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eben als Theile eines Wirbelwindes den Golfstrom als Süd- und SW-Winde mit
Nebel geschwängert verlassen haben — immer mehr verdichten.
Diese Nebelmassen, welche den wostlichen Theil des Nord- Atlantischen Oceans,
vorzugsweise in den Sommermonaten, so bedecken, dass der Seemann dort oft tage-
und wochenlang keine freie Kimm zu sehen bekommt, werden mit dem nörd-
lichen Arm des Golfstroms nach Europa herübergeführt, wo sie die Küsten Gross-
britanniens und Norwegens überziehen und deren Fruchtbarkeit bedingen. In
den Sommermonaten hebt sie die wärmere und leichtere Luft des Landes auf und
schlägt sie als Regen nieder; in der kalten Jahreszeit jedoch vermögen sie sich
auch hier unter dem Namen des englischen, schottischen oder nordischen Nebels
in anhaltender Weise fühlbar zu machen.
Auf der amerikanischen Seite sind sie bedeutend intensiver, als auf der
europäischen; doch lässt deren südlichere Breite mit der viel grösseren Wärme
des Festlandes nicht zu, dass dieses dauernd von Nebel überzogen wird; da-
gegen absorbirt es ihn schon oft bis auf einige Meilen in See hinaus.
Daher ist dem Seefahrer in der Nähe der Küste am Tage nur anzu-
rathen, natürlicherweise bei gehöriger Vorsicht, nie Nebels halber die Fahrt des
Schiffes zu hemmen, sondern ruhig seinem Kurs zu folgen, bis sich der Nebel
theilt oder ihm eine helle Farbe des Wassers, Lothung, oder. das Geräusch der
Brandung die Nähe von Land anzeigt. Der Nebel wird dann meistentheils schon
so niedrig liegen, dass, obwohl das Unterschiff noch gänzlich eingehüllt ist,
man von den Toppen der Masten über ihn hinweg freie Aussicht hat und das
Land klar vor sich liegen sieht.
In den kalten Monaten werden die Nebel um Neufundland herum durch
die von Norden und Westen kommenden Luftströme auf den Golfstrom zurück-
gedrängt, und es herrscht alsdann gewöhnlich in der ganzen Breite des arktischen
Stromes klares Wetter; daher ist auch in dieser Beziehung dem Seemann anzu-
rathen, so schnell als möglich das arktische Stromgebiet anzusteuern, Weiter
züdlich von Neu- Schottland bis Cap Hatteras dagegen führen die Wirbel die
Dünste des Golfstromes in gefrornem Zustande wieder mit sich herauf; dort an
der Küste sind daher tagelang anhaltende Schneestürme von SE—NE etwas ganz
Gewöhnliches, die aber bei gohöriger Beobachtung des Barometers, wie des
Wasserthermometers dem Seefahrer nicht gefährlich werden,
Eine auffällige Erscheinung ist die im Nebel wild und kurz durcheinander
laufende See, woher die Redensart der Seeleute kommt „der Nebel hebe die See“.
Sie lässt sich vielleicht auf folgende Ursachen zurückführen: Einmal läuft im ganzen
Nebelgebiete eine mehr oder minder starke Strömung des Wassers, durch welche
es beunruhigt wird; und zweitens übt die Atmosphäre nur einen geringen Druck
auf die mit dem Nebel geschwängerte Luftschicht aus, so dass auch die See bei
ihrem ewigen Fluth- und Ebbewogen weniger Widerstand von dem Luftdruck
orfährt, als bei kälteren dichteren oder freien Luftströmungen. Mit plötzlich
einsetzendem NW-Winde ist Nebel und See im Augenblick verschwunden.
Eine zweite noch sonderbarere Erscheinung bietet sich uns dar, wenn bei
steifer Brise und sehr dichtem Nebel dieser einen ganz andern Lauf annimmt,
als der Wind. HEine optische Täuschung dabei ist nicht anzunehmen, da der
Niederschlag des Nebels gegen Taue und Segel die Richtigkeit der Beobachtung
bestätigt. Ich suche die Erklärung in einem starken Druck höherer Luftschichten
auf die untere, zumal man es stets mit einem Wirbelwinde bei diesem Phänomen
zu thun haben wird.
Die seemännische Annahme „der Nebel müsse auf der Leeseite zu
brechen beginnen, wenn es’ dauernd aufklaren soll“ wäre dadurch zu begründen,
dass seine Aufhebung oder sein Niederschlag nur durch einen Luftstrom ver-
ursacht werden kann, der auf den zeitigen störend einwirkt, also von einer
andern, womöglich der entgegengesetzten Seite her mit stärkerer Kraft vor-
dringen muss,