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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 9 (1881)

stiegen. Von allen Seiten war das Minimum vom Sturm umgeben: Auf der 
Nordhälfte der britischen Inseln Sturm aus E und SE, über Südirland Sturm 
aus N, auf den Scilly’s Sturm aus NW, am Kanal und an der westfranzösischen 
Küste stellenweise schwerer Sturm aus W und SW. Die Ostseite des Minimums 
zeigte ein ganz anderes Verhalten, indem stürmische Winde nur in gröfserer 
Entfernung von dem Minimum vorkamen: während nämlich über der südlichen 
Nordsee meist nur mäfige südsüdwestliche, etwas nördlicher, etwa zwischen 
Schottland und Jütland, frische bis stürmische östliche und südöstliche Winde 
wehten — vereinzelt meldete Helgoland ESE-Sturm — herrschte an der ganzen 
westlichen Ostseeküste bis zur Odermündung Sturm aus südöstlicher und öst- 
licher Richtung. Beim Herannahen des Minimums nahmen diese Stürme rasch 
ab, und das Sturmfeld schritt weiter nach Osten fort. Diese Vorläufer des 
eigentlichen Sturmes sind sehr charakteristisch für dieses ganze Sturmphänomen 
und lassen sich bei ihrem Fortschreiten für die ganze Küste verfolgen. 
Das Niederschlagsgebiet hatte sich über die ganze deutsche Küste aus- 
gedehnt: an der südlichen Nordsee und im Binnenlande bis zu den Alpen hin 
andauernder und sehr ergiebiger Regen, an der übrigen Küste bei östlichen 
Winden fast überall Schnee. In den letzten 12 vorhergehenden Stunden war an 
der Küstenstrecke von Wangeroog bis Bremerhaven 16—19mm Regen und von 
Schleimünde bis Travemünde 12—16mm Schnee gefallen. Auch im westlichen 
Deutschland, namentlich am Fufse der Alpen, waren die Niederschläge aufer- 
gewöhnlich stark, so dafs der Wasserstand des Rheines und der Donau, sowie 
der Nebenflüsse einen gefahrdrohenden Charakter angenommen hatte. 
Durch den lebhaften Lufttransport aus nördlichen Gegenden war in 
Frankreich Abkühlung eingetreten, die sich ziemlich rasch bis nach West- 
deutschland fortgepflanzt hatte und sich in den folgenden Tagen über ganz 
Centraleuropa ausbreitete. 
{In Anbetracht der herannahenden Gefahr wurde Morgens um 9* 30" die 
ganze Küste gewarnt, bezw. die Warnung vom 26., welche sich auf dieselbe 
Erscheinung bezog, erneuert, und diese Warnungen wurden auch durch die 
nachfolgenden Thatbestände gerechtfertigt, 
Während die Stürme auf der N-, W- und S-Seite des Minimums fort- 
dauerten, schritt dasselbe mit etwas abnehmender Tiefe langsam ostwärts fort; 
um 2 Uhr Nachmittags (am 28.) lag dasselbe in der Nähe von London. An 
der deutschen Nordsee waren die Winde unter Auffrischen nach SW gedreht, 
nur Keitum und Tönning hatten noch Ostwinde, welche um die Mittagszeit 
vorübergehend die Stärke eines Sturmes erreicht hatten. Ueber der westlichen 
Ostsee waren die Winde bedeutend schwächer geworden, dagegen auf Rügen, 
vereinzelt auch in Hela, herrschten stürmische südöstliche Winde. 
Am Abend, als das Minimum über der südlichen Nordsee lag, traten an 
der deutschen Küste auf zwei getrennten und weit entlegenen Gebieten stürmische 
Winde auf, nämlich an der südlichen Nordseeküste stürmische Winde aus SW 
and in der Danziger Bucht stürmische Schneeböen aus SE, während an der 
übrigen Küste meist leichte Winde wehten. In Jütland und über den dänischen 
Inseln waren dagegen schwere Schneestürme aus östlicher Richtung eingetreten, 
welche die ganze Nacht fortdauerten und insbesondere durch Zerstörung vieler 
Telegraphenleitungen und mannigfache Schiffbrüche arge Verwüstungen an- 
richteten, 
Die Gewitter, welche im Laufe des Nachmittags am Ostrande der De- 
pression auftraten und sich, langsam ostwärts fortschreitend, über die deutsche 
Küste bis etwa zur Odermündung fortpflanzten, standen jedenfalls im Zusammen- 
hange mit der Vertheilung und Aeuderung der Temperatur. 
Am 29. Okt. 8 Uhr Morgens lag das Minimum etwa zwischen Tönning und 
Keitum. Die Tiefe hatte zwar etwas abgenommen, allein in fast ganz West- 
deutschland stürmte es aus SW, und über Dänemark dauerten die stürmischen 
östlichen Winde noch fort, während über den britischen Inseln die Windo all- 
gemein etwas schwächer geworden waren. Aus der mittleren Nordsee fehlen 
die Beobachtungen, allein die dicht gedrängten Isobaren lassen schliefsen, dafs 
daselbst schwere Stürme aus nordöstlicher Richtung zu dieser Zeit geherrscht 
haben müssen.
	        
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