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deutlich markiren. Es mufs jedoch die Zeit der ersten Fluth, bei welcher
der einlaufende Strom mitunter eine Fahrt von 6 Sm haben soll, vermieden
werden, ebenso die letzte Stunde der Ebbe. Auch in letzterem Falle soll der
Strom, welcher nur schwach ist, wenn die Riffe noch unter Wasser sind, sehr
stark, bis 8 Sm, werden, sobald die Riffe trocken fallen und das auslaufende
Wasser nur den einen Ausweg hat. Etwa eine Stunde vor Niedrigwasser wurde
iu der Einfahrt ein Strom von ca 3 Sm bemerkt. S. M. S. „Habicht“ lief in
die Lagune nicht ein, da es am 6. Juni nach vorgenommener Erforschung der
Einfahrt hierfür mit Rücksicht auf die Fluthverhältnisse zu spät wurde und am
folgenden Tage keine Veranlassung hierfür vorhanden w ar. Wenn mau jedoch
in der Lagune ankern will, dürfte es sich empfohlen, während der ersten Hälfte
der Ebbe einzulaufen und zwar den südlichen Kanal zu wählen, um nach Passircn
desselben durch die weite Lagune nördlich um die Riffe herum zu dampfen und
dann in der südwestlichen Ecke vor der Station von Hernsheim & Co. auf
der Insel Meidj zu ankern. Der nördliche Kanal kann zwar auch benutzt
werden, ist aber viel länger und an einer Stelle nicht über ‘/2 Kblg breit.
Von den deutschen Handelsstationen liegt die von Hernsheim & Co.
auf der Westseite der Insel Meidj, ist aber von See aus nicht zu sehen, die
von Capelle & Co. liegt auf der nebenliegenden Insel Juridi, und sind hier
die Häuser, sowie ein Flaggenstock auf der Westspitze von See aus erkennbar.
Boote können auf Meidj unmittelbar nach Passiren des Einfahrtsriffes bei
einigen dort liegenden Hütten, woselbst sich auch ein Flaggenstock befindet,
ohne Schwierigkeit anlegen. Die auf der Karte angegebene Missionsstation
auf dem W r estende der Insel Ebon bei Ruhe Pt. soll aufgegeben sein, nachdem
die meisten Missionäre nach Ualan verzogen sind. Dieselben haben jedoch auf
Ebon, wie überall auf diesen Inseln, farbige Missionäre zurückgelassen.
Die Bevölkerung des Ebon-Atolls soll etwa 1200—1300 Köpfe stark sein,
doch ändert dieselbe sehr an Zahl, da hier, wie überall auf den Jia&ci-Inseln, ein
starkes Hin- und Herziehen von Gruppe zu Gruppe üblich ist. Auch sind
genauere Angaben nicht zu erlangen, weil selbst die Häuptlinge über die Zahl
ihrer Untergebenen nichts Genaues wissen. Das einzige Mittel, hier genauere
Aufschlüsse zu erlangen, ist, wie dies einmal auf Jaluit ausgeführt ist, die
namentliche Aufzählung der einzelnen Familien, welche einem Häuptling unter
geordnet sind. Auch Ebon steht unter einem Könige Lamorro, welcher sich
aber zur Zeit in Jaluit befand.
Während der Nacht vom 6. auf den 7. Juni wurde unter Marssegeln bei-
gelegeu und am Morgen des 7. Juni wurden 5 Häuptlinge und farbige Missionäre
mit dem Kutter zum Besuch des Aviso’s abgeholt. Es war dies eine Revanche
für ein Geschenk von 300 Hühnern, welche der oberste Häuptling Ledjibrick
nach Landessitte dem Fahrzeuge angeboten hatte, und welches, um diesen nicht
zu verletzen und einzuschüchtern, angenommen wurde.
In Wirklichkeit wurden jedoch nur 16 Hühner und einige Brodfrüchte
geliefert; der Ausfall wurde mit dem schlechten Wetter entschuldigt. Komisch
war die Furcht, welche einzelne der Häuptlinge bei der Aufforderung, au
Bord zu kommen, äufserten. Als sie jedoch an Bord waren, wurden sie sehr bald
zutraulich. Von Lebensmitteln ist aufser wenigen Hühnern von den Eingeborenen
auf dem Ebon-Atoll nichts zu erhalten, Trinkwasser ist auch nicht zu haben.
Bezüglich der in dem vorliegenden Berichte gewählten Schreibweise ist noch
zu bemerken, dafs die Aussprache der Eingeborenen sehr schwer wiederzugeben
ist. Diesseits sind die Worte möglichst so niedergeschrieben worden, wie sie
von den Eingeborenen ausgesprochen wurden. Speciell soll c(j ausgesprochen
werden, wie ein weiches dsch. Ausgenommen hiervon ist der Name Jaluit
(Djaluit), da derselbe in allen Karten etc. wie vorstehend geschrieben wird.
Am 8. Juni Mittags vei'licfs „Habicht“ die A^on-Gruppe und nahm Kurs
nach der Mille (Mulgrave)- Gruppe, deren westliche Inseln am 9. Juni in der
Frühe, nach einer unangenehmen Fahrt unter Regen und heftigen Böen, bei
zwischen Nord und SE wechselnden Winden in Sicht kamen. Tags zuvor
war südlich von Jaluit eine schwache südöstliche Versetzung (8,4 Sm) bemerkt
worden, während nach dem Insichtkommen der JA7/e-Gruppe sich wieder eine
westliche Versetzung von ca. 16 Sm ergab.