch hier oft durch Zeiträume von mehreren Wochen hin 
durch die Tendenz, eine bestimmte Strafse zu verfolgen, so dafs der Typus der 
Vorgänge einige Zeit hindurch derselbe bleibt. Dieses ist namentlich dem 
grofsen Beharrungsvermögen zu verdanken, welches die barometrischen Maxima 
über Europa und dem östlichen Theile des Oceans besitzen, und durch welches 
auch die Depressionen für längere Zeit in bestimmte Bahnen gedrängt werden. 
Während über Nordamerika die meisten Maxima ungefähr ebenso rasch wandern, 
wie die benachbarten Minima, walten in Europa die stationären Maxima durchaus
	        
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