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die Mitte dieses Meeres senken sich die Isothermen, gewissermafsen der Ge-
staltung des Meeresbodens folgend. Nördlich von der Bären-Insel herrscht
noch warmes Wasser vor, aber nahe dem Südkap von Spitzbergen ist dicht am
Meeresboden eiskaltes Wasser von —1°, welches zwar sehr wenig mächtig ist,
aber doch am Boden eine Temperatur von --1,2° erreicht.
6. Zwischen Vardö (Norwegen) und Nowaja Semlja (Tabelle II, sub 6)
nimmt das warme Wasser bis zu einer Entfernung von ca 120 Sm von Vardö
die ganze Tiefe des Wassers bis zu 275m (150 Fad.) ein; weiter nach Osten
werden die oberen warmen Schichten immer dünner, während das unter ihnen
gelegene eiskalte Wasser ebenfalls nach Osten hin an Mächtigkeit zunimmt.
Auch hier nimmt die Temperatur mit der Tiefe ab,
7. Innerhalb des Bereiches des warmen Wassers sinken die Isothermen
überall gegen die Küstenbänke von Norwegen, der Bären-Insel und Spitzbergen
abwärts, gleichsam eine grofse Wärmemenge gegen dieselben anstauend. Auf
den Bänken selbst troten andere eigenthümliche Verhältnisse auf, indem die
Temperatur daselbst in einer gewissen "Tiefe oft niedriger ist, als draufsen am
Abfalle. Gen Westen häufen die Isothermen sich dicht gegen die Oberfläche
zusammen, da, wo die Grenze zwischen warmem und kaltem Wasser sich der
Vertikalen nähert. An der Oberfläche zeigen sämmtliche Querschnitte für die
Sommermonate eine gegen Osten im Allgemeinen zunehmende Wärme.)
8. Dio Isotherme von —1° ist nicht so sicher zu bestimmen, als die
von 0°, doch ergiebt sich mit Sicherheit, dafs sie sich zum Theil der Boden-
konfiguration anschmiegt, wenigstens südlich von dem Südkap von Spitzbergen.
Sie erreicht ihre tiefste Lage im offenen Meere, in dem südlichen Theile der
Kismeertiefe mehr gegen deren Mitte hin, in dem nördlichen weiter nach Osten,?)
9. Die Bodentemperaturen der Kismeertiefe (der größten Tiefen des
Nordmeeres) liegen zwischen — 1,2° und — 1,5°; sie sind in dem südlichen
Theile etwas höher, als im nördlichen oder nordwestlichen, d.h. sie sind um
einen kleinen Betrag höher da, wo warmes Wasser die oberen Schichten ein-
nimmt, als da, wo eiskaltes Wasser vorherrscht. Nirgends in diesen grofsen
Tiefen erreicht die Temperatur die des Gofrierpunktes des Meerwassers.?)
10. Die Temperatur der Meeresoberfläche in den Monaten Juli und
August*) nimmt von 13°—14° aufserhalb der Westküste des südlichen Norwegens
bis 0° (oder darüber) zu, an der Ostküste von Grönland, dem Meero nördlich und
östlich von Spitzbergen (Barents-Meer) und an der Küste von Nowaja-Semlja;
in allen diesen Mecrestheilen ist das Meer im Sommer mit Treibeis angefüllt.
Während die Isothermen von 12°—5° nordwestlich von Norwegen weit nach
Norden sich erstrecken (selbst in 80° N-Br zeigte sich eine Oberflächentemperatur
von ca 5° und darüber, s. No. 362 und 363), dringen niedrige Wärmegrade
keilförmig in das Meer zwischen Jan Mayen und Island herab bis ca 66!/2° N-Br
und 10° W-Lg; die Nordküste Islands ist aus diesem Grunde wärmer, als die
Ostküste.”) Westlich von Spitzbergen und der Spitzbergen—Bären-Insel-Bank
schiebt sich wärmeres, von Süden herstammendes Wasser zungenförmig zwischen
das kältere Wasser in der Nähe der Bären-Insel und Spitzbergen im Osten und
das Grönlands-Kis im Westen hinein.
11. In 100 dän. Fad. (ca 200m) Tiefe ist der Verlauf der Isothermen
denjenigen an der Oberfläche im Allgemeinen ähnlich; doch findet sich die
höchste Temperatur (abgesehen von dem atlantischen Wasser westlich von den
Faröern) nicht in den südlichen Theilen des Nordmeeres, sondern aufserhalb der
norwegischen Küste zwischen 63° und 65° N-Br, wo sie über 8° beträgt;
außerhalb des Hardanger-Fjord und der Lofoten ist sie 5°, Oestlich von Island
reicht die Nullgrad-Isotherme weiter hinab nach SO bis ca 65° N-Br und
8° W-Lg. Dagegen ist ganz Island. in dieser "Fiefe von warmem Wasser
umgeben.
1) S. Ergänzungsheft etc, pag. 10 und Diagramm in Tafel 2 zu diesem Hefte,
%) ib.
3) ib. pag. 11 und Tab. I und II.
4) Für diese, sowie für diejenige in 100, 200, 300, 400, 500 und 600 dän. Fad, Tiefe und
am Meeresboden hat Prof. Mohn auf Taf, 2 zu seiner Abhandlung in 8 Diagrammen den Verlauf
der Isothermen anschaulich dargestellt. Die Hauptergebnisse der Diskussion dieser Diagramme
(s. Mohn a. a, O. pag. 11—14) sind oben in den Sätzen 10.—17. niedergelegt.
5) Vgl. diese Annalen vag. 238 ff.