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Aua dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatorinms — 63. Band Nr. 2
15. Nehrungen und Nehrungsinselreihen nehmen zwischen zwei KüstenvorSprüngen einen bogen
förmigen Verlauf, entsprechend der Grenze der zwischen den Vorsprüngen frei schwingenden
Wassermasse gegen das randliche Strömungsgebiet.
16. Die Aufhängepunkte solcher Küstenbögen bestehen teils aus älteren Schichten wie Texel und
Sylt, teils sind es alluviale Neubildungen wie Blaavandshuk.
17. Aus alluvialen Sanden aufgebaute Küstenbogen-Aufhängepunkte sind nur dort möglich, wo
zwei Küstenströmungen einander entgegengesetzt wirken (konfluente Küstenströmung) wie
Blaavandshuk mit der vorgelagerten alluvialen Neubildung des Hornriffes.
18. Das Gegenstück, Küstenvorsprung mit diffluenter Wirkung der Strömung ist Sylt, das ent
sprechend unter Abbruch liegt.
19. Es gibt ferner Küstenvorsprünge, wie Texel, um die die Strömung gleichsinnig herumgeht, sub'
fluente Strömung.
20. Dadurch, daß Texel und Sylt durch Überflutungswatten vom Festlande getrennt sind, liegen
diese beiden, für die Deutsche Bucht wichtigen Küstenbogenaufhängepunkte nicht auf dem
Festland, sondern auf Inseln.
21. Im reifen Watt verlaufen die Hauptpriele radial zum Gatt hin, im unreifen Gatt hingegen
parallel in die See hinaus.
22. Die langgestreckten Wattrücken des unreifen Watts höhen sich örtlich zu Landzungen oder
Inseln auf. Durch vom Menschen herbeigeführte Vereinigung von Landzunge und vorgelagerter
Insel entstand Eiderstedt.
23. Da im reifen Watt in jedem zu einem Gatt gehörenden Unterabschnitt Gleichgewicht zwischen
Durchlaßquerschnitt des Gatts, Wasserinhalt und Länge der vorgelagerten Nehrungsinseln be
steht, kann eine Verringerung der Oberfläche des Wattabschnittes (Eindeichung) eine Zunahme
der Länge der zugehörigen Nehrungsinseln bedingen.
24. Da der Wattabschnitt innerhalb von Sylt sowohl durch Ostverlagerung des Listlandes wie durch
Eindeichung vom Festland her eingeengt wurde, wird die Versandung des unter Listland nach
gewiesenen ehemaligen Blidsel-Tiefs und die Übernahme der gesamten Entwässerung durch
das Lister Tief auf jene zweiseitige Einengung des Wattabschnittes zurückgeführt.
25. Die Entwicklung der Deutschen Bucht führt bei anhaltender Sandzufuhr zu einer Bogenküste,
die
anfangs von Langeoog nach Amrum,
später von Jui6t nach Sylt,
noch später von Juist nach Blaavandshuk führen dürfte.
Dabei wird die heute von Sylt nach Süden gerichtete Küstenströmung verschwinden und die
Nehrungsinseln Wangeroog und Spiekeroog werden nordwärts verlagert werden.
26. In dem Maße wie das Wattgebiet verlandet, werden 6ich die Gatts schließen, so daß eine ge
schlossene Nehrung mit völlig verlandetem Watt dahinter als Endziel der Entwicklung anzu
nehmen ist.
27. Dieser Endzustand ist in den Niederlanden erreicht, wo ein einziger Küstenbogen Kap Blanc Nez
und Texel verbindet und das ehemalige Haff-Wattgebiet völlig verlandet ist. Dies Beispiel be
zeugt zudem, daß Mündungen großer Ströme die Entwicklung eines einheitlichen Küsten
bogens nicht zu stören brauchen.