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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 4 (1876)

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Was die Gefährlichkeit dieser Orkane in der China-See, im Vergleich 
mit den westindischen in so bedeutendem Maasse erhöht, ist die Unregelmässig- 
geit ihrer Bahnen, denn diese haben nicht, wie bei den westindischen Inseln 
fast ohne Ausnahme der Fall ist, einen regelmässigen Verlauf von ESE nach 
WNW, sondern nehmen im Chinesichen Meere alle möglichen Richtungen an. 
Vorherrschend sind allerdings die Richtungen zwischen West und NW nördlich 
von 20° Nord-Br., wogegen südlich von diesem Parallel, also in dem speciell hier 
besprochenen Meere, die Bahnen des Centrums überwiegend zwischen West und 
SW liegen. Am unregelmässigsten werden die Bahnen der Teifune nördlich 
von Formosa, und zwischen China und Japan, wo sie sogar häufig vom Lande 
ab nach See laufen, dann umbiegen und nach dem Lande zurückgehen. (Vergl. 
Reise der Fregatte Novara.) 
Die Teifune der Chinesischen See kündigen sich in der Regel schon einige 
Zeit vor ihrem Ausbruch durch abnorme Lufterscheinungen an, oftmals treten 
3zie aber auch so plötzlich auf, dass ein davon überraschtes Schiff völlig hülflos 
wird. Besonders schönes Wetter mit sehr klarer Luft, anhaltende Windstille 
bei übergrosser Hitze, und ein ungewönlich hoher Barometerstand im SW-Mon- 
zun sind in der Regel sichere Anzeichen eines herannahenden Teifuns. Ebenso 
sind ein auffallend rothgefärbter Himmel, eine in NE oder SE aufsteigende 
licke Wolkenbank, schnell vorüberfliegende Wolken aus einer von der Wind- 
richtung abweichenden Richtung, ungewöhnliche Bewegung der See, deren Ur- 
zachen nicht erklärlich sind u. s. w. Vorboten der Teifune. Gewöhnlich fängt 
der Wind dann zwischen NW und NE an zu spielen, bis er sich in derjenigen 
Richtung festsetzt, aus der der Orkan losbrechen will. Selten dauert ein. Tei- 
"un länger als 8 — 12 Stunden, die meisten sind von kürzerer Dauer; aus- 
nahmsweise können sie jedoch auch bis zu 30 Stunden anhalten. 
Der sicherste Rathgeber bleibt immer das Barometer, das namentlich in 
Jen Monaten Juli bis November unausgesetzt und fleissig beobachtet werden 
zollte, es wird indessen zweckmässig sein, hier auch noch einige praktische 
Regeln zur Vermeidung der Teifune und für die Handhabung der Schiffe in 
denselben zu geben. 
Für den Seemann sind es hauptsächlich drei Punkte, deren schnelle 
Aufklärung bei einem herannahenden Teifun von der grössten Wichtigkeit sind, 
and zwar zunächst die Lage des Centrums vom Schiffe aus beim Beginn der 
Oyelone, zweitens die Richtung, in welcher dieses Centrum fortschreitet, und 
drittens in welchem Quadranten der Cyclone sich das Schiff befindet. Wün- 
zchenswerth ist allerdings auch noch zu wissen, mit welcher Geschwindigkeit 
das Centrum vorrückt, jedoch lassen sich hierfür nur allgemeine Anhaltspunkte 
geben. 
Der erste Punkt ist leicht erledigt, denn es ist eine bekannte Regel, 
dass auf der nördlichen Halbkugel in einem Wirbelsturme das Centrum nahe 
zu rechtwinkelig (etwa einen Strich nach vorne zu) zur Linken des Beobachters 
liegt, wenn er dem Winde den Rücken zukehrt, und dass der Wind in nahezu 
zoncentrischen Kreisen sich um das allmälig fortrückende Cyelonencentrum 
antgegengesezt der Bewegung der Uhrzeiger dreht. Hieraus folgt unmittelbar, 
Jass wenn ein Schiff auf der nördlichen Halbkugel, von der hier immer nur 
die Rede ist, in einer Cyelone den Wind von Backbord hat, es nach dem 
Centrum zusegelt, hat es aber den Wind von Steuerbord, so entfernt es sich 
vom Centrum. 
Zum Beispiel: Ist der Wind NE, so liegt das Centrum in SE. KEin Schiff 
also, welches den NE-Wind auf Backbordseite hätte, würde auf einem SE- 
der Süd-Curse sich dem Centrum nähern, ein Schiff welches den NE-Wind 
von Steuerbordseite hat, würde auf einem NW- oder West-Curse sich vom 
Centrum entfernen. 
Die Aufklärung des zweiten und dritten Punktes, also die Bestimmung 
ler Bahn des fortschreitenden Centrums und des Quadranten der Cyclone, in 
jem sich das Schiff befindet, ist schon schwieriger, weil diese aus der einmalig 
deobachteten Windrichtung nicht möglich ist. . 
Betrachten wir zuerst den Fall, wenn ein Schiff stationair ist, also etwa 
im Hafen liegt, so ergiebt sich sogleich aus der zuerst beobachteten Windrich- 
ung die Lage des Centrums beim Anfang der Cyclone. Verändert sich nun die
	        
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