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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 4 (1876)

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kann: denkt man sich mit dem Winde vorwärts schreitend, so liegt allgemein 
auf der Nordhemisphäre der höhere Druck.rechts, der tiefere links vor einem, auf 
der Südhemisphäre umgekehrt, in beiden aber zugleich der hohe Druck schräg 
hinter, der tiefe schräg vor einem. Auf unserer Halbkugel kreist also die Luft 
um ein Gebiet niederen Luftdrucks — um ein barometrisches Minimum (auch 
harometrische Depression genannt) — entgegen der Bewegung des Uhrzeigers, 
gleichzeitig in dasselbe hineinströmend; um ein Gebiet hohen Drucks (ein baro- 
metrisches- Maximum) aber im Sinne des Uhrzeigers, zugleich aus demselben 
ausströmend. Lässt sich nun aus diesem Gesetze in einer allgemeineren und 
sichereren Weise, als aus den Angaben der vielfach local beeinflussten Windfahne 
selbst: die allgemeine Luftströmung über einem gewissen Landstrich aus der Ver- 
theilung des Luftdrucks über demselben erkennen, so giebt ein anderer Satz der 
neueren Meteorologie über den Zusammenhang auch der Stärke dieser Luftströmung 
mit der Druckvertheilung‘ wenigstens annähernden Aufschluss. Bestimmt man 
nämlich die senkrecht auf die Isobaren gemessenen Abstände der letzteren von 
einander und berechnet hiernach die auf die Einheit der Entfernung fallende 
Druckdifferenz, so findet man, dass, je grösser diese als barometrischer Gradient 
“ezeichnete Druckdifferenz ist, um so stärker der Wind in demselben Landstrich 
auftritt. 
Nach diesen beiden Sätzen kann man die aus der Vertheilung des Luft- 
drucks die herrschende Luftströmung für jeden "Theil des zur Untersuchung ge- 
zogenen Gebiets nach Richtung und Stärke annähernd ableiten. Der Wind aber 
bedingt im ausgedehntesten Sinne das Wetter, und: seine Aenderungen sind meist 
solche des ganzen Witterungscharakters, Es ist deshalb für die Wetterprognose 
die wichtigste Frage, in welcher Art die Aenderungen der Druckvertheilung 
vor sich gehen. Für unsere Breiten weiss man jetzt, dass diese Aenderungen 
am häufigsten in der Richtung von West nach Ost, am seltensten in der ent- 
gegengesetzten Richtung erfolgen, und dass namentlich die wenig ausgedehnten 
und mehr oder weniger regelmässig kreisförmigen oder elliptischen Gebiete 
niederen Drucks (barometrischen Minima) sich ganz überwiegend von West nach 
Ost fortbewegen; die Durchschnittsrichtung derselben schwankt stellenweise 
nach den Jahreszeiten, indem z. B. in Central- und. Osteuropa im Sommer die 
Richtung SW—NE, bei den viel häufigeren und intensiveren Minima des Win- 
vers aber jene von NW nach SE überwiegt. Mit der Bewegung des Minimums 
schreitet selbstverständlich auch der ganze Luftwirbel mit fort; auf seiner 
Vorderseite finden wir fast stets deutlich ausgeprägt den warmen und dampf- 
reichen südlichen (Aequatorial-) Strom, auf seiner Rückseite den kalten dampf- 
armen nördlichen (Polar-) Strom. Da gewöhnlich und im Mittel der Luftdruck 
über Südeuropa beträchtlich höher ist als über dem Norden des Atlantischen 
Jeeans, so sind die Gradienten gewöhnlich auf der Süd- und Südostseite des 
Minimums am grössten und die an dieser Seite wehenden SW-Winde am stärk- 
sten, resp. am häufigsten stürmisch. Wenn wir nun Wind und Wetter in weitem 
Maasse auf die Vertheilung des Luftdrucks als dessen unmittelbar bedingende 
Ursache zurückzuführen lernen, so tritt uns natürlich die andere Frage ent- 
gegen: was bedingt die Verschiedenheiten und Veränderungen des Lufidrucks. 
Auf diese sehr schwierige Frage, deren Lösung bisher nur zum kleinsten Theile 
gelungen, hier näher einzugehen, würde zu weit führen. So viel sei indessen 
bemerkt, dass als derjenige Factor, von welchem der Luftdruck am mächtigsten be- 
ainflusst wird, die ungleichmässige Erwärmung der Erdoberfläche angesehen 
werden muss. Gegen den in der Meteorologie seit Langem geläufigen Ausdruck, 
dass die Temperatur-Unterschiede die Winde hervorrufen, ist bloss einzuwenden, 
dass dieselben nur insofern dieses thun, als sie Druckunterschiede herbeiführen, 
denn zwei Flüssigkeiten von specifisch verschiedenem Gewicht können in zwei 
am Boden communicirenden Gefässen sehr wohl in Ruhe nebeneinander befin- 
den, wenn der Druck am Boden in beiden Gefässen gleich ist und keine; 
Gelegenheit zur gleichzeitigen Ausbildung eines Oberstroms und Enstehung von 
Druckdifferenzen gegeben ist. Neben der Temperatur sind der veränderliche 
Dampfgehalt der Luft und die Bewegung der Luft selbst von grossem Einfluss 
auf die Höhe und .die Veränderungen des Luftdrucks, so dass in dieser letzte-
	        
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