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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 5 (1877)

Für Schiffe nach nördlichen, transatlantischen Häfen bestimmt, ist der 
Weg nördlich um Schottland nicht allein kein Umweg, sondern er bietet neben 
Jlem offeneren Fahrwasser auch noch die geringere Gefahr vor Collisionen, und 
Jeshalb ist jene Vorliebe für diese Route im Sommer eine vollkommen zu 
billigende. Zweifelhafter wird die Wahl für südwärts bestimmte Schiffe, na- 
mentlich im Spätherbst oder Winter, Dann sind ausserdem die für diese 
letzteren Schiffe doch immerhin bedeutenden Umwege, die langen Nächte der 
hohen Breiten und die dann dort häufig anhaltend wehenden SW-Stürme wohl 
zu berücksichtigen. Und dennoch sind schon oft mitten im Winter Reisen nach 
dem Süden nördlich um Schottland gemacht, die recht kurz ausfielen. Natürlich 
strengen sie Schiff und Mannschaft auf das Aeusserste an, aber wenn Schiffe 
zur Winterzeit vier Wochen und länger gebrauchen, um aus der Nordsee und 
dem Kanal zu kommen, so ist dies wenigstens eben so beschwerlich und noch 
yvefährlicher. 
Nicht so sehr selten wehet andererseits im Spätherbst und Winter vor 
dem Kanal und längs den Küsten West-Europa’s ein frischer, beständiger Ost- 
wind, der weiter nach West und Nord hin nicht herrscht. Dann verlassen oft 
Schiffe den Kanal und erreichen nach kurzer Zeit den Passat, während Mit- 
segler, die nördlicher und westlicher stehen, gegen schwere SW-Stürme kämpfen 
and nicht nach Süden gelangen können. Zwei von den drei folgenden Beispielen 
zeigen dieses deutlich. ; 
Das deutsche Schiff „Johannes“, Capt. Ihlder, verliess, nach New- York 
bestimmt, die Elbe am 17. December 1875; es segelte nördlich um Schottland 
und stand am 21. December in 60° 19‘ Nord-Br. und 3° 8‘ West-Lg., hatte 
dann in der Folge schwere, anhaltende SW-Winde, gegen welche das Schiff 
wenig gewinnen konnte, und am 8. Januar 1876 war es erst in 61° 3‘ Nord-Br, 
und 19° West-Lg. An demselben Tage verliess die deutsche Brigg „Martha“, 
Capt. W. Lange, den Kanal mit frischem NE-Winde, welcher das Schiff ohne 
jede Unterbrechung in den Passat führte. Am 21. Januar war die „Martha“ 
in 19° 23‘ Nord-Br. und 28° 30’ West-Lg. im vollen Passat, während der 
„Johannes“, noch immer gegen südwestliche Stürme kämpfend, erst in 50° 8' 
Nord-Br. und 27° 20 West-Lg. war. Die „Martha“, südlich steuernd bis 15° 
Nord-Br., weil sie nördlicher den Passat nicht frisch genug fand, lief hier in 
kurzer Zeit ihre Länge ab, schnitt 25° Nord-Br. in 70° West-Lg., 30° Nord-Br. 
in 77° West-Lg. und erreichte Wilmington, ihren Bestimmungsort, am 14. Febr., 
nach einer Reise von 37 Tagen. Der „Johannes“ sah sich auch genöthigt, den 
Passat aufzusuchen; er schnitt 30° Nord-Br. in 33° West-Lg. am 9. Februar, 
lief in 18° Nord-Br. seine Länge ab und fand den Passat hier flau und unregel- 
mässig, kreuzte dann 25° Nord-Br. wieder in 67° West-Lg. und 30° Nord-Br. 
in 74.5° West-Lg. und erreichte den Hafen von New-York erst am 12, März, 
nach einer schweren Reise von 84 Tagen. 
Die „Helene“, Capt. Raschen, ging von der Weser am 17. November 
1870 aus, sichtete Fair Island am 20. November und segelte mit frischen südlichen 
und östlichen Winden bis zum 28. November, an welchem Tage das Schiff auf 
58° 7‘ Nord-Br. und 30° West-Lg. war. Dann begannen harte südwestliche 
Winde, welche erst am 5. December in 48° Nord-Br. und 37.5° West-Lg. nach 
NW und Nord umliefen, und von dieser Zeit an anhaltend und frisch wehten, 
fo dass 30° Nord-Br. in 47° West-Lg. nach kurzer Zeit, am 13. December, cr- 
reicht wurde, . 
Im Gegensatz zu diesem Schiff hatte der „Anton Günther“, Capt. Stricker, 
welcher Liverpool am 26. November 1870 verlassen hatte, am 29. November in 
52° Nord-Br. und 6° West-Lg. stehend, frischen SE-Wind, der in den folgenden 
Tagen noch östlicher lief und heftig wurde. Ununterbrochen führte dieser Wind 
das Schiff nach 36° Nord-Br. und 22° West-Lg., wo er am 8. December nach 
SW umsetzte; deswegen wurden nun doch noch 4 Tage gebraucht, che in 19° 
West-Lg. 30° Nord-Br. geschnitten wurde. ; 
Das deutsche Schiff „Mozart“, Capt. Jülicher, verliess Newcastle am 
31. October 1870 und segelte ebenfalls nördlich um Schottland. Der Wind war in 
len folgenden Tagen nordöstlich und nordwestlich, und am 9. November war das 
Schiff in 58° Nord-Br. und 11° West-Le,; dann setzte nordöstlicher Wind ein,
	        
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