355
Die Chronometer wurden die Untersuchungszeit hindurch jeden zweiten
und fünften Morgen um 10 Uhr Ortszeit mit der Normaluhr der Sternwarte
vermittelst des Registrirapparates auf chronographischen Wege verglichen.
Diese Vergleichungen erfolgten vom 4. bis 18. Oktober durch den Abtheilungs-
Assistenten Herrn Dr. Böddicker, sowie nach dessen Abgange vom 18. Oktober
bis 3. November durch den Assistenten an der Seewarte Herrn Dr. Kleemann
und vom 3. November ab bis zum Schlusse der Prüfung durch den gegen-
wärtigen Abtheilungs-Assistenten Herrn L. Ambronn. Eine zweite unabhängige
Vergleichung, zur Herstellung der erforderlichen Kontrolle, wurde außerdem an
jedem fünften Tage um 11 Uhr Vormittags entweder durch mich. oder - den
Observyator der Sternwarte Herrn Dr. Schrader ausgeführt. Die zur Ermittelung
des Standes der Normaluhr nothwendigen Zeitbestimmungen wurden auch dieses
Mal von Herrn Dr. Schrader in umfassendster Weise am Meridian-Instrumente
der Sternwarte angestellt.
Bei der Prüfung der Uhren wurde das von der Direktion der Seewarte
in ihrem Konkurrenzausschreiben angegebene Untersuchungsverfahren, welches
in Gemässheit der Bestimmungen des Hydrographischen Amtes der Kaiserlichen
Marine bei dem Ankaufe aller für die Kaiserliche Marine bestimmten Chronometer
ebenfalls in Anwendung gebracht wird, in aller Schärfe befolgt und die Tempera-
turen, denen die Uhren exponirt worden, in 10- resp. 20 tägigen Intervallen von 5 zu
5 Grad varlirt, die Chronometer somit folgenden mittleren Temperaturen 5, 10,
15, 20, 25 und 30 Grad Celsius, wobei jede im Ganzen durch einen Gesammt-
Zeitraum von drei Dekaden vertreten ist, ausgesetzt. Auf die Innehaltung dieser
Temperaturen wurde seitens des Herrn Ambronn die möglichste Sorgfalt ver-
wendet, und es betrug die niedrigste an den meteorologischen Instrumenten
abgelesene Dekadentemperatur -+ 4,1°, die höchste + WO Die Prüfung der
Uhren in der Minimal-Temperatur von + 5° wurde auf die Tage von Januar 3
bis Februar 2 gelegt, und da unsere Untersuchungen durch die um diese Zeit
hier stattfindende kalte Witterung wesentlich begünstigt wurden, so konnte von
der Erzeugung künstlicher Kälte-Temperaturen Abstand genommen werden, und
es konnten ferner die Uhren an dem ihnen einmal zu Beginn der Prüfung an-
gewiesenen Orte belassen werden.
Die aus den Vergleichungen mit der Normaluhr der Sternwarte abge-
leiteten Gänge der einzelnen Chronometer wurden zu 10tägigen Gangsummen
vereinigt und die Beträge selbst in die nachfolgenden Gang-Tabellen I und II
eingetragen. Während Tabelle I (pag. 356 und 357) diese zehntägigen Gänge
nach der Zeit geordnet angiebt, giebt Tabelle II (pag. 358 und 359) dieselben
nach den Temperaturen, bei welchen die Chronometer in den betreffenden
Dekaden untersucht wurden, geordnet an. Behufs einer möglichst genauen Be-
stimmung der für die Dekaden geltenden Mitteltemperaturen wurde auch dieses
Mal gleichzeitig mit den Chronometern das Thermochronometer oder nicht kom-
pensirtes Chronometer mit der Normaluhr verglichen und die von letzterem
gezeigten Dekadengänge, als der jedesmaligen Temperatur entsprechend, bei
der Anordnung der Tabelle II zu Grunde gelegt. Unter der diese Zahlenwerthe
enthaltenden Rubrik folgen die aus den täglichen Ablesungen gebildeten mitt-
leren Temperaturen, sowie die für die Dekade in den Tages-Temperaturen
gefundenen Extreme selbst,
Dem Konkurrenzausschreiben der Direktion der Seewarte und den für
die Ankäufe der Kaiserlichen Marine festgestellten Normen entsprechend, sollen
die Chronometer nach beendigter Prüfung ihrer Güte nach so geordnet werden,
dafs dasjenige Chronometer, bei welchem der Unterschied zwischen dem
gröfsten und kleinsten 10tägigen Gange (Betrag A) plus dem doppelten Be-
trage B der gröfsten 10tägigen Gangschwankung von einem Intervalle bis zum
folgenden ein Minimum ist, die erste Stelle in der Prüfungsliste einnimmt und
die anderen Uhren je nach der Zunahme der Summe dieser beiden numerischen
Werthe nachfolgen.
1) Die Schwankungen in den Tages-Temperaturen waren gleichfalls sehr geringe, und es
betrugen die Unterschiede der an den Maximum- und Minimum-Thermometern abgelesenen Tempera-
turen für denselben Tag im Durchschnitt kaum 1°: nur am 24. März fand eine gröfsere Differenz
von 3,1° statt.
Ann, d. Hydr., 1881, Heft YIT (Juli.