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Ann. d. Hydr. etc., X. Jahrg. (1882), Heft V.
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Die physikalischen Verhältnisse des Atlantischen Oceans.
Von allen Oceanen der Erde ist der Atlantische in seinen physikalischen
Verhältnissen am meisten und gründlichsten durchforscht worden, namentlich der
nördliche Theil desselben, welcher zwischen den beiden Hauptkultur-Kontinenten
der Erde liegt. Die Tiefen- und Bodenverhältnisse, die Vertheilung der Tem
peratur und des specifischcn Gewichtes des Wassers von der Oberfläche bis zum
Meeresboden, die Strömungen, die meteorologischen Erscheinungen an der Ober
fläche des Meeres und ihre Vertheilung im Laufe des Jahres, sowie des Luft
druckes, der Winde und Stürme und der Niederschläge, alle diese Vorkommnisse
sind in dem Atlantischen Ocean auf das Eingehendste untersucht und für die
Schiffahrt über den Atlantischen Ocean und den Seeverkehr praktisch verwerthet
worden, erfolgreicher, als es bis jetzt in den anderen Oceanen der Erde der
Fall gewesen ist.
Die Direktion der Deutschen Seewarte hat sich um die wissenschaftliche
Meereskunde und um die praktische Schiffahrt abermals ein dankenswerthes Ver
dienst dadurch erworben, dafs sie in dem von ihr herausgegebenen, neuerdings
erschienenen Atlas des Atlantischen Oceans 1 ) das Ergebnifs der Unter
suchungen und Forschungen über die physikalischen Verhältnisse dieses Oceans
graphisch zur Anschauung gebracht hat, und zwar, wie wir hier gleich hervor
heben wollen, in trefflicher technischer Ausführung (hergestellt von der
„Geograph. Anstalt“ von Wagner & Debes in Leipzig). Es lag ursprünglich in
der Absicht der Direktion der Seewarte, die 36 Karten dieses Atlasses dem von
ihr geplanten Segelhandbuch des Atlantischen Ocoans einzuverleiben. Der grofse
Umfang des inzwischen angesammelten Kartenmaterials veranlafste sie jedoch,
die Karten in einem besonderen Atlas noch vor dem Erscheinen des Sogeihand
buches zu veröffentlichen und diesen Karten zum näheren Verständnifs derselben
einige erläuternde Bemerkungen beizufügen. Dieses Kartenwerk ist in erster
Linie dazu bestimmt, dem Bedürfnisse des praktischen Seewesens zu dienen,
andererseits aber wird auch die wissenschaftliche Meereskunde grofsen Nutzen
aus ihm ziehen. Alle Karten, mit Ausnahme der letztou, sind von dem Personal
der Seewarte entworfen und im Manuskript ausgeführt worden.
Wir geben nachstehend ein möglichst zusammengedrängtes Bestund des
in diesem Atlas und seinen erläuternden Bemerkungen enthaltenen reichen
Materials.
Die Unterlage aller dieser Karten bildet eino Karte in Merkator’s
Projektion und im Aequatorial-Mafsstabc von I : 56 000 000, und zwar von dem
Parallel von 65° Nord bis zu dem von 65° Süd und von dem Meridian von
100° West bis zu dem von 30° Ost. Es bilden somit die Hudsons-Bai und die
Iludson-StraJ'se, die Davis-Strafse bis ungefähr zur Breite von Goodthaab und des
Cumberland-Sunds, der einen der beiden Deutschen Polarstationen 1882/83, die
Dänemark-Straße bis zur Breite der Faxe-Bucht, der nördliche Theil dos
Bottnischen Meerbusens die nördliche, — das Meer westlich und östlich von
den Südshetlands-Inseln die südliche, — der Finnische Meerbusen, der östliche
Theil des Mittelländischen Meeres südlich von Klein-Asien und die Algoa-Bai
l) Der vollständige Titel dieses Werkes lautet: Deutsche Seewarte. Atlantischer Ocean.
Ein Atlas von 36 Karten, die physikalischen Verhältnisse und die Verkehrsstraßen darstellend. Mit
einer erläuternden Einleitung und als Beilage c« dem Segelhandbuch jür den Atlantischen Ocean.
Herausgegeben von der Direktion. Hamburg. L. Friederichsen & Co. 1882.