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und wenn man nach den Vereinigten Staaten will — zwischen Sable Island und
dem Festlande von Nova Scotia durch, auf die (Aeorg-Bank und im arktischen
Strom auf den Bestimmungshafen los.
[T.
Von den wenigsten Capitainen wird der Temperaturmessung des Wassers
besondere Aufmerksamkeit geschenkt, und doch ist diese sehr wichtig, besonders
für die Winterreisen nach Nord-Amerika auf der nördlichen Route.
Ein gutes Chronometer ist für den Navigateur gewiss ein schätzbares
Instrument; doch würde ich dieses auf einer solchen Reise nach Nord-Amerika
lieber, als ein Wasserthermometer entbehren. Zur Chronometer-Längen-
observation ist Gestirn und klare‘ Kimmung Bedingung, welche gerade da, wo
man ihrer am meisten bedarf — in der Nähe der amerikanischen Küste — der
anhaltenden Nebel halber, oft wochenlang fehlen. Das Thermometer giebt mir
dagegen dort im dichtesten Nebol bei gehöriger Beobachtung zu jeder Zeit und
Stunde die Länge genau genug, um das Schiff frei von Gefahr zu halten, selbst
wenn ich mich bei dem Besteck auf dem Atlantischen Ocean gar nicht um sie
gekümmert haben sollte.
Um zu beobachten, welche Vortheile uns durch den Gebrauch des
Wasserthermometers zur Beschleunigung der Reise oder Warnung vor Gefahr
crwachsen werden, wollen wir in Gedanken auf einem Segelschiffe eine Reise
von Hamburg nach New- York im Monat Januar unternehmen, und zwar auf der
Route nordwärts um Schottland.
Von der Elbe ab messen wir die Temperatur des Nordsee-Wassers von
unter 0° bis zu 5° C, (4° R.) in der Nähe von Schottland, 6.25° C. (5° R.)
bei den Orkneys, 7.5° C. (6° R.) im Norden von den Shetlands und 8.75° C.
(7° R.) bei den Faroer-Inseln, wie in 60/61° Breite südlich von Island.
Die Mannschaft, welche bei Beginn der Reise nicht grosse Zufriedenheit
zeigte, als wir den Kurs nördlich setzten, macht vergnügte Gesichter; die
Witterung ist bedeutend milder geworden, und vergeblich sehen wir uns bei
den Faroer-Inseln nach schneebedeckten Kuppen um. Wir kommen zu der An-
nahme, dass die warme Wassertemperatur in der ihr nächsten Luftschicht im
Allgemeinen nicht anhaltende kalte Luftströme dulden kann und finden dieselbe
um so mehr gerechtfertigt, als die Winde fortwährend aus Süd, SSW und SW
(rw. SE, SSE und Süd) wehen, womit wir unsern Kurs, voll durchsteuernd,
westwärts nehmen, unbekümmert um Islands Südküste und um die zuweilen
dort vorkommenden Winde aus WSW bis West, welche stets nur von kurzer
Dauer sind.
Wir machen West zwischen 58° Nord-Br. und der Südküste von Island
so gut wir können, und freuen uns, ein Etmal nach dem andern in der Karte
verzeichnen zu können, in welchem jede Wache einen Längengrad und darüber
gebracht hat. Die Gefahr für Collisionen ist gleich Null, und brauchen wir in
dickem Wetter und dunkler Nacht keine Rücksicht in der Segelführung darauf
zu nehmen, so dass wir die Reise nach Möglichkeit fördern können.
Wir messen inzwischen das Wasser weiter und finden die Temperatur
desselben auf 25° West-Lg. sich zu 7.5° C., auf 30° West-Lg. zu 6.25° C. ver-
mindernd. Der Wind drehte sich nach SE und weht in 35° West-Lg. bei 5° C.
Wassertemperatur schon aus Ost und ENE, so dass wir jetzt den Kurs auf
Cap Race setzen. Wir könnten den West-Kurs noch länger beibehalten, um die
P’olarströmung zu benutzen, doch möchte uns diese, der Eismassen halber,
welche sie vorzüglich im Winter mit sich führt, in dunkler Nacht gefährlich
werden.
Die verminderte Wassertemperatur zeigt uns, dass wir ung der Scheide
des Golf- und arktischen Stromes nähern, wo wir es nun hauptsächlich mit
Wirbelwinden zu thun haben werden, die hier im Winter gegen die Sonne
votiren. Die richtigen Quadranten haben wir bereits angeschnitten, welche, nach-
dem wir sie ausgenutzt haben, uns den nächsten Wirbel wieder in günstiger
Position zuführen, wenn wir solche nicht durch eigene Schuld verloren gegeben
haben. Je südlicher wir kommen, desto mehr nimmt die Temperatur, sowohl
der Luft, wie des Wassers, ab; und in 50° Nord-Br. und 50° West-Le. finden