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entsendet, um Beobachtungen von Mondeulminationen zur Bestimmung des
Längenunterschiedes zwischen ihren betreffenden Stationen und dem Meridian
von Paris zu machen. *)
Damals konnte die gegenwärtige grosse Ausdehnung der unterseeischen
Kabel noch nicht vorausgesehen werden, sonst würde die französische Commission
ohne Zweifel mit diesen Arbeiten gewartet haben, bis die Methode des Aus-
tausches elektrischer Signale, welche so viel einfacher und genauer ist, hätte
angewendet werden können. .
Es wurden in Nord- und Süd-Amerika, in Afrika, China, Japan und
Indien und auf mehreren Inseln des Stillen und Indischen Oceans Stationen
errichtet und Beobachtungen für diesen Zweck angestellt; weder Geldmittel
noch Zeit wurden gespart, um die besten Resultate zu erzielen, aber die so be-
stimmten Längen scheinen nicht völlig frei von Unsicherheit zu sein. Professor
Asaph Hall, von dem Marine - Observatorium zu Washington, äussert sich
hierüber folgendermaassen:
„Die Unsicherheit der Längenbestimmung aus Mondeulminationen scheint
davon herzurühren, dass in den Beobachtungen selbst constante Fehler enthalten
sind, welche auch nicht durch eine grössere Anzahl von Beobachtungen beseitigt
werden können. Der wirkliche Fehler in Länge, welche man aus Mondeulminationen
unter den besten Bedingungen, d. h. wenn der Mond mit Sternen an beiden Stationen
verglichen wird, herleitet, beträgt 2 oder 3 Zeitsecunden. In dem Falle, dass man
die Position des Mondes aus einer Ephemeride entnimmt, kann der Fehler in
Länge noch grösser sein, da gegenwärtig die aus den besten Tafeln, wie die von
Hansen und Peirce, berechneten Ephemeriden häufig Fehler von nahezu einer
ganzen Zeitsecunde aufweisen. Es ist hierbei noch zu bemerken, dass die Be-
wegung des Mondes unter den Sternen nahezu 30 Mal langsamer ist, als die
der Rotation der Erde um ihre Axe, dass also ein Fehler in den Beobachtungen,
oder in der Position des Mondes in den nach dieser Methode erhaltenen Längen
mit einem Factor von beinahe gleich 30 multiplicirt erscheint.“ ?)
Die Astronomen haben ferner versucht, sowohl durch eine grosse Anzahl
von Chronometerübertragungen quer über den Atlantischen Ocean, als auch
durch Beobachtungen von Mondculminationen, Sternbedeckungen und Jupiters-
Trabanten-Verfinsterungen, einen secundären Meridian für Washington zu er-
halten, indem man den Längenunterschied zwischen Washington und Greenwich,
dessen möglichst genaue Feststellung hierzu erforderlich ist, bestimmte. Aber
die Nichtübereinstimmung der Resultate, von denen jedes für sich betrachtet
volles Vertrauen verdiente, übersteigt 4 Zeitsecunden®); erst die Vollendung des
Atlantischen Kabels im Jahre 1867 gewährte eine absolut sichere Methode,
dieses Problem endgültig zu lösen.*‘) Keine Mühe, Arbeit und Kosten wurden
von der „United States Coast Survey“ für ihre Chronometer-Messungen gespart,
ebenso ist die vollständige Genauigkeit von Prof. Newcomb’s Untersuchungen
den Astronomen wohlbekannt, und doch weicht das Resultat der letzten
Chronometer - Expedition zwischen England und den Vereinigten Staaten von
Amerika von dem Längenunterschied, welchen Prof. Newcomb aus den Be-
obachtungen der Mondculminationen zu Washington, verglichen mit correspon-
direnden Beobachtungen zu Greenwich, hergeleitet hat, um mehr als 3'/2 Zeit-
zecunden ab.?)
‘) Vgl. „Hydr. Mitth.“ 1873, pag. 25.
2) So würde z. B. ein Fehler von 1/10 Zeitsecunde in der beobachteten Rectascension des
Mondes einen Fehler von fast 3sec. in Länge verursachen,
3) Die von Loomis-im Jahre 1851 aus Beobachtungen von Mondeulminationen zu Hudson
in den Jahren 1838—1844 hergeleitete Länge der Sternwarte von Washington ist nämlich 5h 8min. 9,3sec.
und die von Bond, im Jahre 1856, aus der Discussion der letzten Chronometer-Expedition zwischen
Europa und Nord-Amerika im Jahre 1855 bestimmte Länge der Sternwarte von Washington ist
35h 8min, 13.43sec. + 0.1980. (s. „U, S, Coast Survey“ für 1867, pag. 60). A. d. R,
4) Die hiernach von Gould für Washington (Naval Observatory) festgestellte Länge beträgt
5h 8min. 12,39see. oder 77° 3‘ 5.85 West von Greenwich (a. a. O. pag. 116), In dem Berliner
„Astronom, Jahrbuch“ ist die Länge dieser Sternwarte zu 5h 8min. 12,0sec., in dem „Nautical Almanac“
und in der „Connaissance des temps“ zu 5h 8min. 11.ısec. angegeben, A, d, R.
5) Newcomb hat aus den Beobachtungen von Mondculminationen zu Washington in den
Jahren 1862 und 1863 die Länge der Sternwarte von Washington gefunden =: 5h 8min. 9,gsec, (aus
denen von 1846—1860 allerdings 5lı Smin. 11,6sec.), also um 3.65ecC. abweichend von dem obenerwähnten
Resultate der letzten Chronometer-Expedition zwischen Boston. und Livervonl im Jahre 1855 (a. a. O.
pag. 607. A. d. R.