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Am 17. Juli wehte cin sehr starker Sturm aus ENE; dieser nahm bis zur
Stärke 11 zu und hatte sehr hohen Seegang zur Folge, der nur mit der hohen und
langen See während eines Teifuns verglichen werden kann; wenn auch diese
Richtung des Sturmes hier eine ganz aussergewöhnliche ist, da die in dieser
Jahreszeit zu erwartenden Stürme aus westlicher Richtung wehen, gegen welchen
dieser zuletzt gewählte Ankerplatz der ‚, Vineta‘“ vollkommen geschützt war, so
dürfte gleichwohl nach dieser Erfahrung die Bucht von San Jos& als Zufluchtsort
für grosse Schiffe nicht zu empfehlen sein.
Ausser einer Gesellschaft Gauchos, die sich zum Zweck der Straussen-
jagd in der Nähe aufhielt, wurden an der Küste keine Menschen angetroffen.
Frisches Wasser wurde von Niemand aufgefunden. Nach Angabe der
Leute findet man im Lande hin und wieder Bodenoinsenkungen (Tacamars), die
das ganze Jahr hindurch trinkbares Regenwasser enthalten. Die Gauchos führten
von diesem Wasser einen Vorrath auf Packpferden mit sich.
Schiffe aus diesen Tacamars mit frischem Wasser zu versehen, würde
nicht angängig sein, wohl aber würde eine Besatzung, die genöthigt wäre,
an dieser Küste das Schiff zu verlassen, Aussicht haben, eine solche Quelle
Für trinkbares Wasser in südöstlicher Richtung vom Eingange der Bucht auf-
zufinden.
Die von uns besuchte Küste der Halbinsel Valdez unterscheidet sich
in keiner Weise von den Pampas des Festlandes. Das höchst spärlich, mit
dornigem kurzem Gestrüpp und etwas Gras bewachsene Land hat langgestreckte,
flache, wellenförmige Bodeneinsenkungen und macht den Eindruck der grössten
Einförmigkeit, Oede und Ruhe,') welche allerdings zuweilen durch ein ziem-
lich reiches. und mannigfaltiges Thierleben unterbrochen wird. Das höchste
Interesse erregien bei uns die, mehrfach in Rudeln zu 15—20 Stück am Ufer
geschenen und auch vereinzelt in der Bucht selbst angetroffenen riesenhaften
Robben, der Seebär (Arciocephalus falclandieus); bei einer Jagdparthie wurden
ürei derselben erlegt; das eine vollständig an Bord gebrachte Thier war von
der Nasenspitze bis zum Schwanz 2.74 Met. lang und bis zum Ende der Schwanz-
Äosse sogar 3.07 Mot.; der grösste Umfang betrug 1.90 Met. und das Gewicht
375 Kilogr. Ausserdem sahen wir noch viele Guanako’s, das wichtigste Jagd-
thier der Pampas, halbwilde, kräftige, gedrungene Pferde der Pampas, die
Spuren eines Puma’s und die eines Gürtelthieres. Von Vögeln sind hier vor
Allem vorherrschend See- und Strandvögel, welche einzelne Stellen, namentlich
die in das Wasser vorspringenden Klippen, vollständig bedeckten, jedoch ganz
besonders schen und darum schwer zu schiessen waren; unter diesen sind
wiederum vorwiegend die gewöhnlichen Silbermöven, die Seeschwalben, der
schwarze Kormoran, ein circa %3 Met. hoher Pinguin und der Edelreiher. Der
wichtigste Landvogel dieser Gegenden ist der amerikanische Strauss (Nandu);
in den dichten, bewachsenen Einsenkungen halten sich viele kleine Singrögel auf,
darunter ein, unserer Rothärossel ähnlicher Vogel; ferner zeigten sich zahlreiche
grössere und kleinere Raubvögel, Adler, Falken und Habichte, und einige
Hühnerarten.
Am 18. Juli, des Abends, wurde bei mässigem, westlichem Winde die
Rückreise nach dem Rio Negro angetreten und 8 Uhr Abends der Ausgang der
Bucht passirt. Die Stromkabbelung in demselben wurde bei halber Ebbe (bei
der Einscgelung bei halber Fluth) an einer Stelle so stark gefunden, dass das
') Nach einer Schilderung des Stabsarztes Dr. Schultz von S. M. S. „Vineta* zeigten die
Ufer in der Bucht von Szr Juse, soweit Gelegenheit war, dieselben näher untersuchen zu können,
ziemlich gleichmässig die Beschaffenheit eines sandig thonigen Diluvialbodens. An einigen Stellen in
Form langsam ansteigender Höhen sich allmählich aus dem Wasser bis zu Hügeln von 30—45 Met.
Höhe erhebend, an anderen als schroffe Wand von gleicher Höhe längs des Wassers sich hinziehend,
besteht das Terrain überall an der horizontalen Oberfläche aus einem feinpulverigen, weichen, mergel-
artigen Staub, dem in-der Tiefe nach und nach dichter und fester werdende Schichten von derselben
Beschaffenheit folgen. Etwa 3.4 Met, oberhalb der durchschnittlichen Fluthlinie (8 Met.) findet man
zwischen den Schichten eine ca, 2 Centimeter mächtige horizontale Lage von gypsähnlichem, krystalli-
nischem Gestein.
Die Pflanzendecke charakterisirt sich zunächst durch das Fehlen jedes baumartigen Gewächses
und aller grossblätterigen Laubpflanzen; sie besteht vorwiegend aus niedrigen, strauch- und kraut-
artigen Gewächsen von holzig-dorniger Beschaffenheit aus der Familie der Mimosen, Compositen und
Cacteen, Der Mate-Strauch und, in tieferen feuchten Stellen der Kinsenkungen, Sumpfgräser bilden
lie Pflanzendecke dieses yrauen feinpulverigen Thonbodens der Pampas der Halbinsel Vahlez.