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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 9 (1881)

Bemerkenswerthe Stürme. 
Von Dr. J. van Bebber., 
’Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) 
(Mit einer Kartenbeilage.) 
Il. Sturm vom 27—30, Oktober 1880. 
Das Minimum, welches Veranlassung gab zu den schweren Stürmen über 
Frankreich, den britischen Inseln und dem Nord- und Ostseegebiete, in Be- 
gleitung von heftigen Niederschlägen,. ist auf dem Ocean schon einige Tage 
früher zu erkennen, als es seinen Einflufs auf die europäischen Küsten geltend 
machte. Höchst wahrscheinlich stammt dasselbe aus sehr niederen Breiten, und 
an der Hand des vorhandenen Materials läfst sich schon jetzt mit aller Bestimmt- 
heit nachweisen, dafs es nicht mit dem Minimum identisch ist, welches der 
„New-York Herald“ in einer Depesche vom 25. Oktober mit den Worten an- 
kündigte: „Ein gefahrdrohender Sturm durchschreitet auf dem 45, Breitegrade 
den Ocean und wird die britischen Inseln, Norwegen, vielleicht auch die fran- 
zösischen Küsten zwischen dem 27. und 29, erreichen, begleitet von starken 
südlichen nach NW drehenden Winden, Regen, im Norden Schnee, gefolgt von 
Abkühlung. Auf dem Ocean Gewitter.“ Wirklich lag am 24. ein Minimum an 
der westamerikanischen Küste in der Nähe des 45. Breitegrades. Da mir aus 
jenem Theile des Oceans eine hinreichende Anzahl Schiffsjournale vorliegt, 
so läfst sich über die Fortbewegung jenes Minimums genügende Auskunft 
ertheilen. Am 25. Morgens war das Minimum etwas ostwärts gerückt und auf 
otwa 43° N-Br und 57° W-Lg ganz deutlich zu erkennen. Am 26. Morgens lag 
es etwa auf 43° N-Br und 45° W-Lg. Dagegen ist das Minimum, welches 
die zu besprechenden Stürme bedingte, am 25. Morgens unter 45° N-Br und 
25° W-Lg ganz deutlich entwickelt und läfst sich beim weiteren Fortschreiten 
nach NE hin successive verfolgen. Es ist deshalb das Eintreffen jener amerika- 
nischen Prophezeiung dem reinen Zufall zuzuschreiben. Bedenken wir aber 
hierbei, dafs in diesem Oktober an 17 Tagen stürmische Winde auf gröfserem 
Gebiete vorkamen, und alle Tage vom 19.—31. — höchstens zwei ausgenommen 
— für irgend welches Gebiet stürmisch waren, so müfsten wir uns wundern, 
wenn jene Voraussage nicht erfüllt worden wäre. Ich würde dieser Sache 
keinerlei Erwähnung thuo, wenn nicht die Presse und das Publikum, ohne sich 
sin klares Urtheil über die wirkliche Sachlage bilden zu können, diesen De- 
peschen einen Werth beilegten, den sie wirklich gar nicht verdienen. Ist es 
doch gerade dasselbe, jedenfalls unter Umständen mehr begründet, als wenn 
Jemand sagte, befindet sich ein Sturmcentrum am Kanal, so wird es auch in 
3 oder 4 Tagen etwa am Ural oder gar iu Sibirien stürmen, und giebt dabei 
genau Richtung und Drehung des Windes, Niederschläge, Gewitter etc, an. In 
einer Zeitungskorrespondenz aus London vom 30, Oktober heifst es: „Die uns 
von Amerika herübergeschickten Wetterprophezeiungen hatten sich seit einiger 
Zeit so oft als trügerisch erwiesen, dafs das englische Publikum anfıug, sie 
nicht mehr ernsthaft zu nehmen und sich sogar weigerte, die Entschuldigungen 
gelten zu lassen, dafs dieser oder jener Sturm zwar wirklich nach Kuropa 
gekommen, aber ein wenig von der ihm drüben vorgeschriebenen Richtung 
abgewichen sei und nur darum in England nicht gespürt würde. Das letzte 
amerikanische Telegramm aber, welches für die Zeit zwischen dem 27. und 29. 
einen „gefährlichen Sturm“ ankündigte, ist nur zu pünktlich in Erfüllung 
gegangen etc.“ Aufrichtig müssen wir ferner bedauern, dafs meteorologische 
Institute, welche unter denjenigen der alten Welt eine angesehene Stellung 
einnehmen, diese amerikanischen Depeschen, welche übrigens nicht vom „Signal 
office“ ausgehen, sondern ein reines Privatunternehmen des „Herald“ sind, in 
ihr Bulletin in der oben angegebenen Form aufnehmen. — Beiläufig 
sei noch bemerkt, dafs die folgende Depesche vom 1. November, welche 
den französischen Küsten, den britischen Inseln für die Zeit zwischen dem 
4. und 6. November nach NW drehende Oststürme mit Regen und Schnee 
verhiefs, vollständig verfehlt war, da in dieser Zeit auf dem ganzen Gebiete 
stürmische Winde nicht vorkamen, aufser auf den Hebriden, wo am 6. Morgens 
ganz vereinzelt cin Weststurm wehte. 
Ann. d. Hydr., 1881, Heft I (Januar)
	        
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