Die HOLLANDISCHE MÜTZE ist dor dritte horvorragende Punkt an
dieser Küstenstrecke. Sie ist ein bewaldeter Hügel, der etwa 5 Seem. nördlich
von Memel am Strande liegt und für die Ansegelung does Memeler Hafens als
Marke gilt.
Der südlichste Ausläufer der beschriebenen Waldregion ist der Memeler
Strandforst mit der Plantage, welche sich hinter dem Leouchtthurm von Memel
bis zur Stadt hinzieht. (Plantagen werden an der preussischen Küste die Baum-
pflanzungen genannt, welche auf und zwischen den Dünen zur Befestigung des
Flugsandes angelegt sind, um entweder den Strand selbst gegen die See oder
die dahinter liegenden Ländereien gegen das Sandwehen zu schützen.)
Zwischen der Grenze und der Holländischen Mütze liegen mehrere Ort-
schaften, wie Nimmersatt, Karkelbeck u. a. m. Die einzige sichtbare Windmühle
ist die von Karkelbeck, welche ihrer grauen Farbe wegen sich nicht besonders
vom Hintergrund des Waldes abhebt. Die Bewohner dieser Küstenstrecke treiben
Fischerci. Vor dem Strande liegen im flachen Wasser viele Steine; die Tiefen
sind sehr unregelmässig. Bis auf 3 Seem. Entfernung lothet man noch Tiefen
von weniger als 20m. Bei Nimmersatt ist die nördlichste Bootsstation des
Bremer Vereins zur Rettung Schiffbrüchiger; der Bootsschuppen steht in der
Nähe des Strandes.
Am Memeler Strandforst liegen ctwa 3 Seem. nördlich von Memel einc
Anzahl Villen, welche von Bewohnern dieser Stadt zum Sommeraufenthalt an-
gelegt sind. In dem ebenen niedrigen Lande südlich von den Villen zwischen
dem Strande und der Plantage sind einzelne Fischerhäuser verstreut, welcho
zusammen die Ortschaft Melneraggen bilden. Hier steht cin zweites Rettungs-
boot in einem Schuppen hinter den Vordünen ca. 500m vom Strande,
Memel.
MEMEL‘) ist als nördlichster grosser Mandelsplatz Preussens und des
Deutschen Reiches bekannt. Dio Einfuhr erstreckt sich hauptsächlich nur auf
Kohlen und Salz; die Ausfuhr überwiegt die Einfuhr bedeutend und besteht
vornehmlich in Holz, daneben aber auch in Flachs, Hanf, Knochen und in
ctwas Getreide.
Memel liegt am rechten Ufer des Memeler Seetiefs oder Tiefs, d. h. an
der Verbindungsstrasse des Curischen Haffs mit der Ostsee. KEin kleiner Fluss,
Jie Dange, geht durch die Stadt und mündet in das Tief. Während letzteres
die Binnenrhede für die Schiffe bildet, ist die Dange der eigentliche Hafen.
In neuerer Zeit ist nördlich von der Dangemündung am Ufer des Tiefs ein
Bassin angelegt, welches der Winterhafen heisst und einer beschränkten Anzahl
Schiffe den Aufenthalt gestattet. In die Dange können Schiffe bis ca. 4m Tielf-
vang hinein, und bequem am Bollwerk der beiden Flussufer löschen, oder bis
zu diesem Tiefgang dort laden. Im Winterhafen sind 5 bis 6m Wassertiefe.
Hier wird fast ausschliesslich Holz verladen. Da Dange und Winterhafen bei
starkem Schiffsverkehr nicht ausreichen, wird beabsichtigt, den Winterhafen zu
vergrössern oder einen zweiten Hafen anzulegen.
Vor dem Tief liegt in See eine Barre, über welche die Einfahrt oder
das Seegat führt. -
DAS SEEGAT ist sowohl was seine Richtung, als auch besonders
seine Tiefe anbetrifft, sehr veränderlich. Jedoch hielt sich in den letzten Jahr-
zehnten die Tiefe innerhalb der Grenzen von 5 bis 7m; sie war in früherer
Zeit viel geringer. Seit etwa 1830 wird durch Molenbauten dahin gestrebt,
die Strömung aus dem Curischen Haff und dem Tief in eine bestimmte Richtung
scewärts einzulenken und dadurch den Sand im Seegat zu entfernen, der sich
stets von Neuem dort anzuhäufen versucht. Es war zuerst nur die Ansicht
vertreten, dass die Sandmassen immer von Norden her durch die Küstenströmung
herbeigeführt werden, und daher wurde auch nur die Nordmole zum Schutz
jagegen ausgebaut. Es ist wohl aber als erwiesen zu betrachten, dass auch
'S. „Ann. d, Hradr. ete.“, 1877, pag. 56.