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IV. Entsteluiiigsgebietc der verschiedenen Wolkenformen in einem fort
schreitenden atmosphärischen Wirbel (vgl. Figur VI).
Nach den vorartgegaugenen Besprechungen über die verschiedene Stärke
des aufsteigenden Luftstromes in einem Depressionsgebiet und nach der Bezeich
nung der Vorbedingungen für die Entstehung- der verschiedenen Wolkenfortucn
ist es leicht, die Vertheilung derselben in dem Depressionsgebiet zu verstehen.
Links von der Depression und vor derselben ist der Gegensatz der
Unter- und Oberwinde am stärksten ausgeprägt. Eine emporstrebende Luft
masse wird hier an ihrem Fufse eine andere Bewegungsrichtung und Geschwindig
keit besitzen, als oberhalb desselben, so dafs die Wolke verzerrt und zu Streifen
auseinander gezogen wird. Es bilden sieb also keine Gegensätze zwischen
klarem Himmel und starker Bewölkung aus, sondern die vielfache Verschiebung
der Schichten in horizontalem Sinne bewirkt einen Ausgleich der Tempera
turen, also überall die Ausbildung eines aufsteigenden Luftstromes, und somit
ein homogenes Gewölk. Am vorderen Rande der Depression und auf der
linken Seite desselben fällt also der sogenannte Landregen, der sich durch
seine Gleiclnnäfsigkeit auszeiclinet.
Auf der hinteren Hälfte der Depression finden wir angenähert gleiche
Bewegungsrichtung und Stärke im Ober- und Unterwinde; also entstehen hier
die Cumulus-Wolken. Eine Ungleichheit in dem Auftriebe zweier benachbarten
Luftmassen erhält sich dort, da eine relative Verschiebung der Schichten kaum
stattfindet. Die schneller emporsteigende Luft erwärmt sich durch Konden
sation, so dafs sieh der Temperaturgegensatz verschärft und nur ein Kampf
beider aufsteigenden Luftströme beginnt. Es entsteht ein Kreislauf, ein Fallen
der kühleren, ein verstärktes Emporsteigen der wärmeren Luft, so dafs scharf
neben einander heiterer Himmel und schwere Wolken sich ausbilden. Die Wolken
erleiden wenig Verzerrung und behalten bis zu grofser Höhe die rundliche und
massige Form bei.
In der Nähe des Wirbelcentrums und rechts der Aufklarungslinie C I)
ist schon die Uebereinstimmuug der Ober- und Unterwindc in gewisser Höhe
theilweise vorhanden, so dafs hier schon die Wolkenform sich dem Cumulus
nähert, während am vorderen Rande des Regeugebietes dev gröfsere Gegensatz
zwischen Ober- und Unterwind die Stratus-Wolkenform bedingt, aus deren
höchsten Schichten durch weitere Verzerrung und eintretende Auftrocknung
am äufseren vorderen Rande der Depression die Cirrus-Wolke entsteht.
Böen. Infolge der gleichmäfsigen Vertheilung der Temperaturen und
Wolken am vorderen Depressionsrande, und zumal auf der linken Seite des
atmosphärischen Wirbels, ist auch die Druckvertheilung an der Erdoberfläche
eine gleichmäfsige, woraus sich stetig wehende Winde ergeben.
Im Gebiet der Cumulus-Wolkenform bilden sich aber wegen der geringen
Vermischung der Luftschichten lokale Temperaturunterschiede aus, d. h. bei
jeder Cumulus-Wolke bildet sich ein kleines Theilminimum. Dr. Koppen ist
der Ansicht, dafs durch solche kleine Ausbuchtungen in den Isobaren heftige
Windstöfse entstehen können, weil der Wind vermöge der lebendigen Kraft
seiner Anfangsgeschwindigkeit keine cyklouale Bewegung um das kleine Theil
minimum eingeht, sondern auf kürzerem Wege aus höherem in niedrigeren
Druck gelangt, also erhebliche Beschleunigung erfährt. Wenngleich die ganzeu
Schwankungen im Luftdruck gering erscheinen, so können sich dennoch starke
Gradienten ausbilden, weil, die lokalen Gegensätze grofs sind, sich also die
kleinen Druckdifferenzen auf sehr kleine Entfernungen vertheilen.
Wo sich der Obenvind in geringem Gegensatz zum Unterwinde in Bezug
aufRichtung und mittlereStärkc befindet, begleiten heftige Windstösse die Cumulus-
Wolken und den fallenden Regen, während bei aufheiterndem Himmel eine
Schwächung des Windes eintritt.
Die besondere Stärke des Strichregens, welcher der Cumulus-Wolke ent
strömt, ist schon früher bei der Entstehung dieser Wolkenform erklärt worden,
indem gezeigt wurde, dafs in der Cumulus-Wolke Luft vom Erdboden bis in
die gröfsten Höhen gehoben werden kann. Der starke Auftrieb macht sich
auch in der schirmartigen Ausbreitung der Wolke in der Höhe erkennbar,
welche nach allen Seiten, auch Dach hinten, sich erstreckt und auf ein kleines
Luftdrucktheilmaximum über der Böe schliefsen läfst.