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Ueber die an der Deutschen Seewarte angewandte Methode der
Reduction der Barometerstände.
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte.)
Um aus den gleichzeitigen Barometerständen vieler verschieden hoch ge-
legener Stationen ein Bild der horizontalen Druckvertheilung und darnach auch
ein Bild der allgemeinen Luftsträmungen zu erhalten, bedient man sich bekannt-
lich zweier Methoden: der Vergleichung der Abweichungen der Barometerstände
an den einzelnen Stationen von den bezüglichen vieljährigen Mitteln, und der
Reduction aller Barometerstände auf das Meeres-Niveau.
Dass die erste Methode gewissermassen nur die Luftströmungen auf
dem Hintergrunde der herrschenden, durch die Verschiedenheiten der mittleren
Barometerstände erzeugten Winde erkennen lässt, liegt auf der Hand; für
grössere Gebiete ist dieselbe daher durchaus unzweckmässig. I
Aber auch die zweite Methode leidet an verschiedenen Schwierigkeiten
und Mängeln. Da die Luftströmungen höherer Regionen von denjenigen an der
Oberfläche des flachen Landes abweichen, so existiren für die Druckvertheilung
in verschiedenen Niveauschichten nicht nur quantitative, sondern auch qualitative
Unterschiede; die Barometerstände höher gelegener Stationen sind also zur Er-
mittelung des barometrischen Gradienten und der durch ihn bedingten Winde
an der Erdoberfläche nur so lange verwendbar, als man annehmen kann, dass
im Niveau dieser Stationen die Richtung der Gradienten noch mit jener an der
Erdoberfläche übereinstimmt, bezw. dass dieselben noch von der unteren in
allen Theilen nach derselben Richtung fliessenden Schicht der Atmosphäre um-
geben sind. Die Benutzung sehr hoch gelegener Stationen zur Entwerfung
der Isobaren, welche die Vertheilung des Luftdrucks im Meeres-Niveau dar-
stellen sollen, ist also überhaupt zu vermeiden.
Sind uns nun, nach Ausschliessung solcher Fälle, die Barometerstände
einer Anzahl Stationen von verschiedener Seehöhe gegeben, so liegt es am
nächsten, dieselben in der Weise zu verwerthen, dass man alle Stände auf eine
und dieselbe Niveauschicht reducirt, wozu sich naturgemäss zunächst die Niveau-
schicht der höchsten dieser Stationen empfehlen würde, weil in diesem Falle
das Resultat der Operation bestimmte reelle, und nicht nur ideale Grössen sein
würden, Man berechnet nämlich alsdann nach dem Stande des Barometers
einer gegebenen tieferen Station den wahrscheinlich in der betreffenden Höhe
über derselben in der Atmosphäre herrschenden Druck; wird dabei auf Luft-
temperatur, geographische Breite, Schwerenabnahme mit der Höhe otc, hin-
veichend Rücksicht genommen, so gelangt man zur angenäherten Kenntniss der
wirklichen Druckvertheilung in dieser Niveauschicht und kann aus den so sich
ergebenden Gradienten auf Richtung und Intensität der innerhalb jener Schicht
stattfindenden Luftströmungen schliessen.
Der Einfachheit und Gleichförmigkeit halber reducirt man indessen
sämmtliche Barometerstände auf die einzige auf der Erde gegebene natürliche
Niveauschicht, die Meeresoberfläche. Daraus entspringt zunächst der Uebel-
stand, dass z. B. die auf einer Hochebene die Luftströmungen bedingenden
Gradienten grösser erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind.)
‘) Sind b und b‘’ die Barometerstände zweier gleich hoch gelegenen Stationen, B und B‘ die-
selben Stände nach der Reduction auf das Meeres-Niveau, «& der Ausdehnungs-Coefficient der Luft
und t die hier als constant vorausgesetzte Temperatur der Luft, so erfolgen die Reductionen nach
len Gleichungen : h
logB = logb + TFT Const,
h
log B‘ = log b‘ + 1er Const,
woraus durch Subtraction sich ergiebt:
B’ b‘ B‘—B__ B
BO 7 der ZZ
Der scheinbare Gradient verhält sich also zu dem factisch wirksamen, wie der Barometerstand am
Meeres-Niveaun zu dem in der Höhe. Für die Windgeschwindigkeit im oberen Niveau wird nun
allerdings der scheinbare Gradient massgebend sein, da der wirkliche (kleinere) Gradient an einer
Luft von geringerer Dichtigkeit zur Wirkung gelangt, Anders aber ist es mit dem Winddruck; dieser,
von der bewegten Masse abhängig, wird nach dem scheinbaren Gradienten in der That zu hoch be-
artheilt werden,