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Nördlich vom Aequator fand man in den Breiten, in welchen der Stillen-
gyürtel eigentlich sollte angetroffen worden sein, weder Stille noch Mallung.
Ganz allmählich erfolgte die Drehung des Windes von SE nach NE. Dagegen
gelangte die Bark nördlich von 7,5° N-Br in Mallung, und für längere Zeit
wurde nördlich von jener Breite flauer südlicher und westlicher Wind angetroffen,
Selbst nachdem in der Nähe von 10,5° N-Br der Passat wieder durchgekommen
war, wehte derselbe, wenn auch kräftig, doch wenig beständig. Am 18. No-
vember durchsegelie „Louise & Georgine“ die zwischen Martinique und Dominica
liegende Strafse und traf im Caraibischen Meere dann endlich starken stetigen
Passat. Am 24. November befand die Bark sich in Sicht der Südwestspitze
Jamaika’s, am 27. November in der Nähe vom Kap St. Antonio. Der Golf
von Mexico wurde bei flauem südöstlichem und östlichen Winde durchsegelt,
und am 30. November befand man sich in der Nähe der Misstestppi-Mündungen.,
Die Reise war in 54 Tagen vollendet worden. Auf dem letzten Theile der-
selben war 10° N-Br in 44,6° W-Lg am 11. November geschnitten worden.
Aus den Reiseberichten des Kapt. C. Scheibe von der Bark
„Oberbürgermeister von Winter“,
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte.)
i. Hafen von Troon an der Westküste von Schottland.
Obgleich dieser Hafen gewöhnlich für sicher gehalten wird, dürfte er
Jiese Bezeichnung doch nur bedingungsweise veıdienen, Schiffe, welche nicht
mehr als 17 bis 18 Fufs (5,1 bis 5,4m) tiefgehen, mit Ballast hier ankommen
ınd im Dock Kohlen Jaden, dürften über diesen Hafen nicht zu klagen haben;
dagegen müssen Schiffe, welche mit Ladung, als Holz, Eız u. s. w., ankommen,
in dem äufseren Hafen löschen, woselbst bei Niedrigwasser mittlerer Gezeiten
nur 12 Fufs (3,6m) Wasser stehen bleibt. Da nun bei Stürmen von WSW bis
Nord trotz des vorhandenen 240m langen Wellenbrechers eine bedeutende
Dünung in dem Hafen steht, so kann es nicht ausbleiben, dafs die Schiffe,
welche über 11 bis 12 Fufs (3,3. bis 3,6m) tiefgehen, aufstolsen und eine Zeit
lang am Grunde liegen. Wir hatten das Glück, dafs während des Löschens
nur südliche und südwestliche Stürme auftraten, welche keine Dünung im Hafen
hervorbringen.
Während unseres Aufenthaltes in 7roon hatte ich Gelegenheit, mir über
die Gefahr, welche mit der Ansegelung dieses Hafens bei stürmischem Wetter
verknüpft ist, ein Urtheil zu bilden. Am Sonntag den 12. Dezember 1880
Morgens, während eines heftigen Sturmes aus NW, kam eine beladene Bark
mit gebrochener Fockraa vor den Hafen, Das Schiff steuerte anscheinend nicht,
trieb nordostwärts bei dem Hafen vorbei und näherte sich in drohender Weise
dem Strande. Beide Anker wurden geworfen, als das Schiff ungefähr querab
‚om Molenkopfe war; diese gaben erst mit, dann hielten sie. Der Schlepp-
dampfer „Portland“ war die ganze Zeit in der Nähe des Schiffes, Als dasselbe
vor seinen Ankern festlag, versuchte der Dampfer, es zu schleppen; aber das
Schlepptau brach, und das Schiff, welches glücklicherweise seine Ketten noch
nicht geschlippt hatte, trieb wieder zurück. Der Dampfer kam nun in den
Hafen, holte ein neues Schlepptau, und jetzt gelang es ihm, die Bark in den
Hafen zu bringen, nachdem dieselbe natürlich ihre Ketten geschlippt hatte.
Sonntag den 19. Dezbr. wehte es schwer aus WSW, Kin Schoner kam vor
den Hafen, und da er bei dem herrschenden Winde nicht einsegeln konnte, liefs
er beide Anker fallen, als er ungefähr ONO vom Hafen war. KEs dauerte lange,
ehe die Anker hielten. Darauf ging der Dampfer „Portland“ zu dem Schoner
hinaus, welcher auf 3 Fad. (5,4m) Tiefe ‚vor Anker lag, nahm denselben ins
Schlepptau, die Schiffe machten Fortgang, und der Schoner schlippte seine
Ketten; doch bei einer furchtbaren Böe brach das Schlepptau, und der Schoner
trieb auf den Strand. Einige Stunden später lag er vollständig trocken. Zur
Zeit, als wir Zroon verliefsen, befand er sich noch im unversehrten Zustande
an derselben Stelle. Der Strand östlich vom Hafen soll so beschaffen sein,
dafs fast jedes Schiff, welches hier strandet, wieder abgebracht werden kann.
Je näher dem Nordwellenbrecher, je weniger wird das gestrandete Schiff leiden.