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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 4 (1876)

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Reise von London nach Honolulu. 
Capitain H. Wolters von der Bremer, unter hawalischer Flagge fahrenden, 
Bark „R. €. Wylie“ machte in der zweiten Hälfte des Jahres 1875 eine verhältniss- 
mässig rasche Reise von London nach Honolulu; dies ist um so bemerkenswerther, 
als diese Reise in einer für Vollendung derselben ungünstigen Jahreszeit aus- 
geführt wurde, denn August im südlichen atlantischen Ocean und September bei 
Cap Horn sind erfahrungsmässig keine guten Monate, und dennoch gelang es dem 
Capitain, die Reise in 118 Tagen zurückzulegen. Ein anderes Bremer Schiff, die 
„Ceder“, brauchte zu derselben Zeit 178 Tage und kam 30 Tage später in Honolulu 
an, und eine englische Barke „Aglaia“, welche am 15, Juni Liverpool verliess, 
erreichte erst am 3. Dezember, also nach 170 Tagen, den Hafen von Honolulu. 
Wir theilen nachstehend im Auszuge den uns freundlichst übersandten 
Bericht des Capitain Wolters über seine Reise von London nach Honolulu mit: 
Der Capitain verliess am 26. Juni 1875 bei leichtem westlichem Winde 
die „Downs“, erreichte am 1. Juli die Scilly-Inseln, woselbst der Wind stärker 
wurde und nach NW umging. Mit diesem Winde erreichte er den NE-Passat 
und befand sich am 19. Tage der Reise auf 12° Nord-Br. und 27° West-Lg.; hier 
traf er westliche Winde, die auf 7° Nord-Br. und 26° West-Lg. nach SW herum- 
gingen und von Regenschauern begleitet waren. Am 283, Tage ging der Wind 
südlich und am 26. Tage (am 22, Juli) wurde auf 29° 30‘ West-Lg. die Linie 
geschnitten; der Wind hielt sich südlich, war flau, jedoch von einer kurzen See 
begleitet, wodurch das Schiff sehr stampfte. Bei dem sich südlich haltenden Winde 
war das Schiff gezwungen, in Lee von der Insel Fernando Noronha zu gehen und 
erreichte am 33. Tage der Reise die Küste von Brasilien bei Pernambuco. Am 87. 
Tage auf 13° Süd-Br. und 37° West-Lg. traf das Schiff einen schweren südlichen 
Sturm, der, obgleich derselbe nur drei Stunden anhielt, dem Schiff Marssegel 
und Klüver kostete, weil solche aus den Lieken flogen. Nachdem der Sturm 
vorüber war, spielte der Wind zwischen SSW und SE hin und her und zwar 
bis zum 41. Tage auf 21° Süd-Br. und 39° West-Lg. Von hier wurde mit 
günstigem Winde längs der Küste von Süd - Amerika gesteuert, so dass am 
61. Tage der Reise 50° Süd-Br. und 64° West-Lg. erreicht wurde. 
Auf der Höhe des Rio de la Plata, bei einem Abstand von ungefähr 
70 Seem, von der Küste, war das Wasser sehr hellgrün, es konnte jedoch mit 
dem Lothe der Grund nicht erreicht werden, 
Auf 50° Süd-Br., woselbst nordwestliche und nördliche Winde zu erwarten 
waren, traten WSW und SW-Stürme ein, mit welchen ungefähr SzO bis zum 
66. Tage auf 57° Süd-Br. und 61° 30‘ West-Lg. gesteuert wurde. Hier ging 
der Wind auf NW und wehte frisch bis zum 75. Tage auf 60° Süd - Br. und 
83° West-Lg., woselbst der Wind südlich und westlich wurde, so dass von da 
an nördlich gesteuert werden konnte. 
Am 80. Tage wurde der Parallel von 50° Süd-Br. in 88° West-Lg. ge- 
schnitten, von hier wurde die Reise bei grösstentheils schönem Wetter nach 
Honolulu zurückgelegt, welcher Hafen am 118. Tage der Reise erreicht wurde. 
Der SE-Passat wurde auf 25° Süd-Br. und 100° West-Lg. angetroffen, 
und die Linie in 133° West - Lg. geschnitten. Merkwürdigerweise wurde der 
hier sonst so starke westliche Strom gar nicht angetroffen, Auf 12° Nord-Br. 
traf das Schiff den NE-Passat; in der Region der Windstillen, zwischen 7° und 
12° Nord-Br., wurden grösstentheils frische West- und Süd-Winde gefunden. 
Betrachtet man die von diesem Schiffe zurückgelegte Reise näher, so ist 
wohl anzunehmen, dass das Schiff am 18. Juli auf 24° West-Lg. besser gethan 
hätte, noch 2° bis 3° mehr Ost zu gewinnen, ehe es über Steuerbord-Bug fort- 
steuerte. Denn in diesem Falle wäre das Schiff wahrscheinlich von der brasi- 
lianischen Küste frei gekommen und wäre nicht gezwungen gewesen, daselbst 
zu kreuzen. Da die Linie aber einmal so weit westlich geschnitten wurde, 
So war es nur angemessen gehandelt, so lange über Steuerbord-Bug wegzuliegen, 
bis die Küste in Sicht war, und dann erst zu wenden, 
Bei Cap Horn, als westliche Stürme den Fortgang der Reise erschwerten, 
war es sehr klug von dem Capitain, das Schiff nach Süden zu legen, selbst mit 
Anholung von Ost, denn der günstige Erfolg der nächsten neun Tage, während 
welcher es 21° Länge absegelte, beweisst dieses.
	        
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