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in den oberen Schichten, welche der Ausbreitung (Stärke) des Tones günstig
wurde, eingetreten war. Zwar wurde diese Aenderung an dem Versuchsort in
den unteren Schichten erst später beobachtet; es konnte dagegen nachgewiesen
werden, dass an einer 7 Seem. nördlich entfernten Station der Wind an diesem
Tage in den unteren Schichten des Morgens südlich war, dann am Nachmittag
SW, und endlich gegen Abend NW wurde, so dass es wahrscheinlich ist, dass
der Wind auch auf der Beobachtungsstelle bei der letzten Fahrt, welche jene
Aenderung der Curve zeigte, bereits in den oberen Schichten gewechselt hatte.
Fig. 9 endlich zeigt in der Curve nicht die Grenze der Hörbarkeit, son-
dern giebt die Entfernungen, in welchen eine nach A. gerichtete Sirene mit einer
vertical nach oben gerichteten gleich und schwach gehört wurde.
Professor Henry sagt über diese Versuche:
„Es sind die Thatsachen, die wir beobachtet haben, wenn nicht in ge-
nauer Uebereinstimmung mit unserer Vorstellung von der Hypothese des Pro-
fessor Stokes, doch wenigstens nicht unverträglich mit derselben. Wir müssen
aber jetzt die Aufmerksamkeit auf eine Thatsache von grossem Interesse lenken,
nämlich auf den bemerkenswerthen Unterschied im Gehörkreis, wie ihn die ver-
schiedenen, alle in demselben Maassstab gezeichneten Figuren aufweisen. Ver-
gleicht man z. B. die Curve Fig. 7 mit der Curve Fig. 5°, so möchte man bei
dem ersten Anblick annehmen, dass die Kleinheit der ersteren der ungleichen
Beschaffenheit der Atmosphäre zuzuschreiben wäre, welche, den Schall absor-
birend, die Gehörsphäre verkleinert. Aber unglücklicher Weise für diese Er-
klärung hatte es sich durch die Beobachtungen des Dampfschiffes „Cartus“ zur
selben Zeit, als die Data zu jener Curve festgestellt wurden, gezeigt, dass die
Luft damals in einer bemerkenswerth günstigen Beschaffenheit für die Fort-
pflanzung des Schalles war; er wurde bis 10'/2 Seem. gehört, die gewöhnliche
Maximalgrenze des tongebenden Instrumentes, einer Sirene 2. Ordnung; am
3. September, dem Tage, an welchem die Curve Fig. 5* erhalten wurde, war
die grösste Entfernung, in welcher der Ton desselben Instrumentes gehört wer-
den konnte, nur 8'!/4 Seem.
Der einzige Unterschied in der Beschaffenheit der Luft zur Zeit der in
der Figur dargestellten Gehörscurve gegenüber der Beobachtung des ‚„Cactus‘‘
(10'/2 Seem.), war ein Wechsel in der Richtung und vielleicht in der Stärke des
Windes, der im letzteren Falle dieselbe Richtung als der Lauf des Schiffes
hatte. Ehe wir daher eine andere Lösung der Frage über die Ursache der
Weithörbarkeit zulassen, müssen wir untersuchen, ob es nicht möglich ist, ihn
auf die T’hätigkeit des Windos selbst zurückzuführen.
Der am stärksten markirte Unterschied in den Verhältnissen, welche augen-
scheinlich die Erscheinungen an den betreffenden Tagen beeinflussten, war der
der grösseren Geschwindigkeit (Stärke) des Windes, sowohl an der Oberfläche
der See, als oben auf dem T’hurme. Und wenn man die verschiedenen Figuren
in Bezug auf den Wind vergleicht, so ergiebt sich, dass da, wo die Beschaffen-
heit der Luft sich am meisten der Ruhe nähert, die Gehörscurve um so weiter
gespannt war und um so mehr sich in ihrer Gestalt einem Kreise nähert. Aus
diesen Thatsachen sind wir geneigt anzunehmen, dass der Schall bei starkem
Winde nicht in jeder Richtung so weit gehört wird, als bei vollkommener Ruhe,
und dass er am weitesten bei mässigen Winde gehört wird. Dieser Schluss,
welcher bei Beginn der Untersuchungen nicht vorauszusehen war, ist, so glauben
wir, in genauer Uebereinstimmung mit der angenommenen Hypothese. Da in
dem Falle, dass der Schall sich gegen einen heftigen Wind bewegt, die Schall-
wellen über das Ohr des Beobachters nach oben hin abgelenkt werden, so wird
die Gehörssphäre in dieser Richtung ohne Frage bedeutend verkleinert, und
dass, wenn der Schall sich mit einem starken Winde bewegt, der oben eine
grössere Geschwindigkeit als unten hat, sie ebenfalls verkleinert wird, ist nicht
schwer zu verstehen. In diesem Falle wird die Schallwelle herunter zur Erde
gelenkt und so viel davon absorbirt, dass der Theil, welcher das Ohr erreicht,
an Intensität verliert, Im Fall eines schwachen Windes dagegen, der sich
oben schneller als unten bewegt, ist der nach unten abgelenkte Theil der Schall-
wellen nur genügend, den Verlust auszugleichen, den die Reibung an der Erd-
nberfläche bedingt, und es wird deshalb in erösserer Entfernung als bei ganz