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Full text: 4, 1876

aber nicht wegen der Fahrt, welche wir liefen und die ich wegen Zeitmangel 
nicht verringern wollte. Am Strande der Inseln und auf den Korallenriffen 
schien der ungewohnte Anblick eines grossen Schiffes die zahlreich versammel- 
ten Eingebornen in grosse durch Laufen, Springen, Winken, Schreien kund- 
gegebene Aufregung versetzt zu haben. Die Küste scheint hier stark bevölkert 
zu sein. Die Dörfer liegen unter Kokospalmen am Sandstrande der mit dichter 
Baumvegetation ’bedeckten Inseln korallischen Ursprungs. 
Die Insel Neu-Hannover wird fast überall von niedrigem dicht bewalde- 
tem Vorlande umgeben, welches als Nordwest -Spitze — von Carteret „Point 
Queen Charlotte“ genannt — besonders weit hinausspringt, Nach ausserhalb 
dieser Spitze, auf die ich zusteuerte, kam ein brandendes Korallenriff in Sicht, 
welches das Vorland hier in ziemlicher Entfernung umgiebt und innerhalb dessen 
das Wasser nach der Farbe zu urtheilen wieder ziemlich tief wurde. Da es 
an zwei schmalen Stollen brandungsfrei war, beschloss ich durch die westliche 
Oeffnung einzulaufen und einen Ankerplatz zu suchen. Die Oeffnung wurde, in- 
dem ich hauptsächlich nach der Wasserfarbe steuerte, mit 16 Met. passirt und 
dann in gerader Richtung fortlaufend ein geeigneter Ankerplatz auf 32 Met., 
eine gute Kabellänge von der Küste, gefunden. ; 
Der durch das Riff gebildete Hafen ist geräumig und gut. Nach Westen 
ist er von den Korallen fast zugebaut, in den anderen Theilen besitzt er aber 
fast überall 28 bis 47 Met. Wasser. Der zweite Eingang ist noch etwas besser 
als der von uns benutzte. 
Das Landen ist beschwerlich in Folge eines zweiten die Küste einfassen- 
den Korallenriffs, auf dem grossentheils selbst bei Ebbe noch ein Fuss Wasser 
stehen bleibt, so dass man nirgend trockenen Fusses an Land kommt. Ein 
Mangel des Hafens ist aber, dass or kein süsses Wasser hat. Ich vermuthe, 
dass dies derselbe Hafen ist, dessen in den Hydrographie Notices der Briti- 
schen Admiralität über Inseln im Grossen Occan von 1856— 1873 Seitens des 
Englischen Kriegsschiffes „Blanche“ Erwähnung gethan wird. 
Um so viel als möglich Holz zu schlagen und einzunehmen, blicb ich bis 
zum 21. Juli hier vor Anker, den Aufenthalt benutzend, um durch den Navi- 
gations-Offizier in der Dampfpinasse die südwestliche Küste Neu-Hannovers fest- 
zulegen, den Hafen selbst vermessen zu lassen, Ebbe- und Fluth-Beobachtungen 
anzustellen und die noch gänzlich unbekannte Insel Neu-Hannover in natur- 
wissenschaftlicher Hinsicht zu erforschen resp. naturwissenschaftliche Objecte 
zu sammeln. 
Sobald die bald nach dem Ankern in einer grossen Anzahl Kanoes das 
Schiff in einiger Entfernung umfahrenden Eingebornen die erste Scheu über- 
wunden hatten, fing bald ein Tauschhandel an sich zu entwickeln, durch den 
allmälig eine grosse Anzahl interessanter Obijecte für die ethnographische 
Sammlung erworben werden konnte. 
Während am ersten. Nachmittage die Männer der umliegenden Dörfer be- 
hufs Tauschgeschäfte das Schiff in den Kanoes umlagerten, versammelten sich 
die Frauen und Mädchen auf dem nahen Korallenriff, bis endlich die Neugierde 
viele bewog, sich in’s Wasser zu stürzen und nach dem Schiffe hinzuschwimmen, 
worauf sie dann die Kanoes ihrer männlichen Angehörigen erkletierten. Auf das 
Schiff zu kommen, war Niemand zu bewegen. Die Eingebornen, welche stets 
mit Speeren oder Keulen bewaffnet gehen, verhielten sich friedlich. Ihr fried- 
liches Verhalten ist aber kein Ausfluss freundlicher Gefühle, sondern ausschliess- 
lich Furcht vor der Ueberlegenheit eines Kriegsschiffes. Sie stahlen daher auch, 
wo sich irgend Gelegenheit bot, und wo sie es unentdeckt und ungestraft glaub- 
ten thun zu können. Mit grosser Raffinerie suchten sie demjenigen, den sie be- 
stehlen wollten, durch freundliches und gefälliges Wesen zunächst jedes Miss- 
trauen zu benehmen. Ich sah mich auf einer Exeursion, wo eine Anzahl der 
Eingebornen uns begleiteten, in Folge wiederholter Diebstahlsversuche veran- 
lasst, dem Diebe den Revolver über dem Kopf abzufeuern und ihnen demnächst 
die Wirkung einer Schusswaffe durch die in einen Baumstamm gefeuerten Ku- 
geln klar zu machen, Von diesem Augenblicke an hörte Belästigung und Dieb- 
stahl auf, 
. Beim Verlassen des Hafens, wo in Folge der 
tiefen sich durch die Färbung nicht deutlich genug 
Beleuchtung die Wasser- 
kennzeichneten, kam das
	        
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