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ersteren. Die längs der Nordgrenze des Golfstromes von Virginien horauf-
koinmende» Depressionen scheinen wenig Tendenz zu besitzen, ihre Bahn nord-
ostwärts nach Island oder gar Grönland fortzusetzen, sondern biogen der Mehrzahl
nach am 43. Breitengrad ostwärts, wahrscheinlich weil sie gröfstentheils bei
Zuständen auftreten, wo das Luftdruck-Maximum, das die Nördgrenze des Passats
bildet, verhältnifsmäfsig weit südlich liegt.
Zwei in ihrem westlichen Tkeile ziemlich stark frequentirte Zugstrafsen
von Depressionen führen nach unserer Karte von Amerika in die Nähe des
Kanals hinüber; diese häufig nur einseitig entwickelten und nach Norden offenen
Wirbel sind es, welche die Schiffe auf der direkten Route zwischen dem Kanal
und den nördlichen Häfen der Vereinigten Staaten passiren, und das Fort
schreiten dieser Depressionen von West nach Ost bewirkt, dafs die Schiffe auf
der Reise uach Amerika, wo sic den Depressionen entgegenfahren, weit raschere
regp. häufigere AVechsel der Windrichtung erfahren, als auf der Rückreise, wo
sie mit denselben in gleicher Richtung fortschreiten. Im allgemeinen Durch
schnitt brauchen die barometrischen Minima 6 Tage, um vom TOsten nach dem
lOten Meridian zu kommen, die transatlantischen Postdampfer 9—10 Tage.
Doch ist die Geschwindigkeit, mit welcher steh die Minima bewegen, auf dem
Ocean ebenso verschieden, wie auf dem Kontinente; man begreift, dafs häufig
Dampfer, von Amerika kommend, mit Wirbelcentren längere Zeit um die Wette
gelaufen und in manchen Fällen diese weit überholt haben, während gleichzeitig
auf Dampfern, die ihnen entgegenkamen, so aufserordentlich rapide Schwankungen
im Luftdruck beobachtet wurden. So z. B, gehen wir den 5.-6. Februar 1878
auf dem westwärts gehenden Dampfer „Donau“ das Barometer in 12 Stunden
35mm fallen uud in den nächsten 12 Stunden 26‘/ämm steigen, während in
demselben Meerestheile auf dem ostwärts dampfenden „ Wieland“ das Barometer
vom Nachmittag des 5. bis zum Abend des 7. anhaltend den niedrigen Stand
von 717 bis 727mm behält, zuerst bei NE-Sturm, dann bei frischem Ostwind,
indem der „ Wieland“ stets in geringer Entfernung vom Minimum auf der Nord-
und Nordostseito desselben blieb.
Die von Herrn Kapt. Hegemann in der oben citirten Arbeit ventilirte
Frage bezüglich der Aufsuchung der nördlichen Seite der Depressionen durch
die von Europa nach Amerika segelnden Schiffe entscheidet sich, soweit die
beiliegende Karte ein Urtheil zu begründen vermag, dahin, dafs die Wahr
scheinlichkeit des Antreffens östlicher Winde in den Breiten 40°—63° Nord
auf der Mitte und dem westlichen Tkeile des Oceans am gröfsten sein dürfte
längs einer Linie, welche die grofse Zugstrafse der Depressionen resp. die
Meridiane 30° bis 36° West zwischen den Parallelen von 50° und 57° Nord
schneidet; weiter nördlich wird man in der Regel unter dem Einflüsse eines
im Norden liegenden Minimums stehen, also mit Gegenwind ebenso viel zu
kämpfen haben, wie zwischen 40® und 50° Breite.
Die Thatsacke, dafs die Mehrzahl der Wirbelcentren von Amerika ihren
Weg über Grönland und Island nehmen, hat Herrn Iloffmeyer veranlafst, die
Organisation eines telegraphischen Witterungsdienstes in Bezug auf den Nord
atlantischen Ocean Voranschlägen, indem er nachwies, dafs wir uns aus Tele
grammen von den Kontinenten und Inseln an und in diesem Ocean ein ziemlich
vollständiges Bild über die augenblicklichen atmosphärischen Zustände auf dem
selben bilden könnten, welches sowohl für die Wetterprognose in Europa, als
für die Wahl der Routen für ausgehende Schiffe von grofser praktischer Be
deutung werden könnte.
Trotz der grofseu Mannigfaltigkeit der Depressionsbahnen in Europa und
der Abwesenheit solcher Zugstrafsen daselbst, welche sich einer durchschnittlich
ähnlich starken Frequenz erfreuen, wie jene auf dem Ocean und in Nordamerika,
zeigen die Minima auch hier oft durch Zeiträume von mehreren Wochen hin
durch die Tendenz, eine bestimmte Strafse zu verfolgen, so dafs der Typus der
Vorgänge einige Zeit hindurch derselbe bleibt. Dieses ist namentlich dem
grofsen Beharrungsvermögen zu verdanken, welches die barometrischen Maxima
über Europa und dem östlichen Theile des Oceans besitzen, und durch welches
auch die Depressionen für längere Zeit in bestimmte Bahnen gedrängt werden.
Während über Nordamerika die meisten Maxima ungefähr ebenso rasch wandern,
wie die benachbarten Minima, walten in Europa die stationären Maxima durchaus