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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 9 (1881)

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Bericht über einige im östlichen Theile des Nördlichen Stillen 
Oceans beobachtete Orkane. 
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) 
Kapitän J. Früchtenicht vom Hamburger Vollschiffe „ Wilhelm“ bringt 
in seinem, der Seewarte eingelieferten, meteorologischen Journal!) einen Bericht 
äber einen im nördlichen Stillen Ocean beobachteten Orkan, welcher einer Ver- 
öffentlichung an dieser Stelle werth erscheint. Das auf ciner Reise von Victoria 
nach Valparaiso begriffene Schiff befand sich am Mittage des 6. Juli 1880 in 
22,8° N-Br und 120,5° W-Lg. Der Wind war hier NEzE Stärke 5 und der, 
auf 0° Grad Temperatur reducirte, nach einem guten von der Seewarte unter- 
zuchten Barometer bestimmte Luftdruck 759,7mm. Während der letzten Hälfte 
des Tages wurde der nördlicher laufende Wind allmählich heftiger, so dass 
seine Stärke um 12 Uhr Nachts, als er aus NEzN wehte, 8 war. Gleichzeitig 
hatte auch der Luftdruck bis zu 755,4mm abgenommen. Der obere Theil des 
Himmels war zur Zeit gänzlich unbedeckt, und die Sterne schienen aufsergewöhn- 
lich hell, dagegen war es in der Kimm stark dunstig. Am 7, Juli früh über- 
zog sich der Himmel, es begann anfänglich leicht, später heftig zu regnen, auch 
beobachtete man, wie es im Nordwesten blitzte. 
Um 6 Uhr Morgens des 7. Juli wehte der Wind aus NNE in Stärke 10, 
and der Luftdruck hatte mit 750,8 mm seinen niedrigsten Stand erreicht, Kapt. 
Früchtenicht, welcher bis dahin mit dem Schiffe vor dem Winde gelenzt hatte, war 
jetzt von der Nähe eines Orkans überzeugt und drehte dabei über B. B.-Bug bei. Das 
Schiff lag beigedreht, trotz der hohen unregelmäfsigen aus NW und Ost kom- 
menden See ganz gut am Winde und überstand den Orkan, ohne beschädigt zu 
werden. Um 8 Uhr Morgens, als der Wind in Stärke 11 aus Ost wehte, erreichte 
der Sturm seinen Höhenpunkt. Das Barometer war dann von seinem um 6 Uhr 
innegehabten, niedrigsten Stande schon etwas wieder gestiegen. Um 12 Uhr 
Mittags des 7. Juli war der Wind ENE (9), der Luftdruck 754,9mm und um 
8 Uhr Abends der Wind ESE (4) und Barometerstand 758,3mm. Zur letzteren 
Zeit machte sich Dünung aus SSW bemerkbar. Am 8. Juli herrschte ganz 
Jeichte östliche und südöstliche Briese und erst am 9. Juli kam wieder frischer 
NE-Passat durch. 
Obgleich das Auftreten von Orkanen im östlichen Theile des Stillen 
Oceans, zur Zeit der unruhigen, von Juni bis Mitte November anhaltenden 
Jahreszeit, während welcher sich die südlichen und südwestlichen Winde von 
der Küste Mexziko’s ab weit nach Westen hin erstrecken, kein seltenes ist, so 
sind doch wenige der dort von Schiffen beobachteten Orkane veröffentlicht 
worden, und mag deshalb eine kurze Beschreibung einiger, welche sich in 
diesem Theile des Oceans ereigneten, passend erscheinen. 
Die Hamburger Bark „Fidelitas“, Kapt. H. Jespersen welche, mit 
Farbhölzern beladen, von Prastla nach Europa bestimmt war, wurde am 17. Juni 
1870 in der Nähe von 15,5° N-Br und 105,5° W-Lg von einem Orkane über- 
fallen, Derselbe trat auf, nachdem an mehreren der vorhergehenden Tage 
Windstille und Mallung geherrscht hatte, und wehte aus nordöstlicher Richtung 
mit solcher Gewalt, dafs, um das Schiff vor dem Kentern zu bewahren, die 
Masten gekappt werden mufsten. Der niedrigste, an einem Barometer, dessen 
Korrektion im April 1871 die Bremerhavener Agentur der damaligen Nord- 
deutschen Seewarte bestimmte, abgelesene Luftdruck war 734,3mm. 
Die Bark, deren Ruder auch verloren gegangen war, erreichte unter 
Nothmasten und Nothruder später den Hafen von Honolulu. 
Ein anderer Orkan vernichtete die, vom Bremer Kapitän Lüder Hoep- 
ken geführte Amerikanische Brigg „Shelehof“. Dieses Schiff gerieth am 3. Juli 
1871, unweit 16° N-Br und 117° W-Lg, in einen furchtbaren Wirbelsturm, 
durch dessen Gewalt die Brigg flach auf die Seite geworfen wurde und 
voll Wasser lief. Als später der grofse Mast gekappt werden konnte, 
richtete sich das mit Fichtenholz beladene Schiff wieder auf, und unter ent- 
getzlichen Entbehrungen verbrachte die, fast aller Nahrungsmittel und des 
4) S. pag. 153 u. 155. 
Ann. d. Hyadr., 1881, Heft IE (März)
	        
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