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sieben Stunden. Auch hatten wir einige Tornados, die keinen Regen mit sieh
führten. Der Luftdruck erlitt während des Tornados keine wesentliche Aen-
derung, dahingegen sank die Temperatur der Luft bei denselben mitunter
5° bis 7°. Die nöthige Vorsicht darf natürlich nicht aufser Acht gelassen
werden. Dafs aber ein unter Segel befindliches Schiff bei einem Tornado vor
dem Winde halten und das, namentlich in dieser Jahreszeit so mühsam Ge
wonnene durch meilenweites Zurücksegeln wieder verloren geben sollte — : wdc
solches in Segelhandbüchern empfohlen wird — dazu kann ich nicht rathen.
Aufser in den Tornados hatten wir keinen Regen; auch nur wenig Thau.
In der ersten Zeit unserer Anwesenheit au der Küste von Guinea traten
die Tornados nur vereinzelt, später häufiger und schliefslieh jeden Tag, ja sogar
nicht selten zweimal an einem Tage auf. Vom 20. November an (in Lagos), au
welchem Tage der Harmattan zuerst einsetzte, verloren sie wieder an Häufigkeit.
Der Harmattan war stets von einem unangenehmen Nebel oder Dunst
begleitet, der es nicht gestattet, in einer Entfernung von 1 bis 2 Sm die
Küste sehen zu können. Er wehte während der Zeit vom 20. bis zum 26. No
vember gewöhnlich von des Abends 6 h oder 8 h bis IO 11 oder ll b Vormittags.
Dann wurde es erst windstill. Darauf folgte am Nachmittag leichter SSW-Wind,
der aber niemals den Dunst ganz vertreiben konnte.
Von Kap Palmas, welches wir in einem Abstande von 18 Sm passirten,
bis zum Kap Three Points batten wir durch die GWwga-Strömung eine östliche
Versetzung von 42 Sm in 24 Standen. Bei dem letztgenannten Kap trafen wir
in der Nähe der Küste viele StromkabbeluBgen, aber nur wonig Strom; ebenso
wenig von dort weiter bis Cape Coast, woselbst wir mehrere Tage vor Anker
lagen, und auf den ferneren Ankerplätzen, welche wir besuchten. Vor der
Mündung des Foftö-Flusses setzte die Strömung nach SW und zwar so stark,
dafs wir vier Tage benöthigten, um dieselbe zu passiven. Trotz einer Briese,
welche unter gewöhnlichen Verhältnissen im Stande gewesen wäre, das Schiff
3 Sm die Stunde voranzubringeu, konnten wir dasselbe manchmal nicht steuern.
Ich möchte empfehlen, in dieser Jahreszeit, in welcher leichte Winde am
häufigsten sind, die Mündung des Foite-FIusses möglichst nahe am Lande —
soweit dieses mit der Sicherheit des Schiffes zu vereinigen ist — zu kreuzen,
weil hier die Strömung am schmälsten ist. Vom Kap St. Paul bis Quitta
wurde kein Strom wahrgenommen. Von letzterem Orte bis Lagos fanden wir
eine starke westliche Strömung. Da nun ebenfalls viele Tornados uns belästigten,
so gebrauchten wir zur Zurücklegung der- letzten Strecke volle 10 Tage.
Am 29. Oktober ankerten wir auf der Aufsenrhede von Lagos und
wurden am 30. Oktober mit einem Tiefgange von 11 */» Fufs (3,4 m) über die
Barre geschleppt. Nachdem die für Lagos bestimmte Ladung gelöscht und eine
neue, aus Palmkernen bestehende, wieder eingenommen worden war, wurde
das Schiff am 21. November bei einem Tiefgange von 10Vj Fufs (3,2 m) wieder
über die Barre nach der Aufsenrhede bugsirt. Die ganze Mannschaft war bis
auf einen Mann am Fieber erkrankt, einer auch am 18. November verstorben,
und liefs es sich nur durch die Hülfe, welche uns von der Mannschaft des
deutschen Schiffes „Fichte•* zu Theil wurde, ermöglichen, unser Schiff am
26. November glücklich nach See zu bringen. Von jetzt an erholten sich meine
Leute zusehends und waren bald so weit hergestellt, dafs sie das Schiff in ge
wohnter Weise bedienen konnten. Ich selber aber litt noch längere Zeit sehr
an Fieber und Kolik.
Die Barre war während unseres Aufenthalts in Lagos, mit Ausnahme
zweier Tage, sehr ruhig, so dafs selbst 18 Fufs (3,9 m) tiefgehende Schiffe
dieselbe ohne Gefahr hätten passiren können. Wir lotheten sowohl ausgehend
als einkommend nicht unter 16 Fufs (4,8 m) Wassertiefe.
Die erste Strecke der Rückreise von Lagos nach Europa nahm viel Zeit
in Anspruch. Leichte SSW- bis WSW-Windc oder Windstillen bei einer öst
lichen Strom Versetzung liefsen uns nicht vorankommen; hauptsächlich den ziem
lich häufigen Tornados hatten wir es zu verdanken, dafs es uns schliefslieh
nach 13 Tagen gelang, die Höhe der Insel St. Tkome, zu erreichen. Von hier
aus führte uns eine günstigere Gelegenheit rasch nach Westen.