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Die Cyclonen im Bengalischen Meerbusen vom 15. bis 16. October
1874, 5. bis 6. Mai 1874 und vom 30. Juni bis 1. Juli 1872.
Den oben mitgetheilten Bemerkungen von W. G. Willson, Esqu., über
die Unterschiede der Cyclonen des Bengalischen Meerbusens in den Monaten
April—Mai und derjenigen im October— November liegt, wie oben erwähnt, die
Discussion des grossen Wirbelsturmes vom 15. und 16. October 1874, oder der
Midnapore- und Burdwan-Cyclone zu Grunde. Willson ist, wie erwähnt, der
Ansicht, dass alle diese Cyclonen im Bengalischen Meerbusen bei dem Wechsel
zwischen dem SW- und NE-Monsun (October und November) und zwischen dem
NE- und SW-Monsun (April und Mai) sich bilden, und hat, hierauf fussend, die
Umstände erörtert, welche bewirken, dass die letzteren nicht dieselbe Heftigkeit
erreichen und nicht soweit landeinwärts fortschreiten, als die Cyelonen des
Herbstes, zu der Zeit, wenn der Nordost - Monsun den Südwest - Monsun
verdrängt.
Aus dem „Report of the Midnapore and Burdwan-Cyclone of the 15. and
16. October 1874, Calcutta 1875“, theilen wir hier einige Angaben über die Bahn
und die einzelnen Phasen dieses grossen Wirbelsturmes mit und geben alsdann,
zum Vergleich mit diesem und zur Erläuterung der Bemerkungen Willson’s,
einen Auszug aus den Berichten über die Cyclone von Madras vom 5. bis
6. Mai 1874 und über die grosse Balasore-Cyclone vom 30. Juni bis 1. Juli 1872.
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Die Midnanpore- und Burdwan-Cyclone vom 15. und 16. October 1874.
Nach den vorhandenen und von Willson discutirten Schiffsbeobachtungen
hat dieser Wirbelsturm sich wahrscheinlich zwischen 16° und 17° Nord-Br.
und 89%/2° bis 90'/2° Ost-Lg. am Vormittage des 13. October 1874 gebildet: von
Mittag des 12. October nämlich setzte ein starker böiger Nordost-Wind in circa
17° Nord-Br. ein und erstreckte sich bis 19° Nord-Br. am Nachmittag des
13. October, während zwischen 13° und 16° Nord-Br. um diese Zeit nasses
Wetter mit stürmischem WSW vorherrschte (s. pag. 156). Das Centrum der
Üyclone bewegte sich über dem Meerbusen von Bengalen in der Richtung von
SE bis WNW und passirte am Mittage des 15. October die Hoogly-Mündung,
kam um 5 Uhr Nachmittags der Station auf Saugor-Island.am nächsten und erreichte
die Küste unter 87'/2° Öst-Lg. In der Nähe von Midnapore bildete die Sturm-
bahn den Scheitel einer Parabel und verfolgte nun eine nordöstliche Richtung.
Zwischen Mitternacht und Morgens 1 Uhr am 16. October ging das Centrum
15 miles östlich von Midnapore vorbei und zwischen 6’ und 7 Uhr Morgens
über die Stadt Burdwan hinweg; zwischen 2 und 3 Uhr erreichte es die Stadt
Benhampore, von wo der Sturm sehr an Heftigkeit verlor. Am Nachmittage
les 17. October gelangte er an die Mündung des Tistan in den Brahmaputra
und löste sich an der Westseite der Garo-Berge auf.
Der Durchmesser des Sturmwirbels betrug in runder Zahl 50 miles
(80 Kilometer). Die Geschwindigkeit des Fortschreitens war im Meerbusen von
Bengalen nicht grösser als 6—7 miles in der Stunde und erreichte über den
Sandbänken die Grösse von 10—11 miles, oder 16 bis 17'% Kilometer,
Nachdem die Cyclone das Festland erreicht hatte, schien der Sturm plötzlich
in seinem Laufe aufgehalten worden zu sein und passirte nur sehr langsam den
südlichen Theil des Midnapore-Distrietes. Nördlich von der Stadt Midnapore
wendete er sich scharf nach NNE um, und als er Burdwan passirte, nahm die
Geschwindigkeit wieder bis 10 miles (16 Kilometer) zu, später aber über Ben-
hampore und Beauleah wieder bis 7 miles oder 11 Kilometer ab.
Zwei britische Schiffe „Coleroon“ und. „Cassandra“ geriethen in die Mitte
des Wirbelsturmes und passirten die centrale Windstille. Auf dem „Coleroon“
wurde am 15, October um 1*15" p. m. in circa 21° Nord-Br. und 87.7° Ost-Lg.
der niedrigste Barometerstand von 700.5"» beobachtet; dies entspricht am Meeres-
niveau einer Barometerdepression von 567", Um 11* 30m betrug der Luftdruck
noch 735.3", um 12% Mittags war er schon bis auf 708." gesunken.
Auf der „Cassandra“ dauerte die Windstille eine Stunde und das un-
reducirte Luftdruck-Minimum betrug 708.56 mm,