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„Ein sicherer Ankerplatz ist nur an der nordöstlichen Seite der Rhede
von Gibraltar zu finden, nämlich in dem „Neutral Ground“. Sobald ein Schiff
mitten vor Gibraltar ankert, läuft dasselbe Gefahr, bei etwas stärkerem Ost-
winde die Anker zu verlieren. Der Ostwind bricht sich nämlich an dem Felsen
von Gibraltar und weht sowohl um die Süd- als um die Nordspitze herum.
Auf der Rhede treffen die Ostböen von beiden Seiten zusammen; das Schiff
wird deshalb bald von der um die Südspitze einkommenden Böe plötzlich und
mit grosser Gewalt in die Ketten geholt, bald von der um Norden kommenden,
ınd kann leicht Anker und Kette verlieren, Mit zwei Ankern hier zu ankern
wird noch weniger anzurathen sein. Gegenüber dem Neutral Ground, welcher
yanz flach ist, weht der Ostwind gleichmässig, so dass dieser Ankerplatz
sicher ist.“ .
4. Ueber die Strömung im Mittelmeer... Der Commandant S. M. Kbt.
„Nautilus“, Corvetten-Capitain Valois, berichtet in Betreff des im Mittelmeer
jekanntlich vorherrschenden, östlich setzenden Stroms‘) Folgendes: „Nach dem
Passiren der Strasse von G7braltar machte sich am 1. und 2. Mai d. J. bei westlichem
Winde ein Oststrom von 1 Seem. Geschwindigkeit die Stunde bemerklich. Als
aber am 2. Mai der Wind östlich wurde, hörte der Oststrom gänzlich auf; das
Besteck ergab einen Strom in der Richtung S 4° W. Am 4. Mai konnten keine
Observationen gemacht werden, der Wind wehte leicht aus Ost und am 5. Mai
wurde bei auffrischendem NE ein westlicher Strom gefunden. Am 6. und
7. Mai konnte wiederum keine Observation gemacht werden; der Wind wehte
frisch aus NE, ging aber bis zum 7. Mai Mittags über West nach SW um;
gs wurde Nachmittags die Afrikanische Küste bei Cap de Fer angesteuert
and dadurch festgestellt, dass der Strom in 52 Stunden 44 Seem, S28°W
xyewesen war.
In den Segeldireectionen ist allerdings angegeben, dass der Strom hier
‘vor dem Skerki-Channel)?) unregelmässig ist, sowohl in Stärke wie auch in
der Richtung, doch scheint diese Stromversetzung eine sehr erhebliche zu sein.
Auf der ganzen Strecke von Malta bis Port Said bei allerdings constanten
aber leichten östlichen Winden wurde kein Oststrom bemerkt; während der
gyanzen Zeit wurden stets: genaue Observationen genommen; nach denselben
ergab sich der Strom wie folgt:
Am 14, Mai N68°W 7 Seem.
nn Ivy, „.N52°W 4
„ 16. „ N89°W 9
17. „ N48°W 10
„ 18. „ N64°W 9
Die Peilungen sind alle rechtweisend.
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5. Flaschenpost. Von S. M. S. „Medusa“ wurde am 14. Januar 1876
am 1 Uhr Nachmittags auf der Reise von Barbadoes nach Lissabon in 14° 45‘
Nord - Br. und 60° 8‘ West - Lg. eine mit Sand beschwerte Flasche über Bord
geworfen; diese Flasche ist am 28. Februar d. J. um 5 Uhr Nachmittags am
Strande der kleinen Insel la Grotte in der Bucht dw Robert auf Martinique
in 14° 41‘ 10“ Nord-Br. und 60° 50‘ 10“ West-Lg. von dem Seemann Louis
Ragot gefunden worden. Die Flasche hat somit in 45'/s Tagen ca. 41 Seem.
in der Richtung rw. S 85° W zurückgelegt, mithin ungefähr 0.9 Seem. den Tag,
wenn die Flasche sogleich beim Antreiben am Strande gefunden worden ist,
Literarisches. ;
Meteorologie von Sansibar in Monatsmitteln. Bearbeitet von Dr. Otto
Kersten, früherem Mitgliede der v. d. Decken’schen Expedition. 36 Seiten
in 4°. Mit 25 Zahlentabellen und 5 Steindrucktafeln, Separat- Abdruck
aus v. d. Decken’s Reisen ete. Bd. III. Leipzig und Heidelberg. C.F.
Winter.
) Vgl. Mediterranean Pilot, Part I, 1873 pag. 19—26; General Examinations of the Medi-
jerranean Sea, Le Gras-Wyman. Washington 1870 pag. 40—45,
%) Vgl. Mediterranean Pilot Part I, (1873) pag. 26,