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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 4 (1876)

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Einige Winke für die praktische Navigirung der China-See nebst 
siner kurzen Abhandlung über die physikalischen Verhältnisse 
dieses Meeres, 
Von W. Wagner, Vorstand der Abtheilung I der deutschen Seewarte. 
Seit dem grossen Umschwunge, der sich in dem Handel und der Schif- 
fahrt des Chinesischen Meeres mit der Oeffnung der chinesischen Häfen für 
Schiffe aller Nationen vollzogen hat, ist es besonders den Deutschen Schiffen 
gelungen, in der dort beschäftigten Kauffahrteiflotte eine hervorragende und 
ehrenvolle Stellung zu gewinnen, und ist jetzt wohl, ausser etwa der englischen, 
kaum eine zweite Nation in der dortigen Küstenfahrt, namentlich mit ihren 
Segelschiffen, so stark vertreten als gerade die deutsche. 
Während einer Reihe von Jahren persönlich in dieser Fahrt für Hamburger 
Rhederei beschäftigt, hat Verfasser dieser Abhandlung, theilweise aus eigener 
Anschauung und Erfahrung, theilweise durch die ihm bekannt gewordenen Erlebnisse 
anderer Schiffsführer aller Nationen, unter Mitbenutzung des in der deutschen 
Seewarte von deutschen Schiffsführern seit 8 Jahren zusammengetragenen 
Materials, einc Einsicht in die meteorologischen und physikalischen Verhältnisse 
des Chinesischen Meeres gewonnen, durch deren Mittheilung und Anwendung auf 
die praktische Navigation er der Schifffahrt im Allgemeinen, und der deutschen 
im Besonderen, einen Dienst zu erweisen glaubte, indem er voraussetzte, dass 
eine derartige Besprechung, bis zur definitiven Feststellung aller das Chinesische 
Meer betreffenden meteorologischen Verhältnisse durch die in Ausführung be- 
griffene Arbeit des meteorologischen Institutes zu Utrecht, von einigem Werth 
und Nutzen sein möchte. 
Zuvörderst erschien es zweckmässig, in Nachstehendem einige allgemeine 
Angaben über die Wind- und Stromverhältnisse, sowie über die . Verhältnisse 
des Luftdrucks und über Teifune nebst deren Vermeidung zu geben, worauf dann 
praktische Vorschriften zunächst für die Reisen zwischen Hongkong und Saigon 
sowie zwischen Hongkong und Singapore folgen, denen sich später andere Reisen 
im Chinesischen, Gelben und Japanesischen Meere anschliessen sollen. 
Unter der „Chinesischen See“ oder „China-See“ ist dasjenige Meer zu ver- 
stehen, welches zwischen Hinter-Indien und den Philippinen nördlich vom 
Aecquator und zwischen diesem und der Südküste von China und Formosa liegt. 
In diesem Meere wehen bekanntlich vorherrschend zwei Monsune, und 
zwar in den Monaten Oktober bis April der NE-, von Mai bis Ende September 
Jer SW-Monsun. Letzterer bringt die nasse Jahreszeit mit sich, während der 
erstere zwar auch häufig Regentage hat, im Ganzen aher die trockene Jahres- 
zeit repräsentirt. 
Der SW-Monsun weht am stärksten und regelmässigsten in den Monaten 
Juni, Juli und August im offenen Meere zwischen 5° Nord-Br. und der Südküste 
von China; er ist aber bei weitem nicht so beständig in Richtung und Stärke, 
als der NE-Monsun, weshalb es auch im Allgemeinen weniger Schwierigkeiten 
macht gegen ihn an nach Süden, als im NE-Monsun nach Norden zu 
gelangen. 
Der SW-Monsun pflegt im südlichen 'Cheile der China-See, zwischen 
Borneo und der Malayischen Halbinsel schon Mitte Mai einzusetzen, und weht 
in der ersten Hälfte bis Mitte Juli zwischen Süd und SW. Nach dieser Zeit pflegt 
er eine mehr westliche Richtung anzunehmen, ja sogar bis WNW herumzugehen. 
In der letzten Hälfte des Sommers, August und September nimmt er einen sehr 
‘öigen Charakter an, was namentlich zwischen Pulo Sapata und dem Aequator, 
weniger weiter nördlich und in der offenen See der Fall ist. Ende September 
erreicht der SW-Monsun sein Ende. Im nördlichen Theile des Meeres dringt 
der NE-Monsun schon durch, während im südlichen Theile in diesem Monat 
viele Windstillen und veränderliche Winde angetroffen werden. An den Küsten 
aehmen die Monsune eine etwas andere Richtung an, als im offenen Meere, 
indem sie sich dem jedesmaligen Laufe der Küste anschliessen. So weht der 
3W-Monsun an der Küste von Süd-Cochinchina aus WSW, an der Nord- 
Jochinchinaküste aus Süd und SSE an der Südküste von China, parallel mit 
Jieser ebenfalls aus WSW, an der Küste der Philippinen aus SSW bis NW,
	        
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