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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 4 (1876)

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Unmittelbar nach dem Ankern liess ich von den Offizieren des Schiffes 
mehrere Lothungslinien zwischen dem Schiff, dem nächsten Cap der Insel (dem 
Mönchenberg) und nach andern Punkten der Küste zu legen, während ich selbst 
mich nach der Insel begab, welche von den Chinesen ZTa-Lu-tau, d. h. Grosse 
Reh-Insel) genannt wird, um daselbst Erkundigungen einzuziehen, 
Wie uns von den Bewohnern der Insel mitgetheilt wurde, lag in der 
That die Mündung des Yang-ho zwischen dieser Insel und dem Festlande, doch 
zei das Fahrwasser, westlich von Lwx, wo das Schiff gegenwärtig lag, selbst für 
Boote nicht zu passiren, vielmehr müsse man Östlich um die Insel herumgehen, 
um zum Flusse zu gelangen. Auch sei östlich von der Insel tieferes Wasser, 
30 dass das Schiff näher an dieselbe herangehen könne, als auf dieser Stelle. 
Auf unser Befragen erboten sich zwei Chinesen, am folgenden Tage das Schiff 
nach diesem Ankerplatz zu bringen und Boote nach Ta-ku-schan herauf zu führen. 
Nach ihren Angaben war die Flussmündung noch über 25 Li!) von diesem An- 
kerplatz entfernt und betrug die Entfernung von dort bis zu Ta-ku-schan noch 
veitere 35 Li (ca. 8% Seem.) 
Da ich es für rathsam hielt, um gleich ein genaues Urtheil über die 
Verhältnisse Ta-ku-schan’s in Bezug auf die Schifffahrt mit grösseren Schiffen 
zu erhalten, sofort eine vorläufige Aufnahme der Gegend der Flussmündung zu 
machen, so wurde damit gleich am folgenden Morgen begonnen. Als einer der 
festen Punkte für die Aufnahme wurde die höchste Spitze der Lu-Insel, ein 
weithin sichtbarer Pik, dessen Höhe 216 Met. gefunden wurde, bestimmt, als 
zweiter Punkt der Fockmast des Schiffes. Die Lage des Lu-Piks wurde nach 
zorrespondirenden Sonnenhöhen und nach Meridianhöhen astronomisch festgelegt, 
während zugleich auch der Ankerplatz der „Arzadne“ an Bord derselben durch 
Vor- und Nachmittags-Chronometerlängen, sowie durch Meridianhöhen bestimmt 
wurde. 
Die Resultate waren: Lu-Pik, in 39° 43‘ 43“ Nord-Br. 
123° 44‘ 34.5“ Ost-Lg. 
Variation auf Lu-Pik nach zwei 
Azimut-Beobachtungen . . . 3° 49‘ West. 
Erster Ankerplatz, in. . . . 39° 38‘ 25“ Nord-Br. 
123° 40‘ 15“ Ost-Lg. 
Nach Rückkehr der Boote wurde 5" p. m. Anker gelichtet und unter 
Festlegung einer Lothungslinie nach dem zweiten Ankerplatz gedampft, auf 
welchem das Schiff um 6" 45" anlangte und in SOzS von Luw-Pik, 1.5 Seem. von 
der Insel entfernt, auf 8.2 Met. Wasser ankerte, 
Am 11. Juli unternahm ich mit mehreren Officieren eine Expedition nach 
Ta-ku-schan, wobei zugleich die Flussmündung und der Lauf bis Ta-ku-schan 
aufgenommen. und ausgelothet wurden. Das Fahrwasser nahm nördlich um die 
Lu-Insel herum bald an Tiefe ab; ungefähr eine Stunde vor Niedrigwasser ver- 
liessen wir das Schiff und kamen mit Niedrigwasser vor die Flussmündung. 
Hier kamen wir zu wiederholten Malen fest und mussten auf die Fluth warten. 
Um 10* a. m. hatten wir die Flussmündung erreicht; von hier aus ging die 
Fahrt ohne Aufenthalt von Statten und gegen 1 Uhr Nachmittags langten wir 
oei Ta-ku-schan an dem Fusse des gleichnamigen Berges an. Die Wassertiefe 
m Flusse wurde, auf Niedrigwasser reducirt, nicht unter 1.75 Met. gefunden. 
Ta-ku-schan *) liegt auf dem rechten Ufer des Flusses Ta-yang-ho, an 
dem Fuss eines ungefähr 300 Met. hohen, steilen Berges, von welchem die Stadt 
den Namen hat (Ta-ku-schan heisst Grosser Waisen-Berg), und den wir schon 
aus weiter Entfernung gesehen hatten. Derselbe ist durch seine Form und be- 
sonders durch eine an der Seeseite gelegene waldige Schlucht, die sich von 
dem Kamme des Berges keilförmig mit der Spitze nach unten hinzieht, sehr 
zut gekennzeichnet. Die Ufer des Flusses bis hierher von der Mündung an sind so 
niedriges Vorland, dass sie theilweise von Hochwasser überfluthet werden. Der 
Fluss zieht sich in mehreren scharfen Windungen zuerst in nordwestlicher, dann 
nordöstlicher Richtung auf Ta-ku-schan hin und nimmt von hier aus wieder eine 
1) 1 Li (d. h. !/00) ist — 445.19 Met. = 3/0 geogr. Meile oder 0.24 Seem.; mithin sind 
24 Seem. = 100 Li oder 25 Li — 6 Seem, 
2) S. The China Sea Directory, Vol. III (1874). Appendix, pay. 580.
	        
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