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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 5 (1877)

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herrschte (s. diese „Annalen etec.“, 1877, pag. 300 und 301). Auch der Zustand 
der Atmosphäre zu Puerto-Rico während des 12. September liess auf eine 
aussergewöhnliche Bewegung in derselben schliessen und einige Anzeichen wahr- 
nehmen, welche als Vorläufer eines Orkans gelten. Die Hitze war drückend, 
und zeitweise herrschte völlige Windstille, welche nicht von dem geringsten 
Luftzuge unterbrochen wurde, eine in diesen Klimaten, in denen sich stets eine 
Brise bemerklich macht, nicht häufig vorkommende Erscheinung. Die Luft 
schien weniger durchsichtig und dicker als gewöhnlich; entfernte Gegenstände 
konnte man nur undeutlich sehen, als ob dieselben in eine Art Dampf oder 
Nebel gehüllt wären. Die Wetteranzeichen waren drohend, namentlich beim 
Untergang der Sonne zwischen schweren, kupferfarbigen Wolken, welche der 
Atmosphäre eine eigenthümliche, düstere Färbung verliehen. Am Nachmittag 
des 12. September erschienen unvermuthet einige cirro-strati; einzelne leichte 
Wölkchen, welche am Horizont in ziemlicher Höhe von NE nach SW mit einer 
Geschwindigkeit hineilten, die mit der unten herrschenden Windstille contrastirte, 
zeigten an, dass auch die höheren Luftschichten durch die Annäherung des Orkanes 
bereits in ihrem Gleichgewicht gestört waren. Der Wind, welcher in den vor- 
hergehenden Tagen beständig SE gewesen war, sprang um 1 Uhr Nachmittags 
nach NE um. Beim Einbruch der Nacht am 12. September stellten sich heftige 
Böen aus NE ein, begleitet von starken Regengüssen, und hielten ununterbrochen 
bis 4 Uhr Morgens am 13. an, um welche Zeit der Orkan seine ganze Kraft 
zu entfalten begann. Zu dieser Zeit stand das Barometer auf 755.60”” und 
fiel hierauf fortwährend mit grosser Schnelligkeit bis 8'/% Uhr Morgens, wo es 
auf 742.65” stand und den tiefsten Stand während des Orkans in dieser Stadt 
erreichte (s. unten die Tabelle IH). Dann fing das Barometer wieder an, 
schnell zu steigen. An dem vorhergehenden, so wie an dem folgenden Tage 
beobachtete man den Dunstschleier, welcher für ein charakteristisches Merkmal 
dieser Erscheinungen gehalten wird. Das Thermometer, welches an den, dem 
13. September vorhergehenden Tagen die gewöhnliche Temperatur von 28° bis 
30° C. zeigte, fiel an genanntem Tage beträchtlich, denn es stand um 9 Uhr 
Morgens auf 24° C. Die relative Feuchtigkeit, welche am 12. September Nach- 
mittags 4 Uhr noch 71 Procent betrug, stieg am 13. September während des 
Orkanes bis zu 94 Procent. 
Der Wind, welcher, wie oben erwähnt, an den vorhergehenden Tagen 
SE war und am Nachmittag des 12. September nach NE umsprang, wehte aus 
dieser Richtung in den ersten Stunden des Orkanes und ging dann allmählich 
nach ENE, Ost, ESE, SE und SSE herum; mit der Richtung aus SSE legte 
sich der Orkan. Die Stärke des Sturmes nahm zu vom Nachmittag des 12. bis 
81% Uhr Morgens des 13. September, um welche Zeit er am heftigsten wehte. 
Nach den Anemometer-Angaben (s. Tabelle II) war die mittlere Geschwindig- 
keit des Windes 28 Met. die Secunde oder ca. 100 Kilom. die Stunde um 
31/23 Uhr Morgens und erreichte in einzelnen Böen die Geschwindigkeit von 
130 Kilom. die Stunde. 
Während des Orkanes zogen die Wolken, welche ein eigenthümliches 
Aussehen hatten und sich mit grosser Geschwindigkeit fortbewegten, so tief, 
dass sie beinahe die Dächer der Gebäude streiften, und der Regen fiel so dicht, 
dass man nur bis auf eine Entfernung von einigen Metern weit sehen konnte. 
Einige Blitze von fahler, gelblicher Farbe und vereinzelte Donnerschläge, welche 
wegen des Tosens des Sturmes kaum gehört wurden, begleiteten diese gross- 
artige Naturerscheinung, 
Die während des Orkanes gefallene Regenmenge betrug nach Angabe des 
Regenmessers 120", 
Die von D. L. de Tejada an verschiedenen Orten der Insel Puerto- 
Rico und der benachbarten Inseln gesammelten Daten über die Schwankungen 
des Barometers und die Veränderungen der Windrichtung, wie sie während 
des Orkans und am Beginn und Ende desselben an diesen Orten beobachtet 
wurde, und über die Uhrzeit des Anfangs und des Endes der grössten Stärke 
des Orkanes an den verschiedenen Orten lassen die Richtung und Geschwindig- 
keit des Fortschreitens, die Stärke und die sonstigen Verhältnisse dieses Orkanes 
sinigermaassen genau bestimmen.
	        
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