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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 4 (1876)

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Am folgenden Morgen (am 15. März) finden wir das Wirbelcentrum nur wenig 
ostwärts verschoben, jedoch den Barometerstand in demselben um fast 10mm 
jiefer geworden. Da andererseits der Druck in Südeuropa noch ein wenig 
höher als am vorhergehenden Tage war, so waren die Gradienten und mit 
ihnen der Wind stärker als am letzteren, und es herrschte von der Osthälfte 
des Kanals bis in den westlichen Theil der Ostsee hinein ein Südweststurm 
von solcher Heftigkeit, wie man auch in dem stürmischen März d. J. keinen 
anderen an den deutschen Küsten erfahren hat. Gleichzeitig herrschte im 
nördlichen Schottland ein stürmischer NW mit niedriger Temperatur und Schnee- 
fall. Die schon am Morgen in England angedeutete Existenz secundärer theil- 
weiser Wirbel im südlichen Theile des grossen Wirbels war vermuthlich die 
Ursache einer merkwürdigen Erscheinung, welche an den deutschen Küsten von 
West nach Ost sich fortpflanzte. Der immer stärker werdende Sturm flaute 
2ämlich in Hamburg, nachdem seine Geschwingkeit in der ersten Nachmitags- 
stunde 31.4 Met, pro Secunde im Durchschnitt erreicht hatte, um 1 Uhr Nachmit- 
tags plötzlich ab und der Wind ging mit steigendem Barometer nach NW um, 
worauf Schneefall eintrat. Nach 3 Uhr wechselten hier wieder starke Regenböen 
nit mässigem Winde und theilweise klarem Himmel ab und betrug von 8 bis 
10 Uhr die durchschnittliche Geschwindigkeit wieder 19% pro Secunde; der 
Hauptsturm war jedoch vorüber; derselbe hatte von 3 Uhr früh an mit grosser 
Stärke (stets über 20% pro Secunde) hier gewüthet, zeitweise von Regen, Grau- 
veln und Schlacken begleitet, und an Gebäuden und Personen mehrfach Scha- 
den gethan. Am Nachmittage gelangte Hamburg offenbar in den Zwischenraum 
zweier, den grossen Wirbel begleitender, partieller Wirbel und hatte dieser 
uage den mässigen Wind zu verdanken. Dieselbe Erscheinung trat nun 
4'/2a Stunde später, zwischen 5 und 6 Uhr, in Swinemünde und nach weite- 
ren 4’/2 Stunden um 10 Uhr Abends in Neufahrwasser ein, wie dieses deutlich 
aus den Aufzeichnungen der selst registrirenden Anemometer dieser Stationen 
hervorgeht. Die grösste Geschwindigkeit ergab sich zu Swinemünde von 3% bis 
is 5* mit 23" in der Secunde, und zu Neufahrwasser von 6% bis 9% mit 18"; 
letzterer Ort zeichnete sich stets durch schwächere Winde aus.!) In den auf 
den Hauptsturm folgenden Stunden nahm die mittlere Windgeschwindigkeit zu 
Hamburg auf 10%, zu Swinemünde auf 10 und zu Neufahrwasser auf 8% pro 
Secunde ab, um dann, wie gesagt, wieder zuzunehmen. 
Nachdem das Centrum der barometrischen Depression am 15. März so 
rasch fortgeschritten war, dass es am Abend des Tages schon bei Dovre und 
am Morgen des 16, März im nördlichen Schweden lag, geschah sein weiteres 
Fortschreiten in nordöstlicher Richtung langsam und unregelmässig, so dass ein 
barometrisches Minimum von abnehmender Tiefe noch bis zum 19. März im 
Norden vom bottinischen Meerbusen lag. Da seine Lage zu Deutschland sich 
aur unwesentlich änderte, kein neues Minimum ihm aber bis zum 19. die Herr- 
schaft über die Winde an den deutschen Küsten streitig machte, so dauerten 
1er westliche Winde, an Stärke stets abnehmend, fort, bis erst am 19, März 
der Einfluss einer neuen barometrischen Depression in Ungarn die Winde in ganz 
Deutschland nördlich werden liess. Hiermit hatte die lange Sturmperiode des 
März ihr Ende erreicht, indem in den letzten zwei Wochen des Monats der Wind 
nur an ganz vereinzelten Stellen stark wurde. Wie ausgedehnt aber das Sturm- 
feld am 15. und 16. März war, ersieht man aus folgender Uebersicht der 
Stationen, von welchen an den Tagen der Herrschaft dieses Minimums Winde 
von der Stärke 8 (Beaufort’s Scala) und darüber um 8* Morgens gemeldet 
wurden, 
Am 14, März Greencastle W 9, Liverpool WSW 9. — Trier SW 8, 
Karlsruhe SW 9, Kassel SW 8. 
Am 15. März Thurso NNW 8. — Valentia WNW 8, Holyhead WSW 8. 
— Cherbourg SW 8, Havre W 8, Boulogne WSW 8, Helder SSW 8, Crefeld 
SW 9, Trier SW 9, Karlsruhe SW 9, Kassel SW 8, Münster SW 8, Hannover 
7!) Diese Thatsache tritt in den geschätzten Windstärken so gut wie in den Angaben des Ane- 
nometers hervor; letzteres ist von völlig identischer Construction mit den Anemometern der übrigen 
Stationen der Seewarte und ist in ebenso freier Lage aufgestellt.
	        
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