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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 10 (1882)

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Dem Beobachter F erscheint die Cirrus-Wolke am Westhorizonte; diese 
besitzt eine Streifung, die nach NW weist, d. h. alle Streifen scheinen sich im 
NW-Punkte des Horizontes zu vereinigen, während die Zugrichtung von WNW 
nach ESE gerichtet ist. 
An dem Bcobachtungsorte G, welchen das Depressionscentrum passirt, 
erscheint die Cirrus-Wolkcnbank zuerst im WSW, die Streifung der Wolken 
vereinigt sich im Westen und zieht die Wolkenbank aus WSW bis West empor. 
Das Depressionscentrum bewegt sich im Süden des Ortes H vorbei, wenn 
das Cirrus-Gewölk im SSW erscheint, eine Streifung von SW nach NO besitzt 
und aus einer südwestlichen Richtung zieht. 
C. Das Aussehon der Streifen. Theilminima besitzen infolge der 
kürzeren Zeit ihres Bestehens gewöhnlich wenig ausgebildeten Cirrusschleier, 
d. h. die Wolken desselben zeigen noch die Entstehung aus der Stratus-Wolke. 
Der charakteristische Cirrusschleier geht dem Sturme 12 bis 24 Stunden voraus. 
Je weiter die Depression vom Beobachtungsorte entfernt ist, desto auf 
gelöster erschoiuen die Cirri, die ursprüngliche Streifungsrichtung geht mehr 
verloren, während der vielfach wechselnde Einflufs des Unterwinde« eine ver 
worrene Auskämmung schafft. Einem wenig ausgebildeten Theilminimum auf 
der Rückseite eines sehr starken Wirbels geht ein sehr kleiner Cirrusschleier 
voran, weil unter dem Einflufs der tiefen Hauptdopression die Ober- UDd Unt.er- 
winde dort wenig Differenz zeigen. 
Dem Erscheinen von sehr scharf geschnittenen Cirri mit weifsen Fädcheu 
und daneben tiefblauem Himmel folgt das zugehörende Regenwetter bei hohem 
Barometerstand in etwa 40 Stunden, bei mittlerem Stand in 24 Stunden. Bei 
normalen, ziemlich dichten Cirrusstreifen folgt der Regen etwa in 12 bis 
24 Stunden, w'ährend den sehr weichen Formen, die sich der Stratus-Wolke 
nähern, der Regen nach 5 bis 12 Stunden folgt. Der etwa zu erwartende Sturm 
folgt 4 bis 10 Stunden später als der beginnende Regen. 
Da statistische Zusammenstellungen von mir nicht ausgeführt werden 
konnten, so sind die obigen Angaben allerdings nur ungenau; sie sind zum 
Theil dem Gedächtnifs entnommen, zum Theil theoretisch abgeleitet. 
Für die Beurtheiluug der zu erwartenden Witterung ist zumal die specielle 
Beobachtung der Cirrus-Wolken erforderlich, ferner kommt das Verhalten der 
übrigen Wolken, der Stand und Gang des Barometers, die Windrichtung, die 
Temperatur und die Dampfspannung der Luft in Betracht. Es ist jedoch hier 
nicht beabsichtigt, diese Beziehungen im Einzelnen aufzusuchen, da diese Auf 
gabe für den Einzelbeobachter zu viele Schwierigkeiten bietet; es soll vielmehr 
nur derWunsch ausgesprochen werden, dafs die Centralstationen diesen praktischen 
nutzbringenden Zweig der Meteorologie auf Grund eingehender statistischer 
Aufzeichnungen weiter verfolgen mögen. 
Es würden wenige detaillivte, mit Fleifs ausgeführte Beobachtungsreihen 
von gruppenweise vertheilten Beobachtungsorten genügen, um die Lösung der 
wichtigen Aufgabe zu erreichen, wie man aus den Vorgängen am Wolkenliiinmel 
und den begleitenden Erscheinungen den Charakter der Depression auf hundert 
und mehr deutsche Meilen im Umkreis erkennen und auf 15 bis 30 Stunden im 
Voraus Sturm und Regen aus den Beobachtungselementeu eines einzelnen 
Ortes ableiten kann. Sowohl der Wissenschaft, zumal aber der Praxis würden 
diese Resultate ganz bedeutenden Nutzen gewähren.
	        
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