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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 5 (1877)

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eben als Theile eines Wirbelwindes den Golfstrom als Süd- und SW-Winde mit 
Nebel geschwängert verlassen haben — immer mehr verdichten. 
Diese Nebelmassen, welche den wostlichen Theil des Nord- Atlantischen Oceans, 
vorzugsweise in den Sommermonaten, so bedecken, dass der Seemann dort oft tage- 
und wochenlang keine freie Kimm zu sehen bekommt, werden mit dem nörd- 
lichen Arm des Golfstroms nach Europa herübergeführt, wo sie die Küsten Gross- 
britanniens und Norwegens überziehen und deren Fruchtbarkeit bedingen. In 
den Sommermonaten hebt sie die wärmere und leichtere Luft des Landes auf und 
schlägt sie als Regen nieder; in der kalten Jahreszeit jedoch vermögen sie sich 
auch hier unter dem Namen des englischen, schottischen oder nordischen Nebels 
in anhaltender Weise fühlbar zu machen. 
Auf der amerikanischen Seite sind sie bedeutend intensiver, als auf der 
europäischen; doch lässt deren südlichere Breite mit der viel grösseren Wärme 
des Festlandes nicht zu, dass dieses dauernd von Nebel überzogen wird; da- 
gegen absorbirt es ihn schon oft bis auf einige Meilen in See hinaus. 
Daher ist dem Seefahrer in der Nähe der Küste am Tage nur anzu- 
rathen, natürlicherweise bei gehöriger Vorsicht, nie Nebels halber die Fahrt des 
Schiffes zu hemmen, sondern ruhig seinem Kurs zu folgen, bis sich der Nebel 
theilt oder ihm eine helle Farbe des Wassers, Lothung, oder. das Geräusch der 
Brandung die Nähe von Land anzeigt. Der Nebel wird dann meistentheils schon 
so niedrig liegen, dass, obwohl das Unterschiff noch gänzlich eingehüllt ist, 
man von den Toppen der Masten über ihn hinweg freie Aussicht hat und das 
Land klar vor sich liegen sieht. 
In den kalten Monaten werden die Nebel um Neufundland herum durch 
die von Norden und Westen kommenden Luftströme auf den Golfstrom zurück- 
gedrängt, und es herrscht alsdann gewöhnlich in der ganzen Breite des arktischen 
Stromes klares Wetter; daher ist auch in dieser Beziehung dem Seemann anzu- 
rathen, so schnell als möglich das arktische Stromgebiet anzusteuern, Weiter 
züdlich von Neu- Schottland bis Cap Hatteras dagegen führen die Wirbel die 
Dünste des Golfstromes in gefrornem Zustande wieder mit sich herauf; dort an 
der Küste sind daher tagelang anhaltende Schneestürme von SE—NE etwas ganz 
Gewöhnliches, die aber bei gohöriger Beobachtung des Barometers, wie des 
Wasserthermometers dem Seefahrer nicht gefährlich werden, 
Eine auffällige Erscheinung ist die im Nebel wild und kurz durcheinander 
laufende See, woher die Redensart der Seeleute kommt „der Nebel hebe die See“. 
Sie lässt sich vielleicht auf folgende Ursachen zurückführen: Einmal läuft im ganzen 
Nebelgebiete eine mehr oder minder starke Strömung des Wassers, durch welche 
es beunruhigt wird; und zweitens übt die Atmosphäre nur einen geringen Druck 
auf die mit dem Nebel geschwängerte Luftschicht aus, so dass auch die See bei 
ihrem ewigen Fluth- und Ebbewogen weniger Widerstand von dem Luftdruck 
orfährt, als bei kälteren dichteren oder freien Luftströmungen. Mit plötzlich 
einsetzendem NW-Winde ist Nebel und See im Augenblick verschwunden. 
Eine zweite noch sonderbarere Erscheinung bietet sich uns dar, wenn bei 
steifer Brise und sehr dichtem Nebel dieser einen ganz andern Lauf annimmt, 
als der Wind. HEine optische Täuschung dabei ist nicht anzunehmen, da der 
Niederschlag des Nebels gegen Taue und Segel die Richtigkeit der Beobachtung 
bestätigt. Ich suche die Erklärung in einem starken Druck höherer Luftschichten 
auf die untere, zumal man es stets mit einem Wirbelwinde bei diesem Phänomen 
zu thun haben wird. 
Die seemännische Annahme „der Nebel müsse auf der Leeseite zu 
brechen beginnen, wenn es’ dauernd aufklaren soll“ wäre dadurch zu begründen, 
dass seine Aufhebung oder sein Niederschlag nur durch einen Luftstrom ver- 
ursacht werden kann, der auf den zeitigen störend einwirkt, also von einer 
andern, womöglich der entgegengesetzten Seite her mit stärkerer Kraft vor- 
dringen muss,
	        
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