Hans Klaus Meyer: Luftmassenbewegung und Luftmassenumwandlung in einer rasch ziehenden Zyklone
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zwischen dem augenblicklichen Zustand einer Templuftmasse und ihrem Verhalten gegenüber
Vertikalbewegungen in den vorangehenden 24 Stunden. Es wurde daher in jedem Falle in einer
Tabelle die Herkunft der Luftmassen angemerkt, nämlich wie lange sie der Beeinflussung der Rück
seite (R), Südseite (S), Vorderseite (V) oder der Nordseite (N) unterlagen. So heißt z. B. 6 R, 8 S,
10 V: das Luftteilchen gehörte während der Gesamtzeit 6 Stunden der Rückseite, 8 Stunden der
Südseite und 10 Stunden der Vorderseite an. Diese Zeilen sind nicht immer genau festzulegen und
nur auf etwa zwei Stunden genau.
Die ermittelten Vertikalbewegungen der Templuftmassen geben einen Mittelwert über 24
Stunden, Feuchte und Klartext dagegen geben den augenblicklichen Zustand der Atmosphäre an.
Allgemein ergibt sich beim Vergleich von 24-stündiger Vertikalbewegung mit der Feuchte und dem
Klartext, daß die Vertikalbewegungen in den letzten Stunden vor dem Flugzeugaufstieg das Wolken-
und Feuchtebild fast vollständig bestimmen. Wenn z. B. ein Luftteilchen erst 15 Stunden auf der
Vorderseite war und anschließend 9 Stunden auf der Rückseite, so ergeben die gemessenen Vertikal
bewegungen noch Aufsteigen, der Klartext dagegen Rückseiten- oder gar keine Bewölkung.
Andererseits kommt es auch vor, daß die Luftbahnen unter starkem Absinken ganz auf der
Rückseite verlaufen, der Klartext oder die Feuchte aber auf viel Quellbewölkung und damit auf
Auf steigen hinweisen. Der hierin liegende Widerspruch kann so entkräftet werden, daß die ermittel
ten Vertikalbewegungen immer nur einen Mittelwert geben über größere Zeiten und Räume. Sie
vermittelten etwa den Eindruck, den ein Überlandflieger auf einem Flug innerhalb einer Rückseite
gewinnt. Es gibt dort einzelne Gebiete (Bergland, kleinere Fronten oder Einzelschauer), wo die
Bewölkung sehr dicht ist und hoch aufquillt. Andererseits gibt es aber hei weitem größere Räume,
wo es oberhalb 1500 m absolut wolkenlos ist und die Luftmassen absinken. Zieht man die Bilanz
aus diesem Absinken und dem Emporquellen der Cumuluswolken, so wird man sagen, daß das Ab
sinken oberhalb 1500 m bei weitem überwiegt, ln eben dieser Weise sind die gemessenen Absinkbe
wegungen der Rückseite zu deuten.
Auch mag es bei anderen Temps Vorkommen, daß der Zusammenhang zwischen dem Klartext
und der Feuchte einerseits und den Vertikalbewegungen andererseits nicht ganz überzeugend ist.
Als positives Ergebnis bleibt aber, daß ohne Ausnahme auf der Rückseite das Absinken und auf der
Vorderseite das Aufsteigen festgestellt wurde, womit die Brauchbarkeit des hier verwendeten Ver
fahrens zur Bestimmung von Vertikalbewegungen im Großen erwiesen sein dürfte.
Ein etwas besserer Zusammenhang zw ischen Vertikalbewegungen und Wolkenbild besteht bei
den 8-stündigcn Vertikalbewegungen, die mit Hilfe der Nachmittagsaufstiege ermittelt wurden.
Infolge der geringen Temperaturunterschiede zwischen Temp und Schertemp versagt aber das Ver
fahren schon in einigen Fällen.
Noch eindeutiger würde der Zusammenhang zwischen Wolkenbild und Vertikalbewegung
werden bei Ermittlung dreistündiger Vertikalbewegungen, die aber auf dem hier eingeschlagenen
Weg nicht feststellbar sind.
Um die Brauchbarkeit des angegebenen Verfahrens zu beweisen, wird die erwähnte Diskussion
für alle vorliegenden Temps angestellt, sofern nur die Luftbahnen noch vollkommen im Bereich
der gezeichneten Höhenkarten liegen. Für jeden Temp wird eine Tabelle angelegt, in welcher für
je 100 mb Abstand Mittelwerte für die Vertikalbewegung in Metern pro 24 Stunden mitgeteilt
werden. Aufsteigen der Luftteilchen wird in der Tabelle durch einen Pfeil nach obenL, Absinken
durch einen Pfeil nach unten L gekennzeichnet. Beträgt dabei die vertikale Luftversetzung mehr als
2500 m, so wird die genaue Zahl nicht mehr angegeben, da dann das Ergebnis — wie oben erwähnt
— mit Fehlern behaftet ist.
Die potentielle Temperatur nimmt im allgemeinen mit der Höhe zu, sodaß über die Zuordnung
der Werte von Temp und Schertemp keine Zweifel entstehen. Lediglich in einigen wenigen Aus
nahmefällen, wo im Schertemp überadiabatische Gradienten auftreten, tritt bei der potentiellen
Temperatur eine Abnahme mit der Höhe ein, und die Zuordnung zwischen Temp und Schertemp ist
dann nicht mehr eindeutig. Gerade in diesen Fällen dürfte die Durchmischung eine größere Rolle
spielen, wobei dann leicht Trugschlüsse über die Vertikalbewegungen möglich sind.