Hans Klaus Meyer: Luftmassenbewegung und Luftmassenumwandlung in einer rasch ziehenden Zyklone
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Den Anfangspunkten A, B, C, D, E dieser Luftbahnen in Figur 14 entsprechen bestimmte Tempe
raturen A’, B’, C’, D’, E’, die den Temperaturkarten (11b bis 20b) entnommen und infolge der
stattgehabten Ausstrahlung um 1,5° tiefer angenommen werden.
Für die Hauptdrucke 900, 800, . . 500 mb werden auf diese Weise fünf Temperaturwerte ge
wonnen, die im Adiabatenblatt einen Temp zu zeichnen gestatten (siehe Figur 15 gestrichelte Linie
A\ B\ C\ D\ E’).
Dieser Temp ist im wesentlichen der Aufstieg, den ein Flugzeug bringen würde, welches mit
unendlicher Geschwindigkeit durch die fünf Endpunkte A, B, C, D, E von 900 bis 500 mb ansteigt
und bei jeder Hauptdruckfläche eine Temperaturmessung anstellt mit einem Thermometer, das —
unter Berücksichtigung der langwelligen Ausstrahlung — um 1,5 zu tief anzeigt. Daß das Flugzeug
dabei horizontale Entfernungen von 1000 km und mehr zurücklegen muß, rührt in erster Linie
von den Scherbewegungen her. Daher soll der auf diese Weise gewonnene Temp „Schertemp“
heißen. Es ist natürlich klar, daß dieser Schertemp auch überadiabatische Gradienten enthalten
darf, z. B. dann, wenn das Flugzeug bei dem Gedankenaufstieg von „Warm“ nach „Kalt“ fliegen
muß. Es ist ferner plausibel, daß allein durch Scherbewegungen Labilisierung und Stabilisierung
entstehen kann.
Ist der Schertemp in der beschriebenen Weise ermittelt, so kann er im Adiabatenblatt mit dem
Temp verglichen werden, der 24 Stunden später durch Flugzeugaufstieg oder Radiosonde tatsächlich
erhalten wurde. Vergleiche von Temp und Schertemp zeigen, daß zwischen ihnen mehr oder weniger
deutliche Temperaturdifferenzen vorhanden sind. Diese Temperaturdifferenzen werden als Verti
kalbewegungen gedeutet, und zwar in der Weise, daß einmal adiabatische und zum anderen feucht
adiabatische Temperaturänderungen angenommen werden. Zur quantitativen Erfassung dieser
Vertikalbew egungen brauchen dann nur noch Temp und Schertemp durch Adiabaten oder Fencht-
adiabaten verbunden und mit Hilfe der Druckhöhenkurve die adiabatische bzw. feuchtadiabatischc
Versetzung abgelesen werden.
Etwas übersichtlicher ist allerdings die Isopletliendarstelluiig, die auf der rechten Hälfte der
Figur 15 schematisch angedeutet ist. Da bei den adiabatischen Vertikalbewegungen die potentiellen
Temperaturen und bei den feuchtadiabatisehen Vertikalbewegungen die feuchtpotentiellen Tem
peraturen konstant bleiben, werden diese Temperaturen aus dem Adiabatenblatt für Schertemp
und Temp von 2 zu 2° herausgezogen, und im Adiabatenblatt bei den entsprechenden Druckwerten
eingetragen, und zwar in der Weise, daß in Figur 15 von links nach rechts in der Spalte I die feucht
potentiellen Temperaturen des Schertemps, in der Spalte II die feuchtpotentiellen Temperaturen
des Temps, in der Spalte III die potentiellen Temperaturen des Schertemps und in der Spalte IV die
potentiellen Temperaturen des Temps eingetragen werden. Gleiche potentielle Temperaturen von
Temp und Schertemp werden von 2 zu 2 durch Linien verbunden und der vertikale Unterschied
einfach an der Druckhöhenkurve des Temps abgelesen. Entsprechendes gilt für die feuchtpoten
tiellen Temperaturen.
Als physikalische Grundlage ist in dieser Methode der erste Hauptsatz der Wärmetheorie ent
halten :
(10) AQ = Cv .A T + A-p. A v
in Verbindung mit der Gasgleichung:
(4) p — ? RT.
Die Untersuchung der Herkunft einer Templuftmasse stellt sich also in ihrer Gesamtheit dar als ein
thermo-hydrodynamisches Problem unter Berücksichtigung der neuesten strahlungstheoretischen
Erkenntnisse.
Entsprechend den beiden Figuren 14 und 15, die für theoretische Erörterungen erforderlich
w r aren, gehören im Einzelfall zu jeder Untersuchung über die Herkunft einer Templuftmasse zwei
gleichwertige Darstellungen a) und b), und zwar bedeutet a) die Darstellung mit den zugehörigen