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Aus «lern Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 62. Band Nr. 6
tikalbewegungen und Durchmischungen umgewandelt die typischen Merkmale der Warmluft an-
nehmen. Wenn dabei die äquivalentpotentielle Temperatur auch auf Warmluft hindeutet, dann
kommt das daher, daß die betreffenden Luftmassen auf der Rückseite zunächst abgesunken sind,
wobei zu berücksichtigen ist, daß die äquivalentpotcntielle Temperatur erfahrungsgemäß in einer
Luftmasse mit der Höhe zunimmt. So ist z. B. die arktische Kaltluft in 6000 m Höhe im Mittel um
etwa 10 Grad äquipotentiell wärmer als in 2000 m, wie aus den Typ-Homologen eines Schinze-
Thetagramms hervorgeht. Kommt daher ein Luftteilchen einer Arktikluftmasse auf seinem Wege
von 6000 m auf 2000 bis 3000 m herunter, so kann es in dieser Höhe äquipotentiell betrachtet schon
als „Warmluft“ angesehen werden.
Ein gutes Beispiel für den hier geäußerten Gedankengang ist der Temp Königsberg (Diskussion
und Darstellung 8), der fast in der Bodenwarmfront liegt. Temperaturgradient, Bewölkung und
äquivalentpotentielle Temperatur zeigen die typischen Merkmale von Warmluft, während die hori
zontalen Luftbahnen aber zeigen, daß die Luftmassen alle von der Rückseite hergekommen sind.
Lediglich die Klartextbemerkung: ab 2000 m Umrisse von Quellungen erkennbar — deutet darauf
hin, daß an der Bewölkung labile Vorgänge sich zu beteiligen anfangen. Da nach dem Klartext die
Luftmassen in stark aufsteigender Bewegung sind, die ermittelten Gesamtvertikalbewegungen über
24 Stunden aber Absinken zeigen, muß die Absinkbewegung zunächst noch weit kräftiger gewesen
sein als das Gesamtergebnis angibt.
Ein ähnliches Bild über die Luftmassenbewegung auf der Vorderseite würde man erhalten,
wenn die Luftbahnen von einem Vertikalschnitt rückwärts verfolgt werden, der noch vor der Boden
warmfront liegt, etwa auf der Linie Kjeller-Riga. Entsprechend der Tatsache, daß vor der Warm
front der Wind in unteren Schichten stark zurückdreht und die Komponente in Bewegungs
richtung der Warmfront kleiner wird, tritt hier der Fall ein, daß die Warmfront sich rascher bewegt
als die Luftmassen in Bewegungsrichtung der Warmfront etwa unterhalb 800 mb. Es handelt sich
hier um die Luftmassen, die zunächst noch in dem der Zyklone vorangehenden Zwischenhoch lagen
und erst später von dem Druckfeld der Zyklone erfaßt werden. Diese Luftmassen werden, sobald sie
vom Druckfeld der Zyklone erfaßt sind, nach Nordwesten geführt und umrunden die Zyklone auf
der Nordseite. Bei einer Winterzyklone, wie es hier der Fall ist, sind diese Luftmassen kalt und
müssen im Zyklonenbereich absinken entsprechend den Gesetzen, wie es in Abschnitt IV be
sprochen wurde.
Ein Beispiel für die hier beschriebene Luftmassenbewegung ist der Temp Kjeller (Diskussion
und Darstellung 15), wo die Luftmassen unterhalb 800 mb dem vorangehenden Zwischenhoch
entstammen und auf ihrem weiteren Wege innerhalb der Zyklone absinken.
2. Um die Herkunft der Luftinassen etwas näher zu untersuchen, die im warmen Sektor
liegen, wurde am 10. 12. 1937 08.00 Uhr ein Vertikalschnitt von Swinemünde bis nach den Beskiden
gelegt und die Luftmassen von dieser Linie aus in jedem Hauptdruckniveau 24 Stunden rückwärts
verfolgt. (Vergleiche Karten 26 bis 30). Dabei zeigte sich, daß die Luftteilchen, die nordwestlich
Breslau liegen, sämtlich von der kalten Rückseite kommen und dabei die Zyklone teilweise schon von
der Nordseite her umrundet haben. Erst die Luftteilchen, die sich in dem Querschnitt südöstlich
Gleiwitz befinden, entstammen in allen Höhen der Warmluft der Frontalzone. Über Gleiwitz selbst
hingegen entstammen die Luftmassen unterhalb 750 mb der Warmluft der Frontalzone oberhalb
750 mb auch schon der kalten Rückseite. Im warmen Sektor liegen also vom Kern bis zum Außen
rand der Zyklone Luftmassen nebeneinander, die vollkommen verschiedenen Ursprungs sind, näm
lich Kaltluftmassen der Rückseite und Warmluftmassen aus der Frontalzone. Trotzdem herrscht im
warmen Sektor vom Zyklonenaußenrand zum Kern hin nur ein schwacher Temperaturgradient
und Wesensgleichheit in den Luftmassen. Dieser Zustand kann nur durch Vertikalbewegung und
Durchmischung hergestellt worden sein.
3. Für die Vorgänge auf der Rückseite spielen drei Faktoren eine wesentliche Rolle:
die Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe, das Absinken und die Bodenreibung. Der
erste Faktor ist eingehend von Raethjen in der „Gleichgewichtstheorie der Zyklonen“ beschrieben