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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 9 (1881)

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Der Schnee war in einem starken Schmelzen begriffen, und das Wasser strömte 
überall in den Sund hinein. Von diesen Strömen werden die meisten Säge- 
mühlen getrieben; doch wird hierzu auf vielen Stellen auch schon die Dampf- 
kraft verwendet. 
Den Segelanweisungen zufolge soll der Unterschied zwischen Hoch- und 
Niedrigwasser zu Burrard Inlet 4,5—5m betragen. Wie ich indefßs hier er- 
fahre, ist solches nur zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen der Fall. Wir haben 
bis jetzt, bei Springfluth, nicht über 3—3,6m beobachtet. Da die Fluth von 
zwei verschiedenen Seiten in den Golf (Strafse von Georgia) eindriugt, so sind 
die Gezeiten nicht von gleicher Dauer. Mit Neumond ist der Eintritt der Fluth 
in Burrard Inlet um 12 Uhr Mittags, das Wasser steigt dann bis 7 Uhr Abends, 
fällt bis 11 Uhr etwa 2 Fuß (0,6m) und steigt wieder bis 4 Uhr Morgens, 
worauf schliefslich Ebbe von 8 Stunden Dauer eintritt. 
Am 19. Juni verliefsen wir im Schlepptau eines Dampfers Woodyville und 
liefen mit voller Ebbe durch die Narrows. Das oben 2 Sm breite Fahrwasser 
verengt sich hier bis auf 1 Kblg, und das aufgestaute Wasser schiefst mit 7 Kn 
Fahrt in den Golf (Strafse von Georgia) hinein. Da das Fahrwasser in der 
Enge einen starken Bogen macht, so wird an der gegenüber liegenden Seite ein 
Neorstrom erzeugt. Geräth nun der Dampfer oder das geschleppte Schiff zu 
nahe an die Stromscheide, so saust das eine Schiff nach rechts und das andere 
nach links; und wenn in einem solchen Augenblicke nicht sofort die Bugsirleine 
geschlippt werden kann, so giebt es Havarie, 
Mit uns ging Alles gut, und man kann sich freuen, wenn man glücklich 
hindurch ist. 
Am Morgen des 20. Juni ankerten wir wieder in Royal Roads bei Victoria, 
von wo wir am 22. die Reise nach Valparaiso antraten. 
Sowie wir in den Golf hineingelaufen waren, wurde das Wetter heiter 
bei frischem Südwinde, Ungefähr 15 Sm südöstlich von Burrard Inlet ist die 
Mündung des Fraser-Flusses. Die aus diesem Flusse kommenden Wassermassen 
verbreiten sich zu gewissen Zeiten hufeisenförmig über den Golf bis nach 
Activ Pass und erzeugen ein sogenanntes todtes Wasser. Uns passirte es, dafs 
wir in dieses Wasser geriethen, wo mit 100m Leine kein Grund-zu erreichen 
war, und festsitzen blieben. Der Dampfer konnte mit voller Kraft das Schiff 
nicht fortbewegen. Nachdem eine Stunde verflossen war und Lotse und Stauer- 
baas über Hoch- und Niedrigwasser kalkulirt hatten, liels ersterer das Schiff 
nach SW abfallen und mehrere Segel setzen, worauf wir dann allmählich wieder 
in Gang kamen. 
Das Wasser war an der Oberfläche gelb und stark brackig, während 
sonst das Golfwasser tiefblau ist. Ich hatte das Handloth mit 36m Leine über 
Bord hängen, konnte jedoch keine verschiedenen Strömungen wahrnehmen. Das 
Loth blieb senkrecht hängen; aber ich fühlte ein beständiges Zittern und Schütteln 
an der Leine. Das 23 Fufs (7m) tief gehende Schiff blieb ruhig auf seinem 
Kurse liegen und zeigte keine Neigung, sich zu drehen. Die Zeit, als sich 
dieses zutrug, war von 9—10!/ Uhr Vormittags. Wir peilten Fraser-Feuerschiff 
mw NNO 5 Sm entfernt. 
Dem Journale des Kapt. Früchtenicht entnehmen wir noch einige 
Notizen über das während seines Aufenthaltes in Burrard Inlet herrschende 
Wetter, Es geht zunächst hervor, dals in Burrard Inlet während der Monate 
Mai und Juni 1880 im Allgemeinen die östlichen Winde Niederschläge mit sich 
führten, während die westlichen Winde von heiterem Wetter begleitet waren. 
Von den 47 Tagen des Aufenthaltes waren nämlich 23 Regentage bei östlichen 
and 24 heitere Tage bei westlichen Winden, Der Luftdruck zeigte sich im 
Allgemeinen bei westlichen Winden gröfser als bei östlichen, doch trat der 
höchste im Journal angegebene Barometerstand — 767mm — bei nordöstlichem 
Winde ein. Der niedrigste beobachtete Barometerstand war 749,5mm bei NE- 
Wind und Regen, Am 22, Mai machte der Wind eine Drehung von Ost durch 
Süd nach West; am 23. Mai wehte er stürmisch. Der am Nachmittage häufig 
herrschende leichte SW-Wind (Seebriese) flaute in der Regel Nachts zur Wind- 
stille ab. Als höchste beobachtete Lufttemperatur ist 16,6° C. bei leichtem 
SW-Winde, als niedrigste 7,2° C, bei östlichem Winde angegeben.
	        
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