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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 4 (1876)

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Aus diesen Zahlen geht hervor, dass die Luftbewegung in der Richtung 
der Bahn des Minimums (von WSW nach ENE) während des Vorbeiganges des 
letzteren entweder null, oder doch nur sehr mässig war. 
Man ist demnach gezwungen, anzunehmen, dass die barometrische De- 
pression sich nach Art einer fortschreitenden Welle auf immer neue Luftmassen 
übertrug, welche selbst nur eine verhältnissmässig geringe horizontale Bewegung 
jabei empfingen. Auch kann bei einer so rapiden Fortpflanzung des Wirbel- 
zentrums ein eigentliches Kreisen der Lufttheilchen um das Minimum gar nicht 
stattgefunden haben, trotzdem sich die Windrichtungen nachweisbar in jedem ein- 
zelnen Moment ziemlich genau dem Buys-Ballot’schen Gesetze entsprechend um 
das Minimum gruppirten; und wir sehen so in diesem überhaupt höchst ausser- 
yewöhnlichen Fall eine sehr lehrreiche Abweichung von den im Allgemeinen 
als richtig erkannten Gesetzen der Luftbewegung in der Nähe der Gebiete nie- 
deren Luftdrucks. ; 
Es fragt sich, was die Ursache dieser ausserordentlich raschen Fort- 
pflanzung des barometrischen Minimums war. Der atmosphärische Niederschlag, 
dem vielfach eine der wichtigsten Rollen bei der Bildung und Fortpflanzung 
der Minima zugeschrieben wird, war längs der Bahn desselben in diesem Falle 
keineswegs bedeutend. Es fielen an den Stationen der Seewarte folgende 
Regenmengen vom Morgen des 12. März bis zu jenem des 13. in Millimetern. 
Borkum. Wilhelmshaven. Keitum. Hamburg. 
8" a. m. — 8 p. m. 13.0 | 11 . { 0.o 6.0 
Sk p. m. — 8a. m. 0.8 3 6.9 3.6 . 
Warnemünde. Swinemünde. Neufahrwasser, Memel. 
Sb a, m. — 8 p. m. 0.0 0.0 “0.0 0.2 
3b p. m. — 8a. m. 4.0 5.0 “6m 71 
Gewiss muss auch die mechanische Gewalt einer stürmisch vorwärts 
dringenden Luftmasse, welche unter dem KEinflusse der Erdrotation nach rechts 
(auf der nördlichen Halbkugel) drängen muss, einen Einfluss auf die Verminde- 
rung des Luftdrucks zu ihrer Linken haben; indessen da ihrerseits diese Luft- 
bewegung selbst von Druckdifferenzen erzeugt und unterhalten wird, und es sich 
hier nur um eine Rückwirkung des Bewirkten auf das Bewirkende handelt, so 
ist eine quantitative, auch nur allerroheste Schätzung dieser Einwirkungen ausser- 
ordentlich schwierig. 
Auf diesem langen Wege hat die Depression überall fast die gleiche 
Tiefe gehabt; der Barometerstand im Centrum derselben war an den beiden 
Endpunkten, an welchen wir ihn kennen, etwas höher als in der Mitte der Bahn, 
und betrug am Morgen des 12. März etwa 726"", am Morgen des 13, etwa 
724mm ; 
Die niedrigsten Barometerstände, welche auf dem Wege ihres Fort- 
zschreitens um die oben genannten Zeiten beobachtet wurden, waren zu London 
722.,2m, Utrecht 721.9", Emden und Hamburg 723.4" %. Die Form der De- 
pression war eine nur leicht in der Richtung der Bahn gestreckte rundliche, 
doch waren am Abend nur die Isobaren von 725"m und 730m in. dieser Weise 
geschlossen, während die Isobare von 735" nach Nord sich offen zeigt und den 
niedrigen Luftdruck auf der skandinavischen Halbinsel in sich fasst, welcher 
durch die unter IV aufgeführte Depression daselbst noch bestand. So waren 
denn die Gradienten auf der Nordseite des Minimums sehr: gering und die 
1) Nach einer Mittheilung des Herrn Edm. Quetelet, Director der Sternwarte zu Brüssel, an 
lie Königliche Akademie der Wissenschaften zu Brüssel über den Sturm vom 12. März 1876 (vergl. 
Bulletins de l’Acad. roy. de Bruxelles 2® ser., t. 41, No. 4, April 1876) waren die auf‘ das Meeres- 
nivean reducirten Barometerstände und localen Uhrzeiten der betreffenden Minima des Luftdrucks am 
129, März 1876: 
London Ob 30m p. m. 
Lille Ah 20m p. m. 
Istende 4h 30m p. m. 
Anvers 5h Om p. m. 
Brüssel 5h 15m p. m. 
Crefeld 6h 0m p. m. 
Tamburg 10h 0m pp, m. 
Narnemünde 11h Om p. m. 
(22.5mm 
7126.10m 
“ Z.omm 
2.ımm 
"5.ımm 
725.3mm 
723.4um 
7992 mm 
A. dd, RR.
	        
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