At
Aus den Tagebüchern des Deutschen nautischen Vereins.
Ansegelung der Häfen von Melbourne, Sydney, Newcastle (Neu Süd-
Wales), Manila, Ilo-Ilo und San Francisco.
Durch die freundliche Vermittelung des Deutschen nautischen Vereins
haben wir ein von dem Schiffscapitain F, Wilh. Niemann, Führer der Rostocker
Bark „Carl Both“, ausgefülltes Fragebuch erhalten und entnehmen aus diesem
über die nachstehenden Häfen folgende Notizen.
ı. Melbourne. *)
Ansegelung. Von Cap Otway, also von Westen kommend, tritt das
hohe Land diesseits Cap Schanck (Arthurs Seat) besonders deutlich hervor,
später bekommt man auch die Spitze Nepean, welche naclı Westen zu steil ab-
fällt, in Sicht. Beim Näherkommen erblickt man dann auch die Leuchtthürme
von Lonsdale Point und Queenscliff, durch welche die Einfahrt von Port Phillips
gekennzeichnet wird, In der Einfahrt ist zu jeder Zeit für Schiffe von nicht
über 6.7 Met. Tiefgang hinreichend Wasser, doch ist es bei südlichen Stürmen,
während der Ebbe, der sehr hohen Dünung wegen, gefährlich, einzusegeln, und
muss man in diesem Fallo die Fluth abwarten. Auf dem Flaggenmaste der
Spitze Lonsdale wird die Art der Gezeitenströmung, ob Ebbe oder Fluth, sowie
die Zeit derselben in Vierteln, signalisirt. Die Hafenzeit in der Einfahrt ist
1" 30m; letztere ist vielfach in den Segelanweisungen fehlerhaft angegeben.
Bei der Einfahrt sind zwei Lootsenfahrzeuge -stationirt, von denen das
eine Kutter-, das andere Gaffelschooner - Takelage hat; beide sind hellgrau an-
gestrichen und haben in ihrem Grosssegel die Nummern 1 und 2. Bei Tage
führen diese Fahrzeuge im Grosstopp eine roth- und weiss gestreifte Flagge
und bei Nacht eine Laterne im Vortopp. Nach der Bestimmung soll sich stets
ein Fahrzeug ausserhalb der Einfahrt aufhalten, man trifft dasselbe aber selten
weiter als 2 Seem. vor der Einfahrt, Der Lootsentarif von ausserhalb der Ein-
fahrt bis nach Melbourne ist 6'/2 Pence für die Registertonne und ebenso viel
von Melbourne nach See zu.
In der Einfahrt befinden sich Rettungsstationen, welche mit Booten nach
Peaks Princip und mit Raketenapparat ausgerüstet sind. Solcher Rettungs-
stationen. sind innerhalb der Bass-Strasse auch noch in Portland - Bay, Port
Fairy, Warnambool und Port Albert.
Innerhalb der Einfahrt von Port Phillips ist allenthalben guter Anker-
grund, Alle Schiffe werden bei Queenscliff von einem Sanitätsbeamten unter-
sucht und müssen, wenn ansteckende Krankheiten an Bord sind, nach der bei
der Spitze Nepean befindlichen Quarantaine-Station segeln.
Hafen und Unkosten. Die Schiffspapiere und Manifeste müssen von
dem Landes-Consul legalisirt sein. Die Hafengelder inel. Feuergelder betragen
1 Shilling für die Rogistertonne; die Kaigelder sind von dem Ladungsempfänger
resp. vom Ablader zu zahlen.
Für das Ein- und Ausclariren zahlt man 63 Shilling und ebenso viel für
die Lukenbesichtigung.
Die Consulatsgebühren betragen ‚A, 0.0os für die Registertonne und für
Protest-Aufnahme hat man A. 3.00 zu zahlen.
Die Maklergebühren sind. stets 5 pCt. der Fracht.
Die Schleppdampfer haben feste Tarife und zahlt man z. B. von der
Hobsons Bucht bis an die Ladebrücke 2 Pence für die Registertonne.
Laden und Löschen. Die Ladung wird entweder in Williamstown oder
Sandridge an den Ladebrücken gelöscht oder eingeladen; Stückgüter gewöhnlich
mit Dampfkraft. Wenn man Ballast einnehmen will, .so erhält man Sand für
2'/2 Shilling und Steine für 4 bis 5 Shilling die Tonne. Die Zeit von October
bis Februar ist am geeignetsten für Vollfrachten.
Zeitball. Zu Williamstown befindet sich ein Zeitball, der sehr zuver-
*) S. „Australia Directory“ Vol. I. London 1868. pasg. 262.