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Morgen um 8 Ulir, also in vollen 18 Stunden, keiuo telegraphischen Nachrichten
für die Zwischenzeit einlanfen, so ist es unvermeidlich, dafs Stürme an unserer
Küste hin und wieder zur Entwickelung kommen können, che noch ein Warnungs
signal geheifst werden kann. Daher ist die Einführung des Nachtdienstes
schon wiederholt als dringendes Desiderat zur Förderung des Sturmwarnungs
wesens bezeichnet worden.
Die beigegebene Kurventafel (Tafel 1) giebt ein anschauliches Bild über
die Aenderungcn des Luftdruckes während dieses Sturmes. Bei der Konstruktion
der Kurven wurden, so weit es möglich war, auch die viertelstündigen Re-
gistrirungeu der Barographen berücksichtigt, für Hamburg und Magdeburg ist
die kontinuirlicho Kurve des Sprung’sehen Barographen wiedergegeben worden,
welche die einzelnen kleineren Bewegungen des Barometers wiedergiebt und so
die Einzelerscheinungen, z. B. Böen etc., sehr hübsch illustrirt. Zum Studium
dieser Einzelerscheinungen sind kontinuirliehe Aufzeichnungen absolut noth-
wendig, und cs ist bei Neuanschaffungen von registrirendeu Instrumenten dringend
zu empfehlen, auf diesen Umstand Rücksicht zu nehmen. Es sei noch bemerkt,
dufs alle Barometerstände durch Hinzufügung einer Konstanten auf das Meeres
niveau zurückgeführt sind.
Interessant ist die Neigung der Depression, auf ihrer Süd- und Südwest-
scito Theilbilduugeu hervorzurufen, wie sich dieses sowohl aus den Barometer
kur veu, als auch aus den Windverhältnissen sehr deutlich ausspricht. Am
14. Oktober 8 h a. m. zeigten die Ausbuchtungen der Isobaren am Kanal das
Vorhandensein einer solchen Theilbilduug an; etwa um Mittag ging dieselbe
bei Brüssel vorüber, wobei das Barometer aus dem raschen Fallen in ein lang
sames Steigen überging und die Temperatur in einer Viertelstunde um l'/s Grad
sank. Vor 2 h p. m. passirte die sekundäre Bildung die holländische Küste,
wo bereits Aufklaren eingetreten war. Die Wind- und Luftdruckänderungen
wiesen deutlich die Fortpflanzung jener Theilbilduug nach, welche an der deut
schen Nordsee etwa um 3 Uhr, an der Kieler Bucht etwa um 4 Uhr, bei Rügen
etwa um 5 Uhr, etwas später an der Odermündung vorüberging. Daraus erklärt
sich das oben erwähnte Ausschiefsen und Anschwellen des Windes zu dieser
Zeit; merkwürdig jedoch ist das Aufklarcu, welches au der südlichen Nordsee
und westlichen Ostsee, übereinstimmend mit der Beobachtung in Edinburgh,
vor Vorübergang der Erscheinung erfolgte, indem das Aufklaren in der Regel
doch nur auf der Rückseite der Theilbilduug stattfmdet. Jedenfalls steht dieses
Aufklaren im Zusammenhänge mit der Drehung der nach Westen hin zungen
förmig ausgebuchteten Isobaren gegen den Zeiger der Uhr. Auch im Binuen-
lande ist das eben besprochene Phänomen erkennbar; in Kaiserslautern erreichte
um 3 h p. m. die Windgeschwindigkeit ihr Maximum, worauf der Wind durch
SSW nach WSW umging, hier also trat die gröfste Windgeschwindigkeit vor
dem Ausschiefsen ein; in Magdeburg erfolgte das Anschwellen des Windes
gleichzeitig mit dem Ausschiefsen. Abweichend von der Beobachtung in Edin
burgh blieb nach Vorübergang dieser sekundären Bildung das Wetter an der
westdeutschen Küste längere Zeit mehr oder weniger wolkig, an einzelnen
Stationen war es sogar zeitweise wolkenlos.
Auch die Drehung der grofsen Axe der Isobai en in der Nacht vom
14. auf den 15. Oktober ist deutlich durch die Windverhältnisse erkennbar,
indem die Winde aus der südlichen und südwestlichen Richtung nach West und
Nord west drehten und dann mit orkanartiger Gewalt einsetzten. Dieses geschah
an der holländischen Küste vor Mitternacht, au der Nordsee etwa zwischen
1 und 2 h a. m., au der westlichen Ostsee zwischen 2 und 3 h , auf Rügen um
47a 1 * a. m.
Ferner läfst sich die Fortpflanzung der schwachen Ausbuchtung der Iso
baren am Kanal am 15. Oktober 8 h a. m. nach Osten hin snecessivo verfolgen
und spiegelt sich sehr deutlich in dem Verlaufe der Barometerkurven ab. Um
3 h p. in. passirte dieselbe Brüssel, am Abende die südliche Nordsee, um Mitter
nacht (vom 15. auf den 16.) Hamburg, etwas später Wustrow, zwischen 8 und
t) h a. m. Swinemündo.
Ich habe diese Erscheinungen so ausführlich besprochen, um eins der
vielen Beispiele zu geben, wie öfters kleinere Bildungen, die in den Wetter
karten durch uie Form der Isobaren und die Windrichtungen oft nur sehr