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Versotzung trat noch deutlicher hervor, als der SW-Wind mit fast ‚Pleicher
Stärke bis zum 6. Juli Mittags anhielt und eine Versetzung nach rw. N 33° E,
35 Seem. in 24 Stunden, verursachte. Am 6. Juli wurde er etwas flauer,
Stärke 5—6, doch wurde bis zum 7. Juli fast dieselbe starke Versetzung
vw. N 60° E, 23 Seem., bemerkt.
Durch diese Versetzung befand sich S. M. S. „Vineta“ am 8. Juli bo-
deutend nach Nord und Ost zurückgetrieben und hatte in fünf Tagen kaum
200 Seem. nach SE, statt nach SW, zurückgelegt, darunter ungefähr 120 Secm.
unter Dampf.
Am 8. Juli Abends wurde der Wind mit fallendem Barometer flauer; naclı
einigen Stunden Windstille setzte etwas nördlicher Wind ein, mit welchem der
directe Kurs eingeschlagen werden konnte. Leider hielt dieser günstige Wind,
der ebenfalls im Laufe einiger Stunden bis zur Windstärke 8—9 zunahm, nur
kurze Zeit an und ging schon in der folgenden Nacht, flauer werdend, auf NW,
am 10. Juli wieder auf West und SW und blieb westlich, bei verschiedener
Stärke zwischen 3 bis 9, bis zum Ende der Reise,
Am 12. Juli Morgens kam die Küste bei Punta Raza in Sicht, und Mittags
wurde vor der Mündung des Rio Negro geankert.
Die in den Segelanweisungen vorhandenen Beschreibungen dieses Theiles
ler Küste genügen zur Orientirung; doch bietet allein der Höhenzug von South-
Barranca durch seine dunkele Färbung und durch das allmähliche Abflachen
nach Osten eine gute Marke zur Ansegelung des Rio Negro, Man wird am besten
thun, nachdem man Punta Raza im ca. NW p. Comp. gepeilt hat, sich in
25.6 Met. Wasser mit ca. SWzW- Kurse zu halten, bis man Barranca in
NW'AN p. Comp. peilt und dann in dieser Peilung auf 16.3 Mot. Tiofe
zu ankern,
Am 21. Juli, 10* a, m., wurde unter Dampf die Rückreise nach Montevideo
angotreten. Die durch den starken SE-Wind am 18. Juli vor dem Rio Negro
aufgekommene hohe Dünung hatte fast noch gar nicht nachgelassen und machte
sich auch noch während der ganzen Rückreise bemerkbar. Wahrscheinlich hat
in der Zeit vom 22, bis 25. Juli im Südatlantischen Ocean ein schwerer SE-Sturm
geweht (s. unten), denn die oben erwähnte südöstliche Dünung liess zwar bis zum
24. Juli etwas nach, erhob sich dann aber wieder bei leichten westlichen Winden
zu ganz unverhältnissmässiger Höhe, denn der Unterschied zwischen Wellenberg und
Wellenthal wurde auf wenigstens 6 Met. geschätzt. Erst am 27, Juli Abends,
auf ca. 37° Süd-Br. und 55° West-Lg., legte sich die hohe Dünung, welche bis da-
hin die Geschwindigkeit des Schiffes in hohem Grade beeinträchtigt hatte. Die
dabei beobachtete Versetzung war jedoch, wie schon früher bemerkt, vom Winde
abhängig, denn sie zeigte sich, entgegen der Dünung, nach N 73° E, 13 Seem.
in 24" sotzend, wenn auch vom 25. bis 26. Juli eine geringe Versetzung nach
N37° W, 6 Seem., beobachtet worden war. Bis zum 28. Juli Morgens wurde
die Reise ohne sonstige bemerkenswerthe Ereignisse fortgesetzt, bei meist
leichten westlichen Winden, wobei es auffiel, dass der Wind diesmal gegen die
Sonne, d. h. SE—Süidi—SW—NW, ging und bei Nord fast ganz still wurde. Es
wurde deshalb vom 28. Juli Morgens ab, als die Breite von Cap Antonio
erreicht war, cinige Stunden in gänzlicher Windstille gedampft, dann aber,
bei aufspringendem, allmählich frischer wehendem Winde, gesegelt und am
29. Juli 9% a. m. unter Segel auf der Rhede von Montevideo in 8.8 Met.
Wasser geankert.
Während der Passage der Bänke an der Mündung des La Plata wurde
stündlich mit dem Grundlogg geloggt und dabei eine Stromversetzung von 2,5
bis 2 Seem. die Stunde nach NNW bemerkt; es fiel wiederum auf, dass das
Leuchtfeuer von Monte Cerro erst auf 16 bis 17 Seem. Entfernung in Sicht
kam, statt wie in der Karte angegeben, auf 25 Seem.
Nach den in Montevideo bei sachverständigen Personen eingezogenen
Erkundigungen über die Witterungsverhältnisse der letzten Woche ergab
sich, dass im La Plata am 22. und 23. Juli ein schwerer orkanartiger Sturm
mit grossem Regenfall gewüthet hatte; der Sturm hatte in SW begonnen, war
dann auf SE gesprungen, dann auf NE, und hatte schliesslich in NW geendet.“