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der barometrischen Maxima und Minima uio erfüllt, weil die Gebiete hohen
und niederen Druckes sich über bestimmten Thcilen der Erdoberfläche vorzugs
weise aufhalten und der mittlere Luftdruck nicht überall gleich ist; zu den
temporären Gradienten kommt deshalb noch ein den normalen Druckdifferenzen
entsprechender Gradient hinzu, welcher letztere in den lokalen Barometer-
Schwankungen keinen Ausdruck findet und in Gegenden mit sehr konstanten
Windverhältnissen neben jenen bedeutend ins Gewicht fällt; für die meisten
Theile der Erdoberfläche, namentlich die aufserhalb der Tropen gelegenen
Theile der Nordhemisphäre, kann indessen diese Rücksicht, welche die Betrach
tung aufserordentlich erschwert, fürs erste aufser Acht gelassen werden, und
erscheint wenigstens der Versuch lohnend, die mittlere Gröfse des Gradienten
als proportional der mittleren Barometerschwankuug und aus dieser direkt
ableitbar zu behandeln. Es ist klar, dafs sich unter dieser Annahme mit einem
Schlage durch die Formeln von Ferrel und von Guldberg und Mohn eine
Reihe hochwichtiger Punkte aus der geographischen Aerodynamik unmittelbar
aus den von uns beigebrachten Zahlen für die Barometerschwankung beleuchten
liefsen, Punkte, deren direkte Feststellung erst nach einer laugen Reihe von
kaum noch in Angriff genommenen Beobachtungen, nach vielen Jahren, möglich
werden dürfte.
Zur Entstehung und Unterhaltung eines barometrischen Gradienten und
mithin auch einer Luftströmung am Grunde der Atmosphäre ist der Transport
von Luft in der Höhe aus dem Gebiete niederen nach jenem höheren Luftdrucks
erforderlich; soll die Depression ihre Tiefo nicht ändern, so mufs diese Abfuhr
von Luft in den oberen Luftschichten der wegen des Bowogungsverlustes durch
Reibung nothwondig erfolgenden ’) Einströmung von Luft in die Depression,
welche in den tieferen Luftschichten stattfindet, bezüglich der in der Zeiteinheit
fortbewegten Massen gleich sein. Das Verhältnifs dieser Einströmungsmenge
zum Gradienten ist für gleichförmige und geradlinige Bewegung von der geo
graphischen Breite und von der Reibung abhängig in folgender Weise:
jtiG (2o> sin ip)* . j
mv‘ k '
wo n eine Konstante, G der Gradient, m die Masse eines Kubikmeters Luft der
betreffenden Dichtigkeit, »' die in die Richtung dos Gradienten fallende Kom
ponente der Geschwindigkeit der Luftbewegung, «> die Winkelgeschwindigkeit
der Erdumdrehung, (j> die geographische Breite und k der Reibungskogfficient.
Den letzteren setzen wir, auf Grund der verschiedenen vorhandenen Bestim
mungen seiner Gröfse aus speciellen Fällen, gleich 0,00003 für die Oberfläche
des Oceans bei mittlerem Bewegungszustand und gleich 0,00006 für die Luft
über den Kontinenten; der lotztere Werth ist etwas niedriger gegriffen, als er
sich aus der Mehrzahl der Bestimmungen über den mittleren Ablenkungswinkel
des Windes für die feste Erdoberfläche ergiebt, aus dem Grunde, weil nicht die
allerunterste Luftschicht allein hier in Betracht kommen mufste. Wo die Meeres
oberfläche mehr oder woniger von Eisschollen und -Bergen bedeckt ist, mufs
die Reibung als jener über dem Festlande sich nähernd angesehen werden, und
nehme ich deshalb k über dem Ocean in 70° N-Br zu 0,000045 und iu 80° N-Br
zu 0,00006 an.
In der folgenden kleinen Tabelle stelle ich die beobachteten Werthe
der Barometerschwankung und die daraus abgeleiteten Werthe von mv' neben
einander. Erstere sind aus den diesem Aufsatz beigegebenen Karten für die
Mitte des Atlantischen Oceans und des Asiatischen Kontinents (diese bei 80° Ost
von Greenw. angenommen) ermittelt; da indessen in den Tropen, mit seltenen
Ausnahmen, die monatliche Schwankung des Barometers wenig mehr als das
Doppelte der normalen täglichen Amplitude beträgt und die Monats-Extreme
in der Regel auf die Zeit der beiden täglichen Maxima und Minima fallen, so
füge ich in Klammern die Gröfse bei, welche von der Monatsschwankung nach
Abzug der periodischen täglichen Schwankung übrig bleibt. Für die Süd
hemisphäre fehlt es an Daten, und ist auch die Konstanz der Windverhältnisse
dieser Betrachtungsweise ungünstig.
’) Vgl. diese Annalen, 1880, pag. 606.
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