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sind, nur einen langsamen Verlauf. Die erst in diesem Jahre (1881) eröffnete
direkte Ein- und Ausfuhr von und nach Europa wird, sich nach Fertigstellung der
Eisenbahn gewifs bald heben, und werden dann auch wohl genügende Vorrichtungen
für das Löschen und Laden der Waaren getroffen werden. Dem amerikanischen
Unternehmungsgeiste ist hier noch ein weiter Spielraum geboten, zumal das
Innere des von der Eisenbahn durchschnittenen Landstriches noch viele unau
gebaute, aber fruchtbare Strecken einschliefst.
Seit zwei Jahren besitzt San Diego eine Wasserleitung. Das Wasser
wird vermittelst Dampfkraft durch Röhren aus dem Flusse eben unterhalb des
alten Missionshauses aus einer Entfernung von 5 engl. Meilen hergeleitet. Auch
haben vielo Häuser ihren eigenen Brunnen, dessen Wasser durch Windmühlen-
Pumpwerk in die höher gelegenen Reservoirs gepumpt wird. Das Wasser ist
gut und kostet frei an Bord 1 Ct. die Gallone. Sandballast kostet frei längsseit
1 Doll, die Tonne. Der Tagelohn ist hoch. Man hat für zehnstündige Arbeit
ohne Beköstigung 3—3*/a Doll, zu zahlen. Erfrischungen sind gut und preis
würdig zu haben, während Steinkohlen theuer sind. Viele der nothwendigen
Schiffsartikel sind zwar nicht am Orte vorhanden, aber leicht von San Francisco
zu beziehen. An jedem fünften Tage geht ein Dampfer über Wilmington (los
Angeles), Sta. Barbara und Port Har fort (San Luis Obispo) nach San Francisco
und mindestens zweimal monatlich ein Gaffelschoner dahin ab. Aufserdem wird
eine Verbindung mit den mexikanischen Häfen Ensenado, San Carlos und San
José durch Segelschiffe in oftmals 14tägigen Expeditionen unterhalten.
Die Stadt Neu San Diego zählt jetzt ungefähr 4000 Einwohner. Sie
wurde erst vor etwa 12 Jahren angelegt. Die Strafsen, welche zur Zeit nur
spärlich mit Häusern besetzt sind, schneiden sieb rechtwinkelig. Die aus Holz
erbauten Häuser sind vielfach von Gärten umgeben. Die ungepflaSterten Strafsen
entbehren noch der Beleuchtung, obwohl Gasbeleuchtung für die Häuser schon
seit zwei Jahren besteht. Ein Netz von Telegraphendrähten spannt sich über
die Stadt aus, ebenso ist auch telegraphische Verbindung mit dem Norden und
Osten vorhanden. Etwas Schmiedearbeit kann gemacht werden; dahingegen
sind Zimmcrleute nicht am Orte. Ebensowenig sind Spieren zu Rundhölzern
vorräthig. Die etwa notliwendigen größeren Reparaturen der hier zu Hause
gehörenden wenigen Küstenfahrzeuge werden in San Francisco ausgeführt. Eine
ziemlich gute Stelle zum Banken, aus Kies, Sand und Thon bestehend, befindet
sich südwestlich von der Bake No. 7 an der nördlichen Spitze von The Island,
welcher Platz sich auch sehr gut zur Einnahme von Ballast eignet.
Desertionen der Mannschaften sind hier, ebenso wie in San Francisco,
an der Tagesordnung, weil die Tagelöhne das Dreifache von denen in Europa
betragen. Doch gelingt es sehr oft, der desertirten Leute wieder habhaft zu
werden, namentlich wenn hierfür nur eine gute Belohnung ausgesetzt wird.
Nach Inbetriebsetzung der Eisenbahn dürfte es aber wohl fast unmöglich sein.
Leider ist bis jetzt kein deutsches Konsulat, noch ix y gend eine andere Behörde
hier vorhauden, an welche sich ein deutscher Schiffsführer in solchem Falle
um Unterstützung wenden könnte. Da jedoch die Beziehungen Deutschlands zu
San Diego in letzterer Zeit an Bedeutung gewonnen haben, so steht zu hoffen,
dafs die Eriichtung eines deutschen Konsulats nicht mehr lauge auf sich wai'ten
lasson wird. Ein englischer Konsul wird, wie ich erfuhr, in kurzer Zeit
ernannt werden.
Nach den eigenen Erfahrungen während meiner Anwesenheit hierselbst
und nach eingezogenen Erkundigungen ist das Klima von San Diego eines
der gleichmäfsigsten und besten in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika.
In der Zeit vom 2. Oktober bis zum 10. November 1881 war der mittlere Luft
druck an Bord 761,7 mm. Die Temperatur der Luft stieg nicht über 22° und
fiel nicht unter 10° C. Der Wind hatte während dos Tages meistens eine
westliche Richtung. Des Nachts war gewöhnlich Windstille oder leiser Zug
von NE—SE, ans lotztei-er Richtung oft erst kurz vor Sonuenaufgang beginnend
und gewöhnlich bis 8 Uhr Morgens anhaltend. Wurde es nach 8 Uhr wind
still, so stellte sich später meistens westlicher oder westnordwestlicher Wind
ein, ging aber der Wind von ENE über Ost auf SE und Süd, so war während
des Tages die westsüdwestliche Windrichtung voi'herrscbend.