Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 10 (1882)

115 
sind, nur einen langsamen Verlauf. Die erst in diesem Jahre (1881) eröffnete 
direkte Ein- und Ausfuhr von und nach Europa wird, sich nach Fertigstellung der 
Eisenbahn gewifs bald heben, und werden dann auch wohl genügende Vorrichtungen 
für das Löschen und Laden der Waaren getroffen werden. Dem amerikanischen 
Unternehmungsgeiste ist hier noch ein weiter Spielraum geboten, zumal das 
Innere des von der Eisenbahn durchschnittenen Landstriches noch viele unau 
gebaute, aber fruchtbare Strecken einschliefst. 
Seit zwei Jahren besitzt San Diego eine Wasserleitung. Das Wasser 
wird vermittelst Dampfkraft durch Röhren aus dem Flusse eben unterhalb des 
alten Missionshauses aus einer Entfernung von 5 engl. Meilen hergeleitet. Auch 
haben vielo Häuser ihren eigenen Brunnen, dessen Wasser durch Windmühlen- 
Pumpwerk in die höher gelegenen Reservoirs gepumpt wird. Das Wasser ist 
gut und kostet frei an Bord 1 Ct. die Gallone. Sandballast kostet frei längsseit 
1 Doll, die Tonne. Der Tagelohn ist hoch. Man hat für zehnstündige Arbeit 
ohne Beköstigung 3—3*/a Doll, zu zahlen. Erfrischungen sind gut und preis 
würdig zu haben, während Steinkohlen theuer sind. Viele der nothwendigen 
Schiffsartikel sind zwar nicht am Orte vorhanden, aber leicht von San Francisco 
zu beziehen. An jedem fünften Tage geht ein Dampfer über Wilmington (los 
Angeles), Sta. Barbara und Port Har fort (San Luis Obispo) nach San Francisco 
und mindestens zweimal monatlich ein Gaffelschoner dahin ab. Aufserdem wird 
eine Verbindung mit den mexikanischen Häfen Ensenado, San Carlos und San 
José durch Segelschiffe in oftmals 14tägigen Expeditionen unterhalten. 
Die Stadt Neu San Diego zählt jetzt ungefähr 4000 Einwohner. Sie 
wurde erst vor etwa 12 Jahren angelegt. Die Strafsen, welche zur Zeit nur 
spärlich mit Häusern besetzt sind, schneiden sieb rechtwinkelig. Die aus Holz 
erbauten Häuser sind vielfach von Gärten umgeben. Die ungepflaSterten Strafsen 
entbehren noch der Beleuchtung, obwohl Gasbeleuchtung für die Häuser schon 
seit zwei Jahren besteht. Ein Netz von Telegraphendrähten spannt sich über 
die Stadt aus, ebenso ist auch telegraphische Verbindung mit dem Norden und 
Osten vorhanden. Etwas Schmiedearbeit kann gemacht werden; dahingegen 
sind Zimmcrleute nicht am Orte. Ebensowenig sind Spieren zu Rundhölzern 
vorräthig. Die etwa notliwendigen größeren Reparaturen der hier zu Hause 
gehörenden wenigen Küstenfahrzeuge werden in San Francisco ausgeführt. Eine 
ziemlich gute Stelle zum Banken, aus Kies, Sand und Thon bestehend, befindet 
sich südwestlich von der Bake No. 7 an der nördlichen Spitze von The Island, 
welcher Platz sich auch sehr gut zur Einnahme von Ballast eignet. 
Desertionen der Mannschaften sind hier, ebenso wie in San Francisco, 
an der Tagesordnung, weil die Tagelöhne das Dreifache von denen in Europa 
betragen. Doch gelingt es sehr oft, der desertirten Leute wieder habhaft zu 
werden, namentlich wenn hierfür nur eine gute Belohnung ausgesetzt wird. 
Nach Inbetriebsetzung der Eisenbahn dürfte es aber wohl fast unmöglich sein. 
Leider ist bis jetzt kein deutsches Konsulat, noch ix y gend eine andere Behörde 
hier vorhauden, an welche sich ein deutscher Schiffsführer in solchem Falle 
um Unterstützung wenden könnte. Da jedoch die Beziehungen Deutschlands zu 
San Diego in letzterer Zeit an Bedeutung gewonnen haben, so steht zu hoffen, 
dafs die Eriichtung eines deutschen Konsulats nicht mehr lauge auf sich wai'ten 
lasson wird. Ein englischer Konsul wird, wie ich erfuhr, in kurzer Zeit 
ernannt werden. 
Nach den eigenen Erfahrungen während meiner Anwesenheit hierselbst 
und nach eingezogenen Erkundigungen ist das Klima von San Diego eines 
der gleichmäfsigsten und besten in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. 
In der Zeit vom 2. Oktober bis zum 10. November 1881 war der mittlere Luft 
druck an Bord 761,7 mm. Die Temperatur der Luft stieg nicht über 22° und 
fiel nicht unter 10° C. Der Wind hatte während dos Tages meistens eine 
westliche Richtung. Des Nachts war gewöhnlich Windstille oder leiser Zug 
von NE—SE, ans lotztei-er Richtung oft erst kurz vor Sonuenaufgang beginnend 
und gewöhnlich bis 8 Uhr Morgens anhaltend. Wurde es nach 8 Uhr wind 
still, so stellte sich später meistens westlicher oder westnordwestlicher Wind 
ein, ging aber der Wind von ENE über Ost auf SE und Süd, so war während 
des Tages die westsüdwestliche Windrichtung voi'herrscbend.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.