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bilden. Ein ähnlich koniplicirtes Netz zeigt sich indessen auch schon Uber dem
Ocean. Sieht inan von der einen nordwestwärts gerichteten Strafse im NW-
Theile des Oceans ab, so verlaufen die Fäden jenes Netzes in Nordamerika nach
ESE bis NE, über dem Ocean nach ESE bis N, über Europa nach SP! bis N.
Höchst bemerk enswerth sind die Knoten des Netzes, die Konvergenz- und
Strahluugspunkte der barometrischen Minima, besonders da eine nähere Unter
suchung zeigt, dafs in der Gegend derselben die Minima länger zu verweilen
pflegen uud häufig sogar retrograde, d. h. westwärts gerichtete Bewegungen auf
kurze Zeit aunehmeu. Diese Gegenden sind es auch, welche am häufigsten die
Ausbildung stationärer Depressionen und Theilminima zeigen. Alle diese Um
stände wirken natürlich dahin, dafs die Wahrscheinlichkeit, ein barometrisches
Minimum an einem gegebenen Tage anzutreffen, in der Nähe dieser Strahlungs
punkte viel gröfser ist, als in der Umgebung. Das Flächenkolorit unserer
Karte bestätigt dieses. Dasselbe giebt an, wie häufig um 8 Uhr Morgens im
Laufe eines Jahres in der betreffenden Gegend ein barometrisches Minimum
lag, und zwar auf einer Fläche von 5° Breite und 10° Länge oder, da zur
Erreichung der Vergleichbarkeit bei der Zeichnung der Karte alle Zahlen auf
die Breite 50°—55° reducirt sind, von G858 geographischen Quadratmeilen.
Die Gegenden, wo die durchschnittliche jährliche Zahl der Morgenpositionen
auf einer solchen P'läche mehr als 30 betrug, sind als Strahlungsgebiete erster
Ordnung bezeichnet durch Schattirung und Fortlassung der wegen ihrer mannig
fachen Kreuzung und der häufigen Bahnschlingen hier gar nicht festzustellenden
mittleren Zugstrafsen innerhalb derselben. Daneben sind durch Punktirung eine
Reihe von Gebieten hervorgehoben, in welchen zwar die Häufigkeit der Minima
den angegebenen Werth nicht erreicht, welche jedoch durch die vielfachen
Kreuzungen der Bahnen ebenfalls als Anziehungs- und Ausgangspunkte der
Depressionscentren hervortreten und als Strahlungsgebiete zweiter Ordnung
bezeichnet werden können. Unter diesen hat jedoch nur dasjenige im Mittel
meere fast alle wesentlichen Züge jener ersten Ordnung aufzuweisen, nämlich
die relativ zur Umgebung aufserordentlich grofse Häufigkeit der Minima über
haupt und der stationären und unregelmäfsig sich bewegenden insbesondere.
Wir wollen zunächst die Strahlungsgebiete erster Ordnung ins Auge
fassen. Im Bereiche der Karte sind ihrer drei subarktische und drei in der
gemäfsigten Zone. Die ersten drei liegen in der Davis-Strafse, südwestlich von
Island und bei den Lofoden; sie fallen also wesentlich zusammen mit den von
Hoffmeyer nachgewiesenen drei Gebieten niedrigsten Luftdrucks im Winter;
auf den Unterschied, dafs das östliche der drei Strahlungsgebiete bedeutend
südlicher fällt, als das entsprechende Gebiet niedersten mittleren Luftdrucks,
kann kein grofser Nachdruck gelegt werden, da die Lago beider, und insbesondere
des hier verzeichneten Strahlungspunktes, wegen Mangels an Material unsicher
ist. Dieses Zusammenfällen ist, da die Zusammenstellungen ganz unabhängig
von einander gemacht sind, sehr bemerkenswert!!; es beweist, wie die Verhält
nisse des Winters ausschlaggebend sind hierbei, und macht es anschaulich, wie
der niedrige Mittelwerth dos Luftdrucks iu diesen Gegenden durch die häufige
Lagerung tiefer barometrischer Minima daselbst bedingt wird.
Einen wesentlich anderen Charakter zeigen die drei südlichen Strahluugs-
gebiete erster Ordnung bei Neubraunschweig, auf der Mitte des Oceans an der
Nordgrenze des Warmwasserstromes und über dem Skagerrak und den süd
schwedischen Seen. Hier ist der mittlere Luftdruck nicht am niedrigsten,
sondern höher als in den nordwärts unmittelbar angrenzenden Theilen. Um
die Möglichkeit hiervon zu verstehen, mufs man sich vergegenwärtigen, dafs der
Luftdruck in einer grofsen Depression in bedeutender Entfernung vom Centrum
viel niedriger sein kann, als selbst im Centrum einer kleinen Depression. Die
Tendenz eines gegebenen Gebietes, Depressionentren zu beherbergen, steht
also in keinem einfachen Zusammenhänge mit der mittleren Höhe des Luftdrucks
in diesem Gebiet. In den drei nordischen Strahlungsgebieten handelte es sich
vorwiegend um tiefe uud ausgedehnte primäre, d. h. allseitig ausgebildete De
pressionen, bei den drei südlicheren vorwiegend um weit weniger ausgedehnte,
weniger tiefe und ungleichseitig entwickelte Minima, die häufig nur als Rand-
biidungen an gröfseren im Norden liegenden Depressionen auftreten, so dafs sie
Theilminima oder selbst nur Ausläufer repräsentiren, und der sie umgebende