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Die bogenförmigen Böen („arched squalis‘“) der Passatgrenzen und
der Gegenden, in welchen die Monsune mit geringer Stärke und
mit Unterbrechungen wehen.
Von Capitain A. Schück in Hamburg,
In allen Gegenden der Erde, in welchen die Stärke der Passate und
Monsune nachlässt, an der Grenze dieser Windsysteme und im Bereich der
leichten westlichen Winde, welche die Ausläufer der Passate bilden, häuft sich
der von ihnen herbeigeführte Wasserdampf in grossen Massen an, die selbst
ein aufsteigender Luftstrom nicht beseitigen kann, Dieser Dunst ist in solchen
Gegenden nicht gleichmässig vertheilt, sondern es bilden sich sehr häufig theils
zuf dem Meere selbst, theils in geringer Höhe über dessen Oberfläche ring-
förmige Wolkenlager, welche bald eigene Bewegung haben, bald von der herr-
zchenden leichten Brise weiter geschoben werden, zuweilen aber auch stationär
sind !). An der Vorder-, d. h. der dem Winde entgegengesetzten Seito solcher
Erscheinungen zeigen sich oft heftige Gewitter, zu anderen Zeiten ist keine
Spur von Gewitter vorhanden, manchmal entladen sich in ihnen bedeutende
Regenmassen, man kennt aber auch solche ohne Regen, ebenso schwankt die
Windstärke zwischen 9 und 3 der internationalen (Beaufort-) Scala.
Die englischen Seeleute haben diesen Phänomenen den Namen „arched
squalls“ (bogen- oder ringförmige Böen) beigelegt; ihr Verlauf ist zwar nicht
überall auf der Erde gleich, zeigt aber in verschiedenen Meerestheilen
manche Aehnlichkeit. Im Atlantischen Ocean ’treten diese Böen ungefähr in
folgender Weise auf:
An irgend einer Stelle windwärts vom Beobachter wird der Dunst über
dem Wasser dichter, es bilden sich nicht nur unmittelbar über dieser Stelle
sompacte Wolkenmassen, sondern in ihrer Nähe vereint sich auch der Wasser-
dampf zu leichterem Gewölk, das nach ihr hin zieht; das Aussehen der ganzen
Erscheinung wird aber nicht einer Wasserhose, d. h. einem Trichter ähnlich,
sondern einem Pilz mit sehr hoher Kappe ohne Stiel, aber mit einem Unter-
gatz von äusserst lockerer Masse. Die Farbe der Wolken ist bei Tage und bei
Nacht oben ein helles, fast grelles Weiss, sie geht nach unten allmählich in tiefes
Schwarz über, und wird an der Grenze des ÖOber- und Untertheiles wieder ein
schmutziges Dunkelgrau. Aus dem zerrissenen Dunst bricht am Tage die Sonne
stechend hervor, bei Nacht unheimlich funkelnd die Sterne und Spiesse zeigend;
sin leichter Luftzug fächelt täuschend nach jener Masse hin, unter ihr wird es
dunkler und immer dunkler, die Luft wird kalt, der Schall scharf und rein,
zuletzt zeigt sich über dem Wasser eine schwarze Linie an der inneren Grenze
der Wolkendecke, ein schwacher violetter Blitz zuckt zwischen ihr und der
Meeresfläche hin, und von nun an scheint ein mächtiger Ring, der sich mehr
and mehr erweitert und über welchem sich eine gewaltige Wolkenmasse höher
ınd höher aufthürmt, nach dem Beobachter hin sich auszudehnen. In geringer
Entfernung vor diesem Ring wird es todtenstill, dann bricht ein Gewitter los,
Jessen Blitze ausser dem grellen, einen Zickzack beschreibenden Strahl, noch
phosphorähnlich leuchtende Funken durch die ganze Atmosphäre zu sprühen
scheinen, Donner lässt sich in betäubenden Schlägen hören, und selbst ein
circa 12 Stunde anhaltender Sturm vermag den Sturzregen nicht vor sich her
zu jagen.
Von weniger Wind begleitet, ohne Gewitter und manchmal auch olıne Regen
aind diese Böen, wenn leichtes Gewölk eine dunklere, compacte Masse umgiebt,
and einen Ring, mit einem scheinbar umgebogenen Rand, bildet. Solche Wolken-
anhäufungen ziehen höher über dem Wasser wie die vorigen, unter ihnen
zeigt sich der Dunst schwärzlich grau mit gelblicher Schattirung; fällt Regen,
1) Vgl. Findlay’s North Atlantic Memoir. 13. edit. 1873, pag. 828, wo aber nur sehr dürftige
Notizen über diese sogen. „arched squalis“ gegeben sind, WUeberhaupt sind die Nachrichten über
Jiese See-Tornado’s oder Tornado- Cyelonen, wie sie Piddington nannte, noch sehr spärlich, und
vielfach zerstreut aufzufinden, so dass jede genauere Beschreibung einer solchen Erscheinung, wie
sie uns hier in mehreren Beispielen geboten wird, von grossem Interesse für die Theorie der
Wirbelstürme ist und der Beachtung der Meteorologen und Physiker zu empfehlen sein dürfte.
A. dad. R.