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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 4 (1876)

DAR 
Winde, welche am Abend über dem ganzen südlichen Dänemark aus östlicher 
und im Skagerak aus nördlicher Richtung wehten, nur schwach. Nördlich von 
der Bahn des Minimums trat der Wind überhaupt nur in sehr beschränktem 
Maasse stark auf. Stürmischer NE wird zur Zeit des Vorüberganges des Mini- 
mums nur von Südost- England und Borkum gemeldet. Das Gebiet, wo der 
Sturm verheerend auftrat, lag, wenigstens auf dem Continente, ausschliesslich 
auf der Südseite der Bahn und in einiger Entfernung von derselben; es erstreckt 
sich vom östlichen "Theile des Kanals über ganz Belgien, die Rheinprovinz und 
Hessen nach Sachsen, Nordböhmen und Niederschlesien. Das Maximum der 
Kraft scheint auf die Linie Antwerpen—Düsseldorf—Kassel—Leipzig zu fallen ; 
die grösste Breite wird das Gebiet des Orkans etwa in Hessen erreicht haben, 
wo starke Verheerungen von Frankfurt und Mainz bis über Göttingen hinaus 
vorfielen. In Ostfriesland allerdings scheint der Sturm in noch viel grösserer 
Nähe vom Minimum verwüstende Kraft gehabt zu haben, da er die Telegraphen- 
leitung zwischen Emden und Leer stark beschädigt hat. In Bremen und Ham- 
burg traf er nur in starken Böen auf, ohne Schaden anzurichten. Dass der 
Sturm in Hessen mit nicht minderer Gewalt wüthete als am Rhein, beweist u. A. 
der Umstand, dass er den 90 Fuss hohen, fast vollendeten Aussichtsthurm bei 
Marburg umwarf. Oestlich von der Lausitz scheint die Windstärke geringer 
gewesen zu sein, dagegen war der Sturm hier von viel heftigerem Gewitter 
vegleitet als im Westen. In dem vorhin umschriebenen Gebiet oder wenigstens 
in dessen deutschem Theile scheint die. Zunahme des Windes durch mehrere 
Stunden hindurch gleichzeitig mit Umgehen desselben aus Südost nach Süd und 
Südwest und Fallen des Barometers stattgefunden zu haben, worauf der eigent- 
liche Orkan etwa zugleich mit dem Eintritt des niedrigsten Barometerstandes 
als WSW ausbrach und dann mit steigendem Barometer und allmäliger Drehung 
des Windes nach West und WNW oder NW mehrere Stunden anhielt. Da der 
niedrigste Barometerstand an allen Orten ungefähr um die Zeit stattfand, wo 
das Depressionscentrum dem Orte am nächsten war, so trat auch der orkan- 
artige Sturm, je weiter östlich, um so später ein; während er um Mitternacht 
vom 12, zum 13. März im Rheinthale bereits sein Ende fand, nachdem er 
namentlich von 6* bis 10* gewüthet hatte, erreichte er um diese Zeit in Leip- 
zig erst sein Maximum und trat in den östlichen Provinzen Preussens erst 
gegen Morgen des: 13. März ein. An zahlreichen Orten fand während des 
Orkans Wetterleuchten, an einigen auch Gewitter statt. So entlud sich in 
Crefeld gegen 5* Nachmittags ein kurzes aber heftiges Gewitter; in Schwetz 
ın der Weichsel trat ungefähr um 2* Morgens am 13. März ein ungemein starkes 
Gewitter ein, welches mit fortwährenden blendenden Blitzen und heftigen Donner- 
schlägen fast eine Stunde lang anhielt. Von den Verwüstungen, welche dieser Sturm 
an Bäumen, Gebäuden, Brücken und Telegraphenleitungen ausgeübt hat, ist in 
sämmtflichen Zeitungen so viel berichtet wogden, dass es genügt, darauf zu ver- 
weisen. Hervorgehoben mag indessen werden, dass die verheerende Kraft des 
Sturmes unterstützt und noch furchtbarer gemacht wurde durch die Wirkungen 
les vorhergegangenen ausserordentlich regen- und schneereichen Zeitraums; 
alle Flüsse fast des gesammten Deutschlands hatten zur Zeit seines Auftretens 
einen ausserordentlich hohen Wasserstand, grosse Theile vieler Städte und ganze 
Dörfer waren überschwemmt, so dass Sturm und Wasser im Verein dieser Nacht zu 
einer wahren Schreckensnacht für viele Gegenden machten. So ist denn auch die 
Zerreissung der Düsseldorfer und mehrerer anderer Schiffbrücken durch die 
vereinte Wirkung von Sturm und Hochwasser erfolgt. Ausserdem war durch 
die vielen Regen der Boden so durchweicht, dass er der Umwerfung von Bäumen 
md "Telegraphenstangen verhältnissmässig wenig Widerstand bot; die Tele- 
graphenlinien westlich und südwestlich von Berlin waren denn auch in der 
That so beschädigt, dass der regelmässige Verkehr erst nach mehreren Tagen 
wieder eintreten konnte. 
VI. Kaum war dieses Minimum im Nordosten verschwunden und hatte 
das Barometer sehr rasch steigend, in Mittel- und Westeuropa sich seinem nor- 
malen Stande genähert, so erschien schon im Laufe des 13. März eine neue 
‘iefe Depression bei den Shetlandsinseln, Unter deren Einfluss ging der Wind 
an der deutschen Nordseeküste von WNW nach SSW zurück und wurde schon 
am Morgen des 14, März an vielen Orten Westeuropas stark oder stürmisch,
	        
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