Hans Klaus Meyer: Luftmassenbewegung und Luftmassenumwandlung in einer rasch ziehenden Zyklone
II
II. Massenzusammensetzung der Zyklone und ihre Veränderung
Aus den in den Figuren 3 bis 8 mitgetei) len Beispielen gebt hervor, daß die Luftmassen im
500-mb-Niveau sieh etwa zwei- bis dreimal schneller bewegen als das Bodendruckfeld und etwa
fünf- bis sechsmal schneller als das Druckfeld im 500-mb-Niveau. Ähnlich, wenn auch nicht so
ausgeprägt, ist es im 800-mb-Niveau. Dort mehren sich aber die Luftmassen, die den Zyklonenkern
umrunden (= Umrundungsströmung). Schließlich ist in der Bodenreibungsschicht die Bewegung
der Luftmassen in Richtung der Zyklonenbahn größtenteils geringer als die Druckfeldbewegung in
gleicher Höhe. Aus der Ungleichheit von Massenbewegung und Druckfeldbcwegung folgt nun, daß
dauernd neue Luftmassen in die Zyklone einströmen und andererseits, daß laufend Luftmassen aus
dem Zyklonenbereich ausscheiden. Es handelt sich also um Massenzuflüsse und um Massenabflüsse,
wofür nach den Figuren 3 bis 8 folgende Fälle denkbar sind:
1. Auf der Südseite der Zyklone gelaugt ein erheblicher Transport Warmluft aus der Frontalzone in
den Zyklonenbereich (in Figur 9 Anteil I), wobei ein Teil dieser Warmluft die Zyklone anschließend
auf der Nordseite umrundet und zur Rückseitenluft wird
(Anteil Ia). Der übrige Teil Warmluft strömt auf der
Südseite der Zyklone entlang und verläßt den Zyklonen
bereich wieder im Divergenzgebiet auf der Vorderseite
(Anteil Ib). Es handelt sich bei diesen Luftmassen um
sehr schnelle Luftteilchen, die besonders in Höhen über
800 mb vorherrschen.
2. Auf der Rückseite in etwas größerer Entfernung vom
Zyklonenkern, etwa dort, wo die Höhenisobaren nach
Norden oder Nordwesten offen sind, kommt neue Kalt
luft in den Zyklonenbereich (Anteil II). Ein Teil davon
— besonders in Höhen oberhalb 700 mb — gelangt
später über die Südseite der Zyklone zur Vorderseite
(Anteil Ha), während der restliche Anteil Kaltluft, der
sich in größerer Entfernung vom Kern befindet, infolge
der großen Wege und der geringeren Geschwindigkeit
nicht mehr bis zur Vorderseite vorzudringen vermag. Er
verbleibt innerhalb der Rückseite oder gelangt ins nach
folgende Zwischenhoch (Anteil Ilb). Dieser letzte Vor
gang spielt sich besonders in Höhen zwischen 800 und 600 mb ab.
3. Vor allem in der Reibungsschicht vom Boden bis etwa 800 mb ist die Druckfeldgeschwindigkeit
vielfach größer als die Massengeschwindigkeit in Richtung der Zyklonenbahn. Neue Luftmassen
(Anteil III) werden daher auf der Vorderseite in den Zyklonenbereich einbezogen, sobald das
Druckfeld diese Luftmassen erfaßt. Es handelt sich hierbei um Kaltluftmassen, die dem voran
gehenden Zwischenhoch entstammen und durch Ausstrahlung in Bodennähe stark abgekühlt sind.
Diese neuen Luftmassen werden auf der Nordseite um den Zyklonenkern herumgeführt und gelangen
schließlich auf die Rückseite. Die Umrundung dieser Luftmassen erfolgt besonders in den untersten
Schichten, während die unter 1. aufgeführteu Luftmassen (Anteil Ia) besonders in höheren
Schichten umrunden.
4. Schließlich gibt es in Kernnähe und in unteren Schichten auch in größerer Entfernung vom Kern
Luftmassen, die längere Zeit in dem Zyklonenbereich verbleiben und den Kern ein- oder mehrere
Male umrunden (= Umrundungsmasse).