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lässig. Auf Südkurs wird Südmagnetismus im Vordertheil des Schiffes hervor-
gerufen, auf Nordkurs Nordmagnetismus, im ersteren Falle also + B vergrössert,
im zweiten Falle vermindert.
Weit grössere Aenderungen als in dem Coefficienten 5 wurden in dem
Coöffieienten € beobachtet. Vergleicht man die in der Nordsee gefundenen
Werthe der Aus- und Rückreise mit einander, so erscheint es unzweifelhaft,
dass, im Ganzen genommen, die querschiffs wirkende Componente des Schiffs-
magnetismus etwas abgenommen hat; bei Betrachtung der einzelnen Deviationen
jedoch, unter Berücksichtigung der vorher gesteuerten Kurse des Schiffes und
der sehr raschen Aenderungen, welche bei einer Kursänderung von Ost oder
West nach Nord oder Süd in der Grösse dieses Coefficeienten eintreten, liegt
die Vermuthung nahe, dass es weniger der ganze Schiffskörper als solcher,
sondern nur einzelne näher liegende Theile sind, welche die Aenderung bewirken.
Bei der Ausreise hat bis 8° Nord-Br., 2 Monate nach dem Verlassen der Elbe,
die Deviation auf Nord- oder Süd-Kurs (Coöfficient €) nahezu im umgekehrten Ver-
hältnisse der horizontalen erdmagnetischen Kraft abgenommen; der Magnetismus
des Schiffes scheint also bis dahin constant geblieben zu sein. KErst- nachdem
das Schiff angefangen hatte, östliche Kurse zu steuern, nahm das negative C
rasch ab, und am 14. November wurde sogar -}- 4° bis + 5° beobachtet, welcher
Werth indess schon am nächsten Tage sich bis + 1° wieder vermindert, ')
Bei dem Verlassen von Rangoon ist die Deviation auf Nord-Kurs wieder
—4° und nimmt auf vorwiegend westlichen Kursen bis — 10° auf 33° Ost-Lg,
zu, worauf, nördlich steuernd, wieder eine Abnahme stattfindet. Unter Berück-
sichtigung der veränderten horizontalen Richtkraft scheinen indess auf der
Rückreise die Schwankungen nicht so beträchtlich gewesen zu sein, wie auf
der Ausreise.
Nach dem ganzen Verlauf, namentlich der raschen Aenderung auf der
Ausreise in 27° Süd-Br., erscheint die Erklärung nicht unberechtigt, dass die
Aenderungen durch einen, in querschiffs liegenden horizontalen KEisenmassen,
wenn dieselben Nord—Süd (Schiff also Ost— West) liegen, vorübergehend hervor-
gerufenen Magnetismus verursacht werden. Die Aenderungen würden wahr-
scheinlich geringer gewesen sein, wenn die nächstliegenden Decksbalken des
Kajütsdecks von Holz statt von Eisen genommen wären. Zu bemerken ist noch,
dass, nach Beobachtungen im hiesigen Hafen, kurz vor dem Auslaufen des
Schiffes, Mitte Juli 1877, der Coefficient C annähernd wieder gleich — 14°
gefunden wurde. Das Schiff hatte längere Zeit auf südwestlichen und nord-
westlichen Kursen gelegen, und war das Deck während dieser Zeit kalfatert
worden.
Die oben ausgesprochene Ansicht der Erregung eines vorübergehenden
(subpermanenten) Magnetismus in den Decksbalken durch eine Nord-Süd-Lage
derselben wird dadurch nur bestätigt?) und es folgt daraus die allerdings schon
längst bekannte, auch aus älteren Beobachtungen abgeleitete Regel, dass man
den Regelcompass, so gut als möglich, den Einflüssen derselben entziehen muss.
Es wird dadurch auch die Richtkraft des Compasses vergrössert und die viertel-
kreisartige Deviation, sowie der Krängungsfehler vermindert,
In wie weit die Schwankungen im Coefficienten C bei dem Regelcompass
der „Melpomene“ sich mit dem Alter des Schiffes vermindern werden, müssen
weitere Erfahrungen lehren; jedenfalls finden sich diese Schwankungen nicht
bei allen neuen Schiffen. Ein Beispiel von einer merkwürdigen Constanz in der
Stärke und Richtung des beim Bau angenommenen Magnetismus bietet das in
Flensburg im Jahre 1875 gebaute, 684 Reg.-Tons grosse Schiff „Doris Brodersen“
1) Die rasche Abnahme ist auch dem Capitain auffällig, der darüber im Journal sehr richtig
bemerkt: „Die schnelle Abnahme der Deviation auf nördlichen Kursen ist auffallend, Sie wird wol
hauptsächlich von den so lange gesteuerten Ost-Kursen herrühren, Die rasche Zunahme der Richt-
kraft und allmähliche Veränderung von -+ in — wirkt wol auch denselben Weg.“
Der Einfluss der Krängung wurde bei den oben angegebenen Zahlen bereits eliminirt.
2) Capitain Evans führt in einer Abhandlung über den magnetischen Charakter von Panzerschiffen
in der englischen Marine („Philosophical Transactions“ for 1865) ein ähnliches Beispiel an, nämlich
den „Achilles“, bei welchem Schiffe für den Standard- Compass die Werthe von C im ersten Jahre, je
nach der Lage des Schiffes, beständigen Schwankungen unterworfen waren. Kıvans schreibt dieselben
ebenfalls dem, in querschiffs liegendem hartem Eisen durch horizontale Induetion erregten subpermanenten
Magnetismus zu.
Ann. d. Hyar., 1877, Heft VI (August)